Winnetou 1 Bad Segeberg 2023

Premiere 2023 – Winnetou 1 – so wie noch nie

Ihre 70. Saison begehen die Karl May Spiele im Jahr 2023 mit dem Stück „Winnetou 1 – Blutsbrüder“, der Geschichte von Karl May, in der sich Winnetou und Old Shatterhand kennenlernen – und ihrem größten Widersacher gegenüberstehen. Für die Inszenierung wurde auf einige neue Effekte gesetzt, jedoch in vielen Elementen dem alten Stil treu geblieben. Im Herbst 2022 kam die Ankündigung, dass der Publikumsliebling Nicolas König dem künstlerischen Team hinter den Kulissen als Regisseur beitritt. Die Spannung, wie Winnetou 1 nun für die Jubiläumssaison umgesetzt werden würde, war groß. Nach 1987, 2007 und 2013 sollte es für mich das vierte Mal sein, dass ich die erste Geschichte rund um das berühmte Blutsbrüderpaar von Karl May am Kalkberg erleben durfte. Worum es in Winnetou 1 geht, sollte weitestgehend bekannt sein. Wer sie noch nicht kennt, kann hier die Inhaltsangabe nachlesen: Winnetou 1

Die Inszenierung von 2023 beginnt mit der Reise des alten Karl May (Harald Wieczorek), – ob nun so geschehen oder nicht, in den wilden Westen. Er hat sich mit einer Postkutsche zu dem Fleckchen bringen lassen, an welchem seine Geschichte spielt, welche seinen Gedanken entsprungen ist. May hebt seinen Gehstock wie ein Gewehr zum Schuß – der Stock ist mit silbernen Elementen bestückt und erinnert stark an die berühmte Silberbüchse von Winnetou – und plötzlich steht der junge Old Shatterhand (Bastian Semm) in der Arena und das Abenteuer beginnt. Ein wirklich gut umgesetzter Effekt, der viele Zuschauer überrascht hat und die diesen sehr feierten. Es waren, besonders einen Tag zuvor schon in der Generalprobe, viele „Ahhs“ und „Oohhs“ zu hören. Möglich ist dieser Auftritt durch den erneuten Einsatz einer „Insel“ in der Mitte der Bühne und viel weißen Rauch.

Das Greenhorn Karl May ist schon gleich in seine berühmte Lederkluft gekleidet und hat sein Gewehr, den Henrystutzen mit 25 Schuss im Lauf, dabei. Wie das funktioniert erklärt er Sam Hawkens (Volker Zack) später im Bahnarbeitercamp. Dieser hat den neuen Landvermesser von der Postkutsche abgeholt. Karl – oder Charly, wie er hier genannt wird, soll beim Bau der Bahnstrecke, die West- und Ostküste verbinden soll, helfen. Sam Hawkens gehört mit seinen Kumpanen Dick Stone (Stephan Tölle) und Will Parker (Livio Ceccini) zu den Leuten, die bei der Bahn arbeiten. Die Leitung des Lagers unterliegt Santer (Wolfgang Bahro), für die Sicherheit ist Handlanger Rattler (Dustin Semmelrogge) verantwortlich. Dass die beiden nichts Gutes im Schilde führen ist von Anfang an klar. Charly wird erklärt, seine Dienste würden nicht mehr gebraucht, da die Strecke schon geplant sei. Mitten durch das Land der Indianer – dabei sollte ursprünglich drum herum geplant werden. Natürlich ist hier der Ärger schon vorprogrammiert.

Die Apachen treffen wir zum ersten Mal während sie ihr Sommersonnenfest feiern. Nschotschi (Nadine Menz), die Tochter des Häuptlings aller Apachen, Intschuschuna (Joshy Peters), darf zum ersten Mal teilnehmen, da sie das richtige Alter dafür erreicht hat. Plötzlich erscheint Pida (Sascha Hödl) der Sohn des Häuplings der Kiowas mit seinen Kriegern auf der Bildfläche und stört die Zeremonie. Die Kiowas sind darauf aus, Krieg gegen die Weißen zu führen, die immer weiter in die indianischen Jagdgründe einfallen. Der weise und weiße Lehrer der Apachen, Klekhih-Petra (2. Rolle von Harald Wieczorek – die 3. ist die von Häuptling Tangua, Pidas Vater) schlägt jedoch bestimmt vor, mit den Bleichgesichtern erst zu sprechen, anstatt Sie gleich anzugreifen. Pida sieht den alten Mann immer noch als Weißen und erhebt seinen Tomahawk gegen ihn. Der wird ihm aus der Hand geschossen – von Winnetou (Alexander Klaws), der nun den obligatorischen Ritt einmal um die Arena antritt.  Das darf natürlich nicht fehlen – das ist das, was die Zuschauer sehen wollen – man merkt es an der Reaktion. Die beiden jungen Krieger führen einen Kampf gegeneinander, der damit endet, dass die Kiowas fliehen und von Winnetou sowie auch seiner Schwester verfolgt werden.

Nachdem die Hauptfiguren bekannt sind, nimmt die Geschichte seinen Lauf. Actionbild folgt auf Tanzbild, die komischen Momente unterbrechen die Szenerie und lassen einen kurz aufatmen. Die Liebe kommt nicht zu kurz, bis es zum großen Finale kommt. Alles in allem hat diese Inszenierung einige neue Effekte auf die Bühne gebracht, welche es so noch nicht zu sehen gab. Angefangen mit dem Erscheinen des jungen Old Shatterhand. Das Bühnenbild ist komplett neu gebaut worden, der Felsen hat neue, geheime Zugänge erhalten, die erst zum Finale sichtbar werden. Der Zug darf in diesem Jahr wieder ein Stückchen fahren und es wurde in Form eines Telegraphenmasts auf eine Seilbahnflucht gesetzt. Der finale Effekt ist mir bei der Generalprobe jedoch abhandengekommen – Santer rauscht am hängen gebliebenen Rattler vorbei, es macht Wumm, aber der Blick hing an Santer, da war es auch egal, dass Old Shatterhand von der brennenden Hängebrücke herunterhing und Winnetou ihn von dort gerettet hatte. Irgendwie ging das alles sehr schnell. Puff – vorbei. Santer reitet dann noch einmal quer über die Arena und wirft eine Dynamitstange auf einen etwas abgelegenen Teil des Pueblos.  Die Reaktionen der Zuschauer um mich herum waren gefühlt ähnlich. Wie? Schon vorbei? Hinzu kam noch die Verwunderung, dass Santer wegreiten konnte. Entweder kennen doch weniger als man denkt die Vorlage und wussten nicht, dass Santer überlebt und mit Winnetou 1 die Jagd auf ihn beginnt oder Ihnen ging es so wie mir: Finale – puff – vorbei.

Das eigentliche Finale dieser Inszenierung ist jedoch der gleichzeitig berührendste und traurigste Moment. Wenn Winnetou und Old Shatterhand sehen müssen, wie Santer Intschuschuna und Nschoschi tödlich verletzt und wie sie die letzten Momente an deren Seite verbringen ist herzzerreißend. Dieses Bild steckt so voller Emotionen, wie man sie nie zuvor erlebt hat und wohl nie wieder erleben wird…..

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