ZEPPELIN – Das Musical von Ralph Siegel – Welturaufführung

„Die Hindenburg, ein Traum wird wahr…“

Premiere am 16. Oktober 2021

Mit einem Jahr Verspätung konnte am 17. Oktober 2021 endlich ein neues Musical Weltpremiere feiern. Ralph Siegels langer Traum vom eigenen Musical wurde endlich Wirklichkeit, nach insgesamt fünf Jahren Entstehungsprozess.

Am Premierenabend lautete die Divise 3G+, denn so konnten nicht nur 800 geladene Gäste der ersten Vorstellung beiwohnen, sondern auch sämtliche Ticketinhaber, die bereits vor der Pandemie Tickets erworben hatten und diese für 2021 in der Vergangenheit umbuchten. Für die weiteren Vorstellungen gilt wieder die einfache bayrische 3G-Regelung.

Bereits im Foyer wurde man vom Einlasspersonal in Flugbegleiter-Uniformen begrüßt. Über den Roten, besser gesagt Blauen Teppich durften die geladenen Gäste sich dem Blitzlichtgewitter stellen.

Unter den Ehrengästen war u.a. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, welcher zudem zu Beginn eine schöne Ansprache hielt. Weitere Ehrengäste waren an diesem Abend Dagmar Wöhrl, Michael Kunze, Frank Otto, Katja Ebstein, Michael Holm u.v.m.

Das Erlebnis von einem Live-Musical hat man in den letzten Monaten doch stark vermisst. Umso beeindruckender das fast 50 Mann und Frau große Ensemble plus Hund, sowie das 16-köpfige Live-Orchester unter dem schwungvollen Dirigat von Dr. Konstantinos Kalogeropoulos.

Das Musical ZEPPELIN erzählt zwei Geschichten. Zum einen die Geschichte von Ferdinand Graf von Zeppelin, dem Pionier der Luftschifffahrt und zum anderen über den letzten Flug der Hindenburg und deren dramatisches Ende. Diese beiden Handlungsstränge werden im Musical gegenübergestellt. Aufgrund dieser Komplexität der Handlung wird dem Zuschauer nur selten langweilig und die Überlänge des neuen Musicals vergeht sprichwörtlich wie im Flug.

Ralph Siegel arbeitete am Musical nicht allein, sondern hatte als Partner den Historiker und Buchautor Dieter Schreeb an seiner Seite. Auch wenn man ab und zu das Gefühl hatte, dass sich die Story minimal in die Länge zog, so ist das Gesamtkonstrukt des Musicals ein bisschen Geschichtsunterricht der Neuzeit. Gute Unterhaltung und die Liebesgeschichten kommen ebenfalls nicht zu kurz, denn davon gibt es gleich mehrere.

Wenn man liest, dass Ralph Siegel ein Musical komponiert hat, so rechnet man wahrscheinlich überwiegend mit Schlager- oder Chansonmelodien, doch bei der Premiere wurde man eines Besseren belehrt. Das Musical wartet mit einer Mischung verschiedener Musikstile auf. Ob Jazz, wenn Paul Stiller am Klavier sitzt, Banjo-Klänge im Bürgerkrieg oder barocke Klänge am Hofe von Württemberg. Sicherlich sind einige Melodien und Texte simpel, aber sie sind eingängig und treiben die Handlung voran.

Hervorzuheben ist die große Riege der Solisten und des Ensembles inklusive Statisten und Extra-Ensemble. Die Rolle des Ferdinand Graf von Zeppelin teilen sich jeden Abend drei Darsteller. Am Abend der Premiere wurde Ferdinand als Kind von Noah von Rom gespielt. Als junger Ferdinand spielte Tim Wilhelm, bekannt aus der Band Münchner Freiheit, und ab der Hochzeit von Ferdinands Bruder schlüpft Patrick Stanke in die Rolle des Pioniers bis zum bitteren Ende – dem Bühnentod.

Für fast jede Rolle gibt es einen passenden Solo-Song, bei welchem der Künstler oder die Künstlerin brillieren kann. Bei Patrick Stanke ist dies wohl die Sterbeszene mit dem Lied „Ich habe gelebt“. Diese Szene bekam zurecht den meisten Applaus. Wunderbar stark und intensiv interpretiert. Ein wahrer Stanke-Super-Moment. Für den älteren Ferdinand hätte man sich gerne noch mehr Bühnenzeit gewünscht.

Mathias Edenborn spielt und singt den Berliner Barpianisten Paul Stiller. Ein „Frauenschwarm, halb Krimineller, Lebenskünstler und Kommunist“, wie Edenborn selbst seine Rolle in einem Interview beschreibt. Die Jazz-Musik passt perfekt zu ihm und im Duett mit Josefien Kleverlaan als Lilli van Hoeven harmonierte er sehr gut.

Uwe Kröger wurde die Rolle des Vaters, Friedrich Graf von Zeppelin, auf den Leib geschrieben. Den Vater kauft man ihm sofort ab, auch wenn er seinen Sohn vom Plan abhalten will, weiter Soldat zu sein.

Tanja Petrasek verkörperte grandios und glaubhaft mit tollem Schauspiel und Gesang die jüdische Sängerin Emmy Berg. Für uns gehörte sie an diesem Abend mit zu den Hauptrollen.

Hannes Staffler spielt den Fiesling und Nazi-Bejaher Lutz Grivius. Seine Interpretation des Rollenprofils passte auf den Punkt. Die Stimmung im Publikum bei diesen Szenen der NS-Zeit war gespannt. Man hätte eine Stecknadel fallen lassen können. Wenn die deutsche Geschichte glaubhaft auf einer Theaterbühne dargestellt wird, lässt einen das Ganze nicht los. Ein Lob geht an dieser Stelle auch an den Co-Autoren und Historiker Dieter Schreeb.

Für die lustigen Momente sorgt im Musical Alexander Kerbst als schwuler König Karl I.. Kerbst konnte man aber nicht nur als König erleben, sondern auch als Kapitän Pruss.

Große Ensemble-Nummern wie bei „When you´re on top“ lassen einen staunen. Kevin Tarte verkörpert in dieser Szene Jim Cagney und singt und tanzt dabei wie bei einer Las Vegas Show auf der Treppe mit zahlreichen Showgirls und Federfächern. Ein Hauch von 42ND STREET lässt grüßen.

Zu erwähnen seien in diesem Zusammenhang auch die Akrobaten Nina Treiber und Karin Paulsburg. Ob am Kronleuchter im KaDeKo, am Ring beim Wiener Roulette oder bei „Don´t you know New York“ im Champagnerglas. Sie konnten auf unterschiedliche Art und Weise ihr Können unter Beweis stellen.

Das Bühnenbild ist schlicht und wandelbar, lässt aber sehr viel Spielraum. Alugerüste stilisieren das Luftschiff, dessen Cockpit, den Mannschaftsraum oder den Salon. Zusätzlich wird das Wasser-Bühnenelement vom Festspielhaus als Bodensee genutzt, durch den z.B. Ferdinand durchmarschiert. Genauso landen in ihm z.B. Rettungsringe beim Absturz des Prototypens.

Der romantische Ballonflug von Ferdinand und Isabella wirkte durch den vielen Bodennebel tatsächlich wie eine Fahrt über den Wolken mit leuchtenden Sternen im Hintergrund.

Der ferngesteuerte große Zeppelin konnte nicht nur über die Bühne fliegen, sondern auch übers Publikum und wendete bei „Die Hindenburg“. Einziger Wehrmutstropfen, wenn man im Rang sitzt, war, dass man die Techniker unterm Zeppelin herlaufen sehen konnte.

Viele Szenen wurden im Bühnenbild mit Projektionen umgesetzt. So gab es welche vor der Seidenfabrik des Onkels, bei der Kadettenschule oder dem Krankhaus. Zusätzlich werden Ort und Zeit der Handlung eingeblendet, damit man nicht vollkommen durcheinanderkommt. Schließlich wird nicht nur die Reise selbst im Musical abgebildet, sondern auch, wie die Hindenburg nach Amerika fährt und was die Passagiere dazu bewegte, in dieses Luftschiff einzusteigen. Außerdem kommt es noch zu einigen Rückblenden im Leben des Entwicklers.

Es lässt sich festhalten, dass das gesamte Team mit enormer Kraft und aus vollster Überzeugung für dieses Stück lebt. Die Erwartungen an das Stück wurden erfüllt und eventuelle negative Gedanken in positive gewandelt. Bei einer kommenden Überarbeitung des Stückes würde man sich aber vermutlich eine Kürzung an der ein oder anderen Stelle wünschen, wenn dies aus historischen Gesichtspunkten möglich wäre.

ZEPPELIN – Das Musical spielt zwar gefühlt am anderen Ende der Republik, ist aber definitiv eine Reise ins wunderschöne Füssen wert. Freizeitmöglichkeiten neben dem Musicalbesuch gibt es dort viele, wie z.B. die Besichtigung von Schloss Neuschwanstein. ZEPPELIN kann man noch bis zum 07. November 2021 erleben. Wiederaufnahme feiert der ZEPPELIN schließlich am 19. Mai 2022 im Festspielhaus Füssen.


Gastbeitrag von Silke in Zusammenarbeit mit Anna-Virginia

Fotos von Ingrid K.