Tootsie – Landestheater Linz 2023/24

Die österreichische Erstaufführung

© Herwig Prammer

Premiere: 09. Dezember 2023 – rezensierte Vorstellung: 05. Januar 2024

TOOTSIE ist die Geschichte des ziemlich streitsüchtigen Schauspielers Michael Dorsey, der deshalb einfach keine Rollen mehr bekommt. An seinem 40. Geburtstag beklagt er sich darüber bei seinem Freund und Mitbewohner Jeff. Als ihm seine Ex-Freundin, zu der er noch immer eine etwas schräge Beziehung hat, erzählt, dass sie sich für eine Rolle in einer Neuinszenierung von „Romeo und Julia“ bewerben will und er ihr bei der Vorbereitung helfen soll, entschließt sich Michael kurzerhand, sich selbst dafür zu bewerben, allerdings als die „Amme“. Verkleidet als Frau mit Namen Dorothy macht er beim Casting mit und wird angenommen. Natürlich führt dies nicht nur zu peinlichen und komischen Situationen in seinem privaten Leben, es führt vor allem zu den lustigsten Situationen mit seinen Kolleginnen und Kollegen im Theater. Denn alle, außer dem Regisseur, dem Dorothy vehement und dauernd Kontra gibt, lieben die neue Kollegin, die ganz nebenbei den Kosenamen „Tootsie“ (Schnuckelchen) bekommt. Und so wird Michael alias Tootsie, die etwas ältere, reifere Frau, zum Kummerkasten für alle, ganz besonders jedoch für Julie, seine neue Kollegin. Und dies bringt natürlich ganz besonders deshalb Probleme, weil sich Michael in Julie verliebt. Der etwas unterbelichtete Schönling Max verliebt sich seinerseits in Tootsie, und so kommt es zu einem fröhlichen, chaotischen Durcheinander bis sich Tootsie alias Michael gezwungen sieht, die ganze Situation mit einem riesigen Knall auffliegen zu lassen.

TOOTSIE beruht auf der Vorlage des gleichnamigen Films mit Dustin Hoffmann, der 1982 Premiere hatte und gleich für 10 Oscars nominiert war, allerdings nur einen erhielt. Bei den Golden Globes schnitt TOOTSIE deutlich besser ab und erhielt drei Auszeichnungen.

Als Musical kam das Stück erst 2019 auf die Bühne und feierte am Broadway in New York Premiere. Erst im Juli 2022 erlebte TOOTSIE im Gärtnerplatztheater in München mit Armin Kahl in der Hauptrolle und unter der Regie von Gil Mehmert seine europäische Erstaufführung.

© Herwig Prammer

In Linz übernahm Ulrich Wiggers die Inszenierung, die musikalische Leitung hatte Johann Han inne und die Choreografie stammte von Kati Heidebrecht. Die Rolle von Michael bzw. Dorothy übernahm Gernot Romic. Er spielt sowohl den etwas streitsüchtigen Mann als auch die mitfühlende Dorothy ganz großartig und schafft die Verwandlung von Mann zu Frau auch auf der Bühne perfekt.

Sanne Mieloo als Julie ist ebenso überzeugend und stimmlich begeisternd wie Celina dos Santos als Michaels etwas durchgeknallte Ex-Freundin Sandy, die auch durch ihr komödiantisches Talent überzeugt. Doch in Sachen Comedy sticht Christian Fröhlich als Max Van Horn alle aus. Nicht nur, dass er sich in Tootsie verliebt und sich ihr Bild als Tattoo auf die Brust tätowieren lässt, Sprüche wie „Ich musste in der Schule schießen konjugieren und weiß gar nicht, warum alle schrecklich gelacht haben – schießen, schoss, geschissen“ und seine Art, diese Szenen ganz hinreißend und überzeugend zu spielen, machen ihn ziemlich schnell zum Publikumsliebling.

Insgesamt überzeugt das ganze Ensemble gesanglich, schauspielerisch und tänzerisch. Dass das fünfköpfige Orchester quasi ins Bühnenbild integriert wurde, indem man es in den ersten Stock über der Bühne setzte, sorgte auch für einen schönen Effekt. Bei näheren Hinsehen entpuppte sich das Bühnenbild um das Orchester herum als ein Beautykoffer der Firma Maybehim.

Da das Theater Linz eine sehr breite Bühne hat, wurden die einzelnen Schauplätze, wie Michaels oder Julies Wohnung, das Büro des Agenten, Jeffs Bar oder Tootsies Garderobe nur auf der linken oder rechten Seite der Bühne gespielt, während alle Musicalszenen sich über die ganze Bühne erstreckten, in dem man die Requisiten von der Seite herein schob.

Leif-Erik Heise und Ulrich Wiggers legten beim Bühnenbild auch wieder viel Wert auf, teils lustige, Details. So diente eine Puderpinselaufbewahrung als Sitzgelegenheit und eine Spraydose wurde geöffnet zu Dorothys Garderobe. Ein toller Gag waren sicher auch die überdimensionalen Filmplakate von z.B. Cabaret, Elisabeth oder Sound of music, auf denen aber immer Tootsie zu sehen war.

Danke an das Landestheater Linz, das sich nach dem Gärtnerplatztheater an dieses tolle Stück herangewagt hat. Die Problemstellung, ob Männer in Frauenkleidern die besseren Frauen sind, wird hier gar nicht erst in Frage gestellt. Es macht einfach nur Spaß, zuzuschauen und zuhören.

TOOTSIE ist am Landestheater Linz an ausgewählten Terminen noch bis zum 29. Juni 2024 zu erleben. Tickets gibt es direkt unter www.landestheater-linz.at

CAST & CREW

  • Musikalische Leitung: Juheon Han
  • Inszenierung: Ulrich Wiggers
  • Choreografie: Kati Heidebrecht
  • Bühne: Leif-Erik Heine
  • Kostüme: Franz Blumauer
  • Lichtdesign: Michael Grundner
  • Dramaturgie: Arne Beeker
  • Nachdirigat: Tom Bitterlich
  • Michael Dorsey / Dorothy Michaels: Gernot Romic
  • Julie Nichols: Sanne Mieloo
  • Jeff Slater: Karsten Kenzel
  • Sandy Lester: Celina dos Santos, Valerie Luksch
  • Ron Carlisle: Enrico Treuse
  • Max Van Horne: Christian Fröhlich
  • Rita Marshall: Daniela Dett
  • Stan / Carl: Max Niemeyer
  • Stuart / Ensemble: Lukas Sandmann
  • Suzie / Vokal-Trio 1: Alexandra-Yoana Alexandrova
  • Ensemble / Vokal-Trio 2: Valerie Luksch, Lynsey Thurgar
  • Ensemble / Vokal-Trio 3: Susanne Rietz
  • Ensemble: Laura Araiza Inasaridse, Alexandra Frenkel, Christian Funk, Verena Nothegger, Kevin Reichmann, Stefan Schmitz, Davide Venier, Matteo Vigna

Artikel von Ingrid Kernbach