SCHOLL – Die Knospe der Weißen Rose – Uraufführung

Uraufführung: 14. April 2023 – besuchte Vorstellung: 22. April 2023
 
© Thomas Langer

Am Stadttheater Fürth feierte im April 2023 ein ganz besonderes, neues deutsches Musical seine Uraufführung. SCHOLL – DIE KNOSPE DER WEIßEN ROSE von Titus Hoffmann (Buch & Regie) und Thomas Borchert (Musik) brachte ein Stück deutsche Geschichte auf die Musicalbühne. Durchaus ein Wagnis, was hier eingegangen wurde. Am Ende beweisen aber Hoffmann und Borchert, dass es funktioniert und zeigen auf, dass es wichtig ist die Wurzeln der eigenen Geschichte oder eines Widerstandes zu kennen.

Das Musical erzählt die Vorgeschichte der Verhaftung der Geschwister Scholl im Dezember 1941. Wie kam es dazu, dass in Hans und Alexander Schmorell die Idee wuchs sich später durch ihre Flugblattprotestaktionen gegen den Nationalsozialismus aufzulehnen?

Hans Scholl (Alexander Auler) verbringt den Jahreswechsel 41/42 mit seinen Schwestern Sophie (Sandra Leitner) und Inge (Karolin Konert), sowie den Freunden und Kommilitonen Traute (Judith Caspari), Ulla (Lina Gerlitz) und Freddy (Dennis Hupka) beim Skifahren auf der Coburger Hütte in Tirol. Sie wollen den Kriegsalltag für ein paar Stunden hinter sich lassen.

Erzählt wird das Stück aus der Perspektive von Traute Lafrenz-Page, die einst mit Hans Scholl kurzzeitig liiert war. Sie überlebte den Krieg und das Andenken an Hans und Sophie bis heute. Tatsächlich verstarb Traute erst dieses Jahr im März mit 103 Jahren in Amerika.

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Hans guter Freund und Seelenverwandter Alexander Schmorell (Fin Holzwart), im Stück meist nur Shurik genannt, ist auf dem Ausflug zur Hütte zwar nicht dabei, aber trotzdem in den Gedanken und Erinnerungen von Hans auf einer parallelen Erzählebene immer wieder gegenwärtig. Auf der Hütte haben die jungen Leute viel Zeit nachzudenken und es kommt zu Diskussionen über Gefühle, Beziehungsprobleme und auch die Politik des Nationalsozialismus ist immer wieder Thema. So beginnen sie auch sich gegenseitig zu ermuntern, Vieles zu hinterfragen und sind auf der Suche nach dem Sinn in ihrem Leben, nach ihrem Handeln und für was sie in Zukunft einstehen wollen.

So zeigen sich auch einige Unterschiede zwischen den jungen Leuten. Während Hans und Sophie immer mehr am System der Nationalsozialisten zweifeln und in Hans auch immer mehr der Gedanke wächst, eine Protestaktion zu starten, ist ihre Schwester Inge sehr gläubig und mahnt zur Systemtreue. Traute steht ein wenig zwischen den Stühlen, sie kritisiert zwar Einiges am Nationalsozialismus, wäre aber zu ängstlich, um sich einem Protest anzuschließen. Ulla und Freddy hingegen sind dem Thema gegenüber eher naiv aufgeschlossen und versuchen sich Vieles zu beschönigen und die Wahrheit für sich auszublenden.

Sinnbildlich zieht sich durch das ganze Stück eine geschickt eingesetzte Requisite. Nämlich eine weiße Rosenblüte, welche für die Entstehung der Widerstandsgedanken von Hans steht. Diese Blüte trägt Hans immer bei sich, weil sie ihn an eine Erfahrung aus seiner Jugend erinnert und ihn später auch zum Namen für die Protestaktion inspirieren sollte. Womit sich der Bogen zum Titel des Stückes spannt.

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Alexander Auler spielt den Wandel vom nachdenklichen, in sich gekehrten Hans Scholl, der früher dem Nationalsozialismus noch zugetan war, hin zum immer kritischer Hinterfragenden, aktiv werden wollenden Initiator der Flugblattaktion sehr nachvollziehbar. Die Zerrissenheit und Zweifel, sowohl in seinem Leben, als auch in Bezug auf seine Beziehung zu Traute, nimmt man ihm voll und ganz ab. Stimmlich ist er immer stark präsent, aber auch bei den leiseren Tönen hört man ihm gern zu. Er harmoniert stimmlich in den Duetten mit Traute, Sophie und Shurik.

Judith Caspari spielt Traute mit einer eindrucksvollen Bühnenpräsenz und als wirklich selbstbewusste, intelligente junge Frau. Auch die ermotionale Seite in ihrer unklaren Beziehung mit Alexander Auler als Hans Scholl und die Zweifel die sie plagen spielt sie sehr authentisch. Stimmlich ist sie  stark bei allen ihren Songs.

© Thomas Langer

Sandra Leitner spielt Sophie Scholl als selbstbewusste, freche junge Frau, die mit Verstand alles hinterfragt und sich nichts auf diktieren lassen will. Ebenfalls sehr überzeugend und ausdrucksstark. Stimmlich weiß sie stets zu überzeugen bei allen Nummern.

Karolin Konert ist als Inge Scholl eine glaubwürdige große Schwester, die manchmal gerne bremsen möchte und eher zur Vernunft ermahnt, um die Familie zusammenzuhalten und zu schützen. Auch stimmlich ist sie stets präsent.

Dennis Hupka bringt als Kommilitone Freddy viel Energie und komödiantische Elemente in die Gruppe und lockert so immer wieder die Stimmung etwas auf. Lina Gerlitz spielt die eher etwas naive Ulla glaubwürdig und zeigt sie trotzdem als junge Frau, die überzeugt von ihrer Meinung ist und sich von den Anderen nicht beirren lassen will.

Fin Holzwart als Alexander Schmorell/Schurik harmoniert gut mit Alexander Auler und so wirkt die Verbundenheit und quasi Seelenverwandtschaft mit Hans sehr realistisch. Vorallem beim Song “Propaganda” konnte er zeigen, was er stimmlich drauf hat.

© Thomas Langer

Die Musik des Stückes ist eine ziemlich bunte Mischung. Es gibt Songs, die eher an alte Volkslieder erinnern, A-Capella-Nummern, Swing, rockige Songs, schöne Balladen und Duette. Auch ein paar Hip Hop Elemente sind in SCHOLL-DIE KNOSPE DER WEIßEN ROSE zu finden. Als Songtexte wurden teils originale poetische Texte von Hans Scholl verwendet. Die Musik wird von einer 5-köpfigen Liveband unter der Leitung von Robert Paul präsentiert, die im Bühnenhintergrund platziert wurde.

Das Bühnenbild von Stephan Prattes stellt hauptsächlich das Innere der Coburger Hütte da. Alles ist in Holzoptik gehalten. Teilweise mit abstrakten, robusten Balken, einem Kamin und einem schrägen Bühnenboden, in dem etwas wie eine Dachbodenluke eingebaut ist, um so auch die unterschiedlichen Ebenen der Hütte andeuten zu können. Über dem Ganzen schweben das ganze Stück über einige große Holzbalken, die immer mal wieder auf und ab bewegt werden und zusammen ein zerbrochenes Hakenkreuz ergeben, das wohl bildlich allgegenwärtig über Allem hängen soll.

Die Kostüme von Conny Lüders sind der Zeit in der das Stück spielt angepasst und eher schlicht und in gedeckten Farben gehalten, ebenso sind auch die Choreographien von Andrea Danae Kingston eher zurückhaltend, was gut ins Stück passt.

SCHOLL-DIE KNOSPE DER WEIßEN ROSE ist ein sehr sehenswertes Stück. Eine Musicalperle, die deutsche Poetik wertschätzt und Geschichte lebendig werden lässt. Es ist ein ernstes Musical, welches aber nicht nur berührt, sondern auch zum nachdenken anregt und einen an der ein oder anderen Stelle doch schmunzeln lässt. Man kann sich nur wünschen, dass es noch an weiteren Theatern zur Aufführung kommt, damit noch mehr Menschen die Möglichkeit bekommen es zu sehen.


Artikel von Claudia


Album Live-Aufnahme erscheint!

Am 08. Dezember 2023 erscheint die Live-Aufnahme des Musicals bei Sound of Music. Die Doppel-CD ist jetzt bereits vorbestellbar unter www.soundofmusic.de.