Abenteuerland – Patrick Stanke & Friends 2019

Wenn Spielzeug zum Leben erweckt wird…

Premiere: 03. Mai 2019 – Hansa Theater Hörde

Besuchte Show: 18. Mai 2019 – Schauburg Ibbenbüren

© Mirco Wallat
© Mirco Wallat

Die Schauburg Ibbenbüren, früher ein Lichtspielhaus, ist ein uriger Ort für ein konzertantes Musicalshow-Konzert dieses Formats. Vor solch einem gelungenen Abend steht aber immer erst einmal eine Idee. Diese Idee bekam Patrick Stanke durch seine beiden Söhne Jonas und Paul. Sie beide zeigten und zeigen ihrem Papa immer wieder, wie es im Abenteuerland von Kindern aussieht. So soll mit „Abenteuerland“ etwas geschaffen werden, dass uns Erwachsenen erlaubt mal wieder frei zu sein. Frei, ungezwungen und ohne Verpflichtung ein Träumer sein. Der Slogan „…ich geh´ spielen“ könnte in diesem Zusammenhang besser nicht gewählt sein.

Diese Freiheit und den Drang zum Kind sein, merkt man den sechs Protagonisten auf der Bühne bereits nach wenigen Takten von „Ich wollte nie erwachsen sein“, dem Eröffnungssong des Abends, an. Wir befinden uns im Kinderzimmer des kleinen Timon (alias Timon Strick). Timon ist 11 Jahre alt. Er ist ein durchschnittlicher, normaler Junge, der seine Welt langsam und sicher entdeckt. Strick beginnt an diesem Abend sein gesangliches Können unter Beweis zu stellen und zaubert bereits nach wenigen Tönen eine erste Gänsehaut. Schließlich wird er von seinen Spielzeugfiguren, als er sich umzieht und zur Schule gehen will, abgelöst.

Auf seiner Entdeckungsreise begleiten ihn seine fünf Freunde, die Spielzeugfiguren. Da ist zum einen der Cowboy (alias Fin Holzwart), der Timon bei allen Fragen rund um die Liebe und das weibliche Geschlecht zur Seite steht. Zum anderen gibt es den Zirkusdirektor (alias Patrick Stanke), welcher der Wächter der Schatztruhe ist und Beschützer all seiner Geheimnisse. Der Prinz (alias Christian Alexander Müller) hat immer einen guten Tipp parat und die Indianerin (alias Judith Jandl) hilft in Sachen Freundschaft und Ehre. Zu guter Letzt ist da auch noch die Primaballerina (alias Jana Marie Gropp), ein Geschenk von Timons Tante. Welcher Junge mag schon Puppen? Aus Protest hat Timon ihr einen Schnurrbart gemalt und eine Pudelmütze aufgesetzt. Doch eigentlich zeigt sie ihm, dass man alles sein kann, was man möchte.  

© Franziska Scholz
© Franziska Scholz

Anders als man es von klassischen Musicalkonzerten gewohnt ist, reihen sich im „Abenteuerland“ über 20 Songs ohne große Überleitung aneinander. Die Handlung ist geschickt durch die passenden Songs erzählt. Es zeigen sich dadurch Zwiegespräche zwischen den Spielzeugfiguren, aber auch Emotionen gegenüber ihrem realen Freund Timon werden deutlich. 

Nachdem Timon aufgebrochen ist zur Schule, stimmen alle Solisten des Abends den titelgebenden Song „Abenteuerland“ von PUR an, von dem sie direkt ins „Nimmerland“ aus PETER PAN  – DAS NIMMERLANDMUSICAL überleiten. Und schon präsentiert die Primaballerina Jana Marie Gropp „Fast wie im Traum“ (PETER PAN – DAS NIMMERLANDMUSICAL). Dabei fragt sie sich, ob sie wirklich erwachsen werden möchte? 

Prinz Christian Alexander Müller schließt sich mit PIPPINS „Frei muss ich sein“ an. Einer der Songs, der am besten die oben beschriebene Idee des Abends unterstützt und schließlich kommt die erste eigene Komposition für diesen Abend zum Einsatz. Stanke und Müller sind die „Ladenhüter“ und wohnen nach Jahren hinter Plastik endlich woanders.

Patrick Stanke spielt bei seinen eigenen Songs perfekt mit der Sprache und den Melodien. Die Titel gehen ins Ohr und bleiben dort auch einige Zeit. Aber nicht nur das. Sie können einen nachdenklich stimmen, wie bei „Ein Freund“ welches wunderschön von Judith Jandl und Patrick Stanke gesungen wurde. Sie laden aber auch, wie bei „Ich geh´ spielen“ buchstäblich dazu ein mitzuspielen und zu singen. Am Ende fliegen die Bälle aus der Schatztruhe des Zirkusdirektors nicht mehr nur in eine Richtung und alle Beteiligten vor und auf der Bühne haben sichtlich ihren Spaß. Die „Frauenversteher“ Fin Holzwart und Patrick Stanke ernten schließlich ein breites schmunzeln, sowie zustimmendes Nicken von dem ein oder anderen im Publikum. Hier wird perfekt mit Frauen-Klischees jongliert.

Die gefühlvollen Übersetzungen von THE GREATEST SHOWMAN und DEAR EVAN HANSEN , ebenfalls aus der Feder von Patrick Stanke, lassen Gänsehaut und Tränchen entstehen. An diesem Abend heißt es für Timon „Träume groß“ (englischer Originaltitel: „A million dreams“). So fragt sich Timon, ob das gerade alles nur ein Traum ist oder Wirklichkeit. Sprechen gerade seine Spielzeugfiguren zu ihm? Mit „Heute Nacht“ (englischer Originaltitel: „From now on“) verabschiedet sich das Kinderzimmer schließlich in eine wohlverdiente Pause.

Nach einem kräftigen und flotten ersten Akt wird es im zweiten Akt hingegen etwas ruhiger. Die Songs wie „Es bleibt für immer“ (englischer Originaltitel: „For Forever“ aus DEAR EVAN HANSEN), „Wir werden groß sein“ (DAS WUNDER VON BERN), „Es war einmal im Dezember“ (ANASTASIA) oder „Der gekaufte Drachen“ (UDO JÜRGENS) laden zum Träumen ein. 

Für ordentlich Lacher sorgen, fast zum Schluss des Abends, Christian Alexander Müller, Jana Marie Gropp und Patrick Stanke mit „Ich will keine Prinzessin sein“, einer lustigen Dreiecksbeziehung zwischen Primaballerina, König und Zirkusdirektor. Wer da wohl am Ende schmollend im Indianer-Tipi sitzt? 

Das „Abenteuerland“ von Patrick Stanke ist ein neues und völlig anderes Konzertformat. Ein Konzert mit roten Faden, dem aber vielleicht an der ein oder anderen Stelle ein kleiner Dialog zwischen den Spielfiguren noch guttun würde.  

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Nichts desto trotz braucht man über die sechs Solisten auf der Bühne zusammenfassend nur ein Wort zu verlieren: WOW! Egal ob der kleine Timon Strick, welcher als kleiner Tarzan erste Bühnenerfahrung sammeln konnte, oder die Großen, die allesamt seit Jahren auf der Bühne stehen. Sie berühren alle. Sie laden zum Lachen ein und lachen auch mal über sich selbst. Und geht mal das Bühnenbild kaputt, so wird es geschickt repariert, wenn die Kollegen singen. 

Die ebenfalls sechs-köpfige Band mit Sebastian Hartung am Keyboard, Chris Vega an der Gitarre, Christian Niehues am Bass, Sarah Bergé an der Geige, Astrid Nägele am Cello und Michael Meier am Schlagzeug bringen die Schauburg zum Beben. Verstärker hat es an diesem Abend eigentlich gar nicht gebraucht. 

Im Oktober 2019 geht die Reise ins Abenteuerland in Dortmund weiter, so verraten es zumindest die ersten Ticketanbieter. Wer also noch nicht im Abenteuerland vorbeigeschaut hat, sollte dies bei nächster Gelegenheit unbedingt tun! Ein Musicalshow-Konzert, das noch lange in Erinnerung bleiben wird und sicherlich nicht bei einem Besuch bleibt. Nicht ohne Grund steht im Abenteuerland-Buch (ein Mix aus Programmheft, Notiz- und Freundebuch):

„Mein erster Besuch im Abenteuerland war am: _____“

 Impressionen vom Schlussapplaus


Artikel und Fotos Schlussapplaus: Anna-Virginia