Bussi – Das Munical

© Christian POGO Zach

Uraufführung 4. Juli 2015, Reithalle München

Jeder von uns hat sein Lieblingsjahrzehnt. Meines sind die 80iger Jahre. Auch wenn nur am Rande erlebt, durch Filme, Erzählungen und Erinnerungen anderer. Aber wie sagte Falco mal „Wer sich an die 80iger Jahre erinnern kann, hat sie nicht erlebt“.

Am 04. Juli 2015 feierte ein Musical in München seine Uraufführung, welches die 80iger in der bayerischen Hauptstadt aufzeigt: BUSSI-DAS MUNICAL von Thomas Hermanns gibt Einblick in die bunte Punk, New Wave und Schwulen-Szene dieser Zeit. Als Hauptdarstellerin steht Sabrina Weckerlin als Bardame Stella im Lokal Bussi im Fokus, welche sich in den Studenten Frederik, genannt Ritchie (Benjamin Sommerfeld), aus Augsburg verliebt. Ihr bester Freund/in ist Helmut, der jedoch Heli genannt werden möchte. Göttlich gespielt von Enrico De Pieri, der den Vorzeigeschwulen mimt.

Die Show beginnt bereits beim Einlass, was als Geniestreich von Thomas Hermanns bewertet werden muss. Vor dem großen leuchtendem „B“ über dem Saaleingang wird das Publikum aufgehalten und man bemerkt einige Darsteller*innen mitten in der Menge. Diese wollen ebenfalls in den Saal und beginnen u.a. laut „Hey, lass uns rein Schorschi!“ zu rufen. Eben wie es im richtigen Leben, allabendlich vor den angesagtesten Clubs zugeht.

Der Schorsch, gespielt vom Matthias Kostya, ist der Besitzer vom Bussi. Dieser antwortet jedoch nur lapidar, dass der Club voll sei und man keine Leute mehr rein lassen kann. Das Publikum verstand und spielte prompt mit. Unter ihnen Ritchie und sein Kumpel, der ihm das Münchner Nachtleben zeigen will. Stella huscht in den Club hinein und es folgen wieder Pfiffe und Rufe.

Mit den ersten Klängen von „Da Da Da“ werden einige Leute in den Club gelassen. Auffallend ist, dass bevorzugt gleichgeschlechtliche Paare hineinkommen. Ritchie, auf den ersten Blick in Stella verliebt, sieht nur eine Chance hinein zukommen und so geben er und sein Freund ein Pärchen und schon ist man im angesagten Bussi. Nach weiteren Rufen beschließt Schorschi, dass wir heute alle seine Ehrengäste sind, und rein gehts in den eigentlichen Saal.

Der Fußboden ist in typischen schwarz-weißen Quadraten gehalten und deuten die Tanzfläche an. Auf dieser feiern bereits die Gäste ausgelassen bzw. nehmen an der Bar einen Drink zu sich. Hinter dieser hat Barbie (Sandra Steffl), die Freundin von Schorschi, das Sagen.

Das Hauptgeschehen spielt sich in der Mitte ab. Vorne gibt es einen riesigen Ghettoblaster, in welchem die Technik untergebracht ist. Davor, so wie links und rechts vom Eingang gibt es leicht ansteigende Sitzreihen für das Publikum. Für die Bühne ist Miriam Busch verantwortlich, welche keine großen Requisiten und Bühnenstücke umher schieben lässt, sondern mit kleinen Elementen agiert, die ihren Zweck mehr als erfüllen. So bleibt auch mehr Platz für das Ensemble, auf das man sich liebend gerne konzentriert. Die Choreografien von Alexandra Martens animieren zum Mitmachen und es fällt schwer still auf seinem Platz sitzen zu bleiben.

Doch zurück zum Stück, neben Stellas Freund/in Heli ist auch ihr Ex Wolf Wahn (Leon von Leeuwenberg) ständig im Bussi, um die neusten Skandale für sein Magazin Trend zu finden. Es folgt der Song „Ein Jahr (es geht voran).“ Wolf ist eifersüchtig auf Ritchie, da er Stella nicht vergessen kann. Nach Schluss gibt Stella Ritchie noch einen Drink aus und sie warten vergebens auf Ritchies Kumpel, der den Wohnungsschlüssel hat. Beide kommen sich näher und Ritchie erzählt Stella, dass er Nena recht gut findet und gibt ihr eine Kassette. Sie nimmt die Kassette und beide hören und singen „Kleine Taschenlampe brenn.“ Danach nennt Stella Ritchie einen Bravo-Boy und sie gehen beide zu ihr. Als beide im Bett sind, bleibt Stella wach und singt „Blaue Augen.“

Am nächsten Morgen, in der Trend Redaktion, sitzen Wolf und seine 3 Sekretärinnen am Telefon um das Neuste vom Neusten zu erfahren. Wolf ist von alledem nicht sehr angetan und leidet dazu noch unter einer Midlifecrisis. Alle 4 performen „Kosmetik“ bevor es am Abend wieder ins Bussi zur Trash-Party geht. Heli als Rosi im blauen Kleid und einem Geweih auf dem Kopf, Stella mit Plus-Tüte als Top und einem Rock aus lauter bunten Gummihandschuhen. An dieser Stelle müssen die Kostüme von Andreas Janzyk lobend erwähnt werden. Heli gibt „Hohe Berge“ zum Besten und animiert Ritchie bei „Ich will Spass“ zum Strip. Die Mottoparty und der Erste Akt enden mit „Skandal im Sperrbezirk“.

Im Zweiten Akt besucht Ritchie Wolf, auf dessen Einladung hin, in der Redaktion. Wolf hat jedoch nichts Gutes im Sinn und überredet Ritchie mit „The Look of Love“ zum Fotoshooting für das neue Trend-Cover, da Grace Jones bereits sechsmal auf dem Cover war. (Anmerkung der Redaktion: Grace Jones galt in den 80iger Jahren als Ikone und Vorbild in der Schwulenszene). Trocken meinte Wolf, er sieht sie öfters als seine eigene Mutter und Stella sicher aus dem Häuschen wäre, wenn sie Ritchie auf dem Cover sieht. Das Shooting läuft etwas schleppend an. Heli, der als Visagist agiert hilft Ritchie mit Wodka und dem Titel „Heiss“ auf die Sprünge.

 

Die Release-Party der Ausgabe findet selbstverständlich im Bussi statt. Wo Stella das Cover zum ersten Mal sieht und Heli darauf anspricht, dieser sich jedoch raushält. Barbie und Stella schwatzen über ihre Männerprobleme und werden dabei von Schorsch belauscht, der Barbie daraufhin einen Heiratsantrag macht, um sie nicht zu verlieren („Major Tom“).

Inzwischen ist auch Ritchie an der Bar erschienen und versucht mit Stella zu reden. Stella jedoch macht mit ihm Schluss („Neue Männer braucht das Land“). Nicht untypisch für die Szene kommt es zur Razzia bei der Stella, Heli und Wolf festgenommen werden. Im Gefängnis legen sie ihre geheimen Wünsche und Sehnsüchte offen („Goldener Reiter“) und vertragen sich wieder. Am Morgen werden die drei entlassen und vor dem Gefängnis wartet der halbe Club inklusive Barbie und Schorsch. Jedoch zu einer Tageszeit in der das „spießige“ Münchner Volk unterwegs ist und so kommt es zum Wortwechsel zwischen den Nachtschwärmern und den Trachtenträgern.

Nun erscheint die Göttin Bavaria Toleranta (kunterbunt Marianne Sägebrecht) und erklärt, dass die Nachtmenschen von den Tagmenschen und umgekehrt lernen können. Nach einigem Hin und Her indem auch die „Inplätze“ sowie Mieten vorkamen, welches beim Publikum ein Schmunzeln hervor rief und Bavaria Toleranta meinte, sie müsste jetzt wieder verschwinden, hatten sich alle lieb und sangen gemeinsam „Sommer in der Stadt.“

Ritchie, der bei der Razzia fliehen konnte, kommt still und leise wieder und stellt klar, dass es ihm egal ist, wenn Stella eine „abgefuckte“ Großstadttussi“ ist. Sie gestehen sich ihre Liebe („Ohne dich schlaf ich heut Nacht nicht ein“) und es kommt zum großen Happy End der beiden.

Zum Finale singen alle „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann“, welches ein letztes Mal das Publikum mit reist. Hier geben die Musiker und die Darsteller nochmal alles was sie können und spielen bis zum Umfallen. Die Musiker unter der Leitung von Andreas Kowalewitz stehen neben dem Eingang, hinter durchsichtigen Scheiben und leiten super durch den Abend.

Ein sehr schönes Musical bei dem man sofort im Geschehen involviert ist und mit den Akteuren mit fühlt und sich wünscht, man wäre in der Blüte der 80er Jahre selbst dabei gewesen. Ein gelungenes, kurzweiliges Stück, das ein München zeigt, dass man so noch nicht kannte und vielen wohl auch nicht bewusst war. Das Musical ist für jede Generation empfehlenswert, die Älteren fühlen sich in ihre Jugend zurückversetzt und die Teenies sehen, dass auch die Eltern mal cool waren. Denn wie wir gelernt haben, ist cool sein nie out.

Bleibt zum Schluss nur allen Beteiligten für die grandiose Premiere zu danken. Jeder, ob auf der Bühne, dahinter oder im Foyer war zuvorkommend und freundlich. Man hatte das Gefühl, dass das Gärtnerplatztheater eine große Familie ist. Ich kann Bussi – Das Munical nur jedem ans Herz legen, der bis 17. Juli in München ist. Für weitere Vorführungen schaut doch einfach unter www.gaertnerplatztheater.de vorbei.

Cast & Crew

  • Musikalische Leitung: Andreas Kowalewitz
  • Regie: Thomas Hermanns
  • Choreografie: Alexandra Martens
  • Bühne: Miriam Busch
  • Kostüme: Andreas Janczyk
  • Licht: Michael Heidinger
  • Video: Raphael Kurig / Meike Ebert
  • Choreinstudierung: Felix Meybier
  • Dramaturgie: David Treffinger

Besetzung:

  • Bavaria Toleranta: Marianne Sägebrecht
  • Stella: Sabrina Weckerlin
  • Ritchie: Benjamin Sommerfeld
  • Wolf Wahn: Leon van Leeuwenberg
  • Heli: Enrico De Pieri
  • Schorsch u.a.: Matthias Kostya
  • Barbie: Sandra Steffl
  • Sekretärin/ Ensemble: Julia Edtmeier
  • Sekretärin/ Ensemble:  Veronika Enders
  • Sekretärin/ Ensemble: Sabrina Reischl
  • Ensemble: Nazide Aylin/ Florian Eber/ David Eisinger/ Jonas David Sauer/ Nico Schweers

Chor und Statisterie des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Musiker des Staatstheaters am Gärtnerplatz


Rezension/Gastbeitrag von Juli Krügi