Emnes, Gino

Künstlerprofil plus Interview

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(c) Renne Castrucci

Die Niederlande sind mit dem Thema Musical sehr verbunden. Viele der Darsteller auf deutschen Bühnen stammen aus dem Land der Tulpen. So auch Gino Emnes.

In Den Haag geboren, fing er bereits im zarten Alter von 12 Jahren an, sich in Tanz ausbilden zu lassen. Am Conservatorium seiner Geburtsstadt und später am Lucia Marthas Institute for Performing Arts in Amsterdam legte er mit seiner Ausbildung zum Musicaldarsteller die Grundbausteine seines heutigen Berufes. Ebenfalls darf er im Musicalbereich auch selbst unterrichten.

Natürlich wächst man durch Erfahrung und so stand er in seinem Heimatland in mehreren Produktionen auf der Bühne, später unter anderem in RENT und auch in FAME. 2001 führte ihn sein Weg dann nach Hamburg, wo er die Rolle des SIMBA in DER KÖNIG DER LÖWEN übernahm. Bis heute ist er auf der deutschen Aufnahme in diesem Part zu hören. Danach war er einige Zeit an österreichischen Bühnen zu sehen, kehrte wieder in sein Heimatland zurück und war dort als RUM TUM TUGGER in CATS und wieder als SIMBA zu sehen. Auch gehörte er als Solist zum Ensemble der BEST OF MUSICAL GALA 2007.

Ich sah Gino zum ersten Mal auf der Bühne, als er die Rolle des APOLLO CREED in ROCKY – DAS MUSICAL im Operettenhaus Hamburg übernahm und dort den Gegenpart zur Titelrolle bildete. Dass er schon eine beachtliche Karriere hinter sich hatte, war mir damals nicht bekannt. Seither konnte ich ihn öfters auf der Bühne sehen, wobei ich leider seine Darstellung des EDDIE SOUTHER (SCHWITZE FRITZE) in SISTER ACT in Berlin verpasste. Zuletzt sah ich ihn aber als JUDAS in JESUS CHRIST SUPERSTAR bei den konzertanten Oster-Aufführungen in Wien 2019. Dort nahm er sich für ein kleines Gespräch mit Bühnenlichter.de Zeit und beantwortete ein paar Fragen. (Text: Nathalie )

2019 als Judas in Wien

Über die Rolle des Judas sagt Gino: „Judas steht für mich für die Menschheit. Ich weiß, von vielen wird er als Böser gesehen und er ist natürlich derjenige, der Jesus anzeigt, aber ich glaube, er ist einfach menschlich. Er möchte gehört werden und er gerät in Panik und deswegen macht er, was er macht. Aber aus purer Liebe und ich glaube, das ist einfach Menschlichkeit. Für mich ist er gar nicht so böse wie auch ich am Anfang dachte, dass er ist.“

Hier traf Gino auf der Bühne seinen Schauspielkollegen „ROCKY“, Drew Sarich, wieder. Dieser stand ihm diesmal in der Rolle des JESUS gegenüber. Während sie sich noch im Boxer-Musical die Fäuste um die Ohren fliegen ließen, waren es hier die Kompositionen von Sir Andrew Lloyd Webber und Tim Rice und das mit Erfolg. Die beiden erzeugten eine unbeschreibliche Stimmung. Für Gino war es das erste Mal, dass er den vermeintlichen Verräter JUDAS verkörperte. So manche Jesus-Musical-Kenner verglichen ihn gar mit Carl Anderson, der den Judas in der Verfilmung des Stoffes von 1973 spielte und der Rolle in den folgenden 30 Jahren treu blieb.

Was in Ginos Vita immer wieder ins Auge fällt, sind seine Engagements in Stücken, in denen es um Unterdrückung, Diskriminierung und den Kampf um Gleichberechtigung geht. So stand Gino von Februar bis Juni 2019 im Landestheater Linz in dem Musical RAGTIME auf der Bühne. Dort war er als COALHOUSE WALKER JR. zu sehen, ein für die Zeit zwischen den letzten Jahren des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts typischer Ragtime-Pianist. Dieser wird im Laufe der Geschichte zum Amokläufer gegen die Vorherrschaft der weißen Gesellschaft. Das Stück ist nicht gerade leichte Kost. Es zeigt sehr intensiv, was farbige Amerikaner zu der Zeit aushalten mussten. (Link zum Inhalt von Ragtime und dem Reisebericht Wien-Baden-Linz 2019)

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Gino in Ragtime (c) Landestheater Linz 2019

Gino sagt dazu: „Tatsächlich ist das schwere Kost, aber es macht unfassbar viel Spaß, diese Rolle spielen zu dürfen. Leider ist es noch sehr up to date, was wir da erzählen. Das ist natürlich um 1900 passiert, manche Storylines sind fiktiv, manche real, aber leider hat sich bis heute nicht sehr vieles verändert. Daher sind diese Geschichten sehr wichtig zu erzählen und ich hoffe, dass Produzenten und Autoren weiterhin solch schöne Stücke schreiben und die Zuschauer daraus lernen.“

Selbst BOOKER T. WASHINGTON, eine der historischen Figuren, die im Musical vorkommen, sagte damals, es sei für die farbigen Bürger im Süden der Vereinigten Staaten von Vorteil, sich unterzuordnen, um Frieden zu halten. Washington war ein Bürgerrechtler, der für einen friedlichen und langsamen Weg zur Gleichberechtigung war. Einen Tag nach der Premiere von RAGTIME war Gino selbst als Bürgerrechtler auf der Bühne zu sehen. Er spielte MARTIN LUTHER KING im gleichnamigen Chormusical bei der Premiere in der Grugahalle in Essen. KING ist bis heute der wohl bekannteste Vertreter für den Kampf um die Gleichberechtigung der afroamerikanischen Bürger der USA. Wie es denn war, diesen Mann darzustellen, möchte ich von Gino wissen:

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2019 in der Titelrolle bei der Uraufführung des “Martin Luther King” Chormusicals

„Martin Luther King ist eine Ikone, ist ein Weltveränderer, er hat uns allen etwas mitgegeben. So eine Rolle spielen zu dürfen bedeutet mir sehr viel. Dann noch jeden Abend mit einem Chor zu arbeiten, in dem über tausend Leute singen, das hat man nicht oft und das Ergebnis war sehr schön und es hat mich sehr gefreut, dass ich dabei sein durfte.“ (Link zum Bericht Martin Luther Musical – ab 2020 auf großer Deutschlandtournee)

Auch im Musical HAIRSPRAY wird das Thema Rassentrennung aufgenommen. Gino spielte bei den Freilichtspielen in Tecklenburg den SEAWEED J. STUBBS, der sich 2012 entgegen aller Vorhalte in ein weißes Mädchen verliebt. Das Musical spielt Anfang der 1960er Jahre, bringt den Menschen diese Thematik auf die fröhliche Art bei und versucht, sie zum Nachdenken zu bewegen. So auch die Figur der LOLA/SIMON in KINKY BOOTS, welche mit Diskriminierung zu kämpfen hat und was aktueller denn je ist, wie Gino selbst sagt:

„Auch die Themen dort, Akzeptanz und Toleranz, sind heutzutage immer noch sehr wichtig. Themen, die ich als farbiger Mann und auch schon als Kind erlebt habe und leider manchmal noch erlebe. Da spürt man die verschiedenen Einflüsse und Gedanken, die die Leute haben. Daher sind diese Geschichten sehr wichtig zu erzählen und ich hoffe, dass Produzenten und Autoren weiterhin solche schönen Stücke schreiben und die Zuschauer daraus lernen.“

Als krasser Gegenpart zu diesen Rollen spielte Gino 2017 und 2018 den FRANK´N´FURTER in der ROCKY HORROR SHOW bei den Festspielen auf Schloss Zwingenberg am Neckar. Das absolute Gegenprogramm und doch auch provozierend. Vom 17.07.2019 bis 18.08.2019 stellte er diesen Charakter wieder dar:

Auftrag: Fotoshooting The Rocky Horror Show - Showfotos Auftraggeber: Amstettner Veranstaltungsbetriebe GmbH Datum: 11.07.2019 Am Bild: Gino Emnes (Frank'N'Furter)
Gino Emnes als Frank’N’Furter in Amstetten, (c) Gerhard Sengstschmid

„Ich freue mich sehr, nochmal in Amstetten auf der Bühne zu stehen. Ich habe dort 2003 WILD PARTY und 2006 CARMEN CUBANA gespielt und jetzt die ROCKY HORROR SHOW. Ich erwarte einfach ‚crazyness all over‘. ROCKY HORROR kann und darf man absolut nicht ernst nehmen, also einfach nur viel Spaß haben, lachen und crazy auf der Bühne die Sachen tun, die wir tun.“

Im Herbst 2019 wird es dann wieder ein Engagement in Hamburg, dem momentanen Hauptwohnsitz von Gino, werden. Er übernimmt die Rolle von IKE TURNER im Musical TINA, das seit März 2019 erfolgreich im Operettenhaus gezeigt wird. Dort darf er eine andere Seite seines schauspielerischen Könnens zeigen. Eine dunkle Seite. Der Ex-Ehemann von Tina Turner hat im wirklichen Leben seine Frau betrogen und sie auch brutal geschlagen. Diese Episoden sind Teil der Geschichte des Musicals und des wahren Lebens der Tina Turner.

Vielleicht findet Gino in der Zeit zuhause in Hamburg die Ruhe und kann seinem Debütalbum „Ich sing mein Lied“, welches seit dem 23. Dezember 2017 erhältlich ist, ein weiteres mit persönlichen Songs hinzuzufügen.

Wir bedanken uns an dieser Stelle für die Zeit, die Gino uns geschenkt hat, und wünschen ihm viele weitere Jahre diesen großen Erfolg, den er zurzeit hat. Ein Dank gilt auch Ginos Management, Rey Rodriguez Productions, für die gute Zusammenarbeit.

(Stand: Juni 2019)

Offizielle Homepage: www.ginoemnes.nl


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