MOZART! Das Musical – Tecklenburg 2023

Eine bildstarke Inszenierung!

Premiere: 16. Juni 2023 – besuchte Vorstellung: 25. Juni 2023

© Stephan Drewianka

Die Freilichtspiele Tecklenburg sind seit Jahrzehnten bekannt für ihre hochwertigen Open Air Produktionen. Bereits zum zweiten Mal inszenieren sie das Musical MOZART! von Sylvester Levay und Michael Kunze. Damit ist den Freilichtspielen ein weiteres Meisterwerk gelungen.

Das Musical MOZART! erzählt die Geschichte Wolfgang Amadeus Mozarts auf der Reise vom Wunderkind, zum Rebellen und schließlich zum Tode geweihten Musikus, der von einem anonymen Auftraggeber die Aufgabe erhält, ein Requiem zu schreiben. Auf eine ausführlichere Inhaltsbeschreibung möchten wir an dieser Stelle verzichten (nachzulesen auf der Infoseite: MOZART!).

© Holger Bulk

Ulrich Wiggers führte bereits zum neunten Mal in Tecklenburg Regie und hat sich mit seinen bildstarken Szenen selbst übertroffen. Das fängt bereits beim Bühnenbild an. Dieses hat erneut Jens Janke gebaut, nach einer Idee von Ulrich Wiggers selbst. Die Noten des Requiems von Mozart sind auf der gesamten Bühne präsent. Zudem gibt es eine Klaviatur aus verschiedenen Elementen mit integrierter Treppe, diese werden immer wieder verschoben und bilden so neue Räume und Möglichkeiten auf der Freilichtbühne.

Bereits zu Beginn ahnt der Zuschauer, was am Ende folgt, denn der Tod ist in Wiggers Inszenierung ein steter Begleiter. Ob auftretende Sensenmännergestalten, schwarze Schleier über den gesamten Kostümen oder kurze schwarze Schleier, die nur das Gesicht verdecken. Die beiden finalen Bilder vom ersten und zweiten Akt gehen dabei unter die Haut.

Die Choreografien von Francesc Abós, welcher erstmals zum Kreativteam in Tecklenburg gehört, sind gewaltig und abwechslungsreich zugleich. Ob flotte Charlston-Elemente bei „Ein bissl fürs Hirn und ein bissl fürs Herz“ oder raffinierte Arm-Hand-Choreografien als unterstützendes Element in diversen Szenen. Die Choreografien sind innovativ und auf dem Punkt.

© Stephan Drewianka

Aber nicht nur Bühnenbild, Choreografie und Inszenierung lassen das Musical erstrahlen. Auch die Kostüme von Karin Alberti und Fabienne Ank tragen dazu bei. Auf der einen Seite sind sie klassisch, der Zeit des Rokoko-Stils entsprungen, auf der anderen Seite sind sie modern. Ein gekonnter Mix, der in sich stimmig ist.

Nachwuchskostümdesignerin Fabienne Ank durfte die zahlreichen Kostüme von Mozart kreieren. Für jede Lebensphase bekam Mozart verschiedene Hemden und Mäntel. Die Mäntel setzen sich aus einem tollen Patchwork-Design zusammen und sind einfach wunderschön. Wie Ank selbst auf ihrem Social Media Account schreibt, hat sie sich am Ende für das weiße Hemd Mozarts stark gemacht, es schneidern lassen und einfach ausprobiert. Herausgekommen ist ein perfekter Moment, wenn das gesamte Ensemble die Bühne in ein schwarz hüllt und der Hauptcharakter aber strahlen darf.

© Stephan Drewianka

Das Musical MOZART! wurde, wie so oft in Tecklenburg, grandios besetzt und wird vor allem durch das Ensemble getragen. Es gibt nur wenige Szenen, wo kein Ensemble auf der Bühne präsent ist und die Hauptcharaktere ins rechte Licht rückt. Ob Hauptrolle oder tänzerische Allzweckwaffe im Ensemble, man ist über jeden Namen der Liste mindestens schon einmal gestolpert.

Jan-Philipp Rekeszus als Wolfgang Amadeus Mozart überzeugt ab dem ersten Ton. Zwischen klassischem Timbre und poppigen Tönen, verzaubert er das Publikum. Seine Zerrissenheit zwischen Emanzipation aus der väterlichen Obhut und dem eigenen Ruin auf der anderen Seite präsentiert Rekeszus fabelhaft. Das Zusammenspiel mit Thomas Borchert als Leopold, sowie mit Katia Bischoff als Constanze berühren.

© Freilichtspiele Tecklenburg

Den meisten Szenenapplaus und vereinzelte stehende Ovationen erhielt an diesem warmen Sommerabend, Wietske van Tongeren als Baronin von Waldstätten. Ihre Stimme berührt zutiefst. Ihr „Gold von den Sternen“ lässt wohl nur wenige Augen trocken und zaubert eine Gänsehaut. Dies liegt aber nicht nur an ihrem gefühlvollen Gesang, sondern auch an der sensationellen Inszenierung der Szene durch Ulrich Wiggers. Van Tongeren schwebt förmlich über die Bühne, durch die beweglichen Klaviaturblöcke. Ein absolutes Highlight dieser Inszenierung. 

© Freilichtspiele Tecklenburg

Christian Schöne beweist, dass auch kleiner angelegte Rollen, zu großen werden können. Graf Arco ist dem Fürsten Colloredo (Alexander di Capri) unterstellt und dessen Drahtzieher. Egal wann und wie Schöne auf der weitläufigen Bühne auftritt, er ist immer präsent. Sein mimisches Spiel reicht bis in die 20er-Reihen und fesselt die Zuschauer. Gesanglich ist die Rolle des Graf Arcos gewiss nicht einfach, steht diese Rolle doch eher im gesprochenen Bereich. Schöne beherrscht es viel Text auf wenig Noten verständlich und klar zum Ausdruck zu bringen.

In ihrer zweiten Spielzeit bei den Freilichtspielen brilliert Katia Bischoff als Constanze Weber. Sie harmoniert mit Rekeszus wunderbar. Bischoffs Constanze entwickelt sich vom Underdog zur verliebten Ehefrau und schließlich zur Vernachlässigten. „Irgendwo wird immer getanzt“ wird ihr Moment im zweiten Akt. Besonderer Clou, dieses Solo wird von einem Ensembletanz begleitet, in welchen Bischoff schließlich mit einsteigt. Diese ursprünglich schlichte, kleine Szene wird dadurch zu etwas ganz Großem und Besonderen für das Stück.

© Freilichtspiele Tecklenburg

Über Thomas Borchert bedarf es nur wenige Worte. Als Leopold Mozart stand er bereits in der letzten Wiener Inszenierung auf der Bühne. Borcherts warmer Bariton kommt vor allem bei „Schließ dein Herz in Eisen ein“ besonders zum Ausdruck. Sein Spiel als würdevoller und autoritärer Vater ist besonders ausdrucksstark.

Nicht zu vergessen bleibt Alexander di Capri als Colloredo, welcher in seinem Kostüm durchaus Ähnlichkeiten mit einem gewissen Grafen von Krolock haben kann. Durch das Kostüm und di Capris Spiel mit der Selbstverliebtheit, hat Colloredo etwas mystisches. Die Lieder für Colloredo sind eher rockig angelegt, womit di Capri besonders starke Akzente, auch im gemeinsamen Spiel mit Christian Schöne als Graf Arco, setzen kann. 

Die Geschichte um die Familie Weber wird im Musical etwas überspitzt dargestellt, dennoch sorgt gerade Brigitte Oelke als Cäcilia Weber für die humorigen Momente. Gleiches gilt für Benjamin Eberling als Emanuel Schikaneder. Eine ebenfalls kleine Rolle, die Eberling gemeinsam mit Ulrich Wiggers und der Choreografie von Francesc Abós zu einer ehrlichen und nahbaren Persönlichkeit macht, die auf dem Weg Mozarts nicht vernachlässigt werden darf.

© Stephan Drewianka

Einzig die Rolle der Nannerl Mozart bekommt im Stück nicht ausreichend Platz. Sie ist für die Lebensphasen Mozarts zwar ein wichtiger Teil, doch in Summe geht die Rolle im Gesamten unter. Valerie Luksch macht das Beste daraus und berührt mit „Der Prinz ist fort“. 

Das 22-köpfige Orchester, unter der Leitung von Klaus Wilhelm, treibt das Ensemble förmlich zu Höchstleistungen an. Gerade aber auch der Schlussakkord zum Tode Mozarts, lässt jeden noch einmal die geballte Kraft dieses Orchesters spüren.

MOZART! gehört in diesem Festspielsommer definitiv zu den Höhepunkten unter all den Produktionen in ganz Deutschland. Eine bildstarke Inszenierung, die am Ende mit einer kleinen Überraschung aufwartet, die wir hier aber nicht verraten möchten. Gespielt wird noch an ausgewählten Terminen bis Ende August. Tickets gibt es an allen bekannten VVK-Stellen oder vor Ort an der Tageskasse.

CAST & CREW

  • Regie: Ulrich Wiggers
  • Musikalische Leitung: Klaus Wilhelm
  • Choreografie: Francesc Abós
  • Kostüm: Karin Alberti/ Fabienne Ank
  • Bühnenbild: Jens Janke (nach einer Idee von Ulrich Wiggers)
  • Maske: Philip Hager
  • Wolfgang Mozart: Jan-Philipp Rekeszus
  • Leopold Mozart: Thomas Borchert
  • Nannerl Mozart: Valerie Luksch
  • Hieronymus Colloredo: Alexander di Capri
  • Graf Arco: Christian Schöne
  • Cäcilia Weber: Brigitte Oelke
  • Constanze Weber: Katia Bischoff
  • Baronin von Waldstätten: Wietske van Tongeren
  • Emanuel Schikaneder: Benjamin Eberling
  • Aloysia Weber: Tamara Peters
  • Josepha Weber: Esther-Larissa Lach
  • Sophie Weber: Lara Schitto
  • Fridolin Weber: Denys Magda
  • Johann Thorwart: Mathias Meffert
  • Ensemble: Laura Araiza Inasaridse, Hannah Miele, Romina Markmann, Lara Schitto, Guilia Fabris, Jenny Kohl, Lisa Kolada, Janina Niehus, Tamara Peters, Esther-Larissa Lach, Andrew Chadwick, Mathias Meffert, Christian Rosprim, Tim Grimme, Denys Magda, Oriol Tula, Jan Altenbockum
  • Amade: Kinderstatisten der Freilichtspiele Tecklenburg

Impressionen vom Schlussapplaus

„Manchmal nachts fällt Gold von den Sternen“ – Shows am 03. &. 04. August

Manchmal kommt es anders als man denkt. Bei den aktuellen Wetterlagen wundert es nicht wirklich, wenn man sich erkältet. So kam es, dass Jan Rekeszus am 03. August die 17. Mozart-Vorstellung definitiv nicht singen konnte, höchstens spielen. Was tun, wenn man wie in Tecklenburg keine Zweitbesetzungen hat? Intendant Beuleke zögerte nicht lange und kontaktierte die Kollegen in Fulda, denn dort spielt bekanntlich Thomas Hohler mit. Thomas Hohler ist nicht nur ehemaliges Ensemblemitglied bei den Freilichtspielen, sondern spielte die Rolle des Mozarts bereits in Duisburg und Shanghai (2016-2017). Schnell wurden im Sherwood Forrest ein paar Positionen für zwei Tage umgestellt und Thomas Hohler düste von Fulda nach Tecklenburg.

Am Donnerstagabend sollte nun also Thomas Hohler neben dem Dirigenten sitzen und das gesamte Libretto vortragen. Auf der Bühne spielte (ohne Ton) Jan Rekeszus bis zur Szene „Eine ehrliche Familie“. Dann gab es eine wetterbedingte und tontechnische Zwangspause und kurz darauf einen Abbruch der Vorstellung. Das Ensemble präsentierte dem Publikum noch Titel wie „Gold von den Sternen“, „Ein bissl fürs Hirn und ein bissl fürs Herz“ oder „Mozart, Mozart!“.


Artikel von Anna-Virginia