Himmel und Kölle – Das Köln Musical

Zu Corona-Zeiten ins Theater?

Gastbeitrag von Monika N.

Schaue ich mir meine aktuelle Musical-Jahresbilanz an, könnte ich weinen, noch nicht einmal die Hälfte der Menge an Musicalbesuchen der letzten Jahre erreicht. Umso größer daher die Freude, dass die Produzenten von „Himmel und Kölle“, trotz des aktuellen Lockdown Lights, die 4 Tage genutzt haben, um mit Ihrem Stück so vielen Besuchern wie möglich ein wenig Freude zu schenken.

Die Volksbühne am Rudolfplatz (Kölnern bekannt als Millowitsch-Theater) ist ein gemütliches kleines Haus in Köln, bei dem die Corona-Maßnahmen sorgfältig umgesetzt werden. Viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die freundlich und geduldig über die Regeln informieren, großer Sitzabstand, eine Getränke-Schlange bei der die Besucher wirklich Abstand halten, noch sicherer konnte man sich gar nicht fühlen. Selbst die Willi Millowitsch Statue war sicherheitshalber mit Mund-Nase-Schutz bestückt. So war es nicht überraschend, dass „uns Willi“ auf seiner Parkbank mitspielte und den Etappenhasen erwähnte.

© Monika N.

Dieses kleine feine Detail ist ein gutes Beispiel dafür, mit welcher Finesse die Kölner Identität im Stück umgesetzt wurde. Voraussetzung für das Stück: Die rheinische Sprache sollte man durchaus verstehen und für den Witz sind Kenntnisse, um die schrulligen und liebenswerten Gegebenheiten und das Verhalten von echten Kölschen hilfreich.

Das Autorenteam Moritz Netenjakob und Dietmar Jacobs hat seine Hausaufgaben gemacht: Seien es die Anwohner des Brüsseler Platzes, die sich über nächtliche Ruhestörung beschweren oder die Ausfälle von Netcologne, Lokalkolorit ist mehr als vorhanden. Dabei sind die witzigen Gegebenheiten keineswegs platt aneinander gereiht, beim Hören der CD entdeckt man immer wieder neue Kleinigkeiten, die einen zum Schmunzeln bringen.

© Himmel und Kölle

Gil Mehmert zeigt in seiner Verantwortung für Regie und Bühne eindrucksvoll, was mit „starrer Bühne“ und wenig Requisiten gezaubert werden kann. Die comic-artigen Requisiten wirken lebendig und innovativ, simple Hocker werden mit dem passenden Lehnen in Stuhl, Couch und Sitzbank einfach aber wirkungsvoll umgewandelt.

Die Story ist recht schnell zusammengefasst: Direkt nach der Priesterschule darf Pfarrer Elmar nach Köln –was nicht ganz seiner Wunschvorstellung von Fachwerkhäusern im Dorf entspricht. Während er noch mit Gott über seine Aufgabe hadert, erfährt der Zuschauer von dem zweiten Strang der Handlung, der Kachelunternehmer Mattes plant am nächsten Tag seine Kathy zu heiraten. Die ist sich jedoch gar nicht so sicher, ob sie das überhaupt will, außerdem muss sie ihm dringend etwas beichten und das alles im Trubel der beiden Junggesellenabschiede. Die lebensnahen Kostüme könnte man sicherlich auch in der Altstadt finden, dafür muss der Deiters gar nicht explodiert sein. Elmar hilft Kathy ihren Verlobten zu finden, dabei gibt es einige Überraschungen. Sei es der ostdeutsche Taxifahrer oder die grandios steppenden Heiligen Drei Könige, es wird auf keinen Fall langweilig. Am Ende stehen Kathy und Mattes vor Elmar in der Kirche, seine vorbereitete Trauerzeremonie sollte eine Trauzeremonie sein und das ist nicht das Einzige, was den Zuschauer am Ende verblüffen lässt.

© Himmel und Kölle

Die Darsteller Markus Schneider als Pfarrer Elmar und Karen Müller als Kathy harmonieren großartig miteinander und zeigen sowohl in den lustigen schnellen wie auch in den gefühlvollen Passagen, welchen breiten Umfang ihr exzellenter Ausdruck hat. Die beiden Trauzeuginnen Maike und Jenny (Tamara Pascual und Sharon Isabel Rupa) erfreuen die Zuschauer sowohl durch Gesang und Schauspiel, aber auch durch die herrlichen Tanzeinlagen. Verlobter Mattes (Florian Sigmund) und sein Kumpel Schwaatlappe (Enrico De Pieri) teilen sich brillant den komischen Rollenpart und kacheln dabei die Welt. Die unangefochtene Nummer Eins bei der Umsetzung des kölschen Dialektes ist Vera Bolten als Haushälterin Moni. Während sie Pfarrer Elmar mit ihrer direkten Art die kölsche Art und Weise verdeutlicht, zeigt sie mit dem genialen „Dat ruckelt sich zurecht“ den unverfälschten kölschen Optimismus – Et hätt noch immer joot jejange.

Ein Abend, bei dem man alle Sorgen vergessen kann und mit einem breiten Lachen nach Hause geht. Zum Glück ist die Planung so, dass die rhythmische Live-Band nach Corona wieder antreten darf und das so noch mehr Zuschauer die Chance und Gelegenheit haben werden, sich von den Darstellern, Musikern und dem ganzen Team verwöhnen zu lassen. Und dann darf hoffentlich auch mitgesungen werden!

Kleiner Tipp: Für die Textsicherheit ist die CD nur zu empfehlen, die läuft aktuell rauf und runter. Und wer einen Einblick in den Humor bekommen möchte, dem sei die Corona Version von „Et ruckelt sich zurecht“ ans Herz gelegt:

 


Kreativteam

  • Buch: Dietmar Jacobs, Moritz Netenjakob
  • Script Consultant: Alistair Beaton
  • Musik: Andreas Schnermann
  • Musical Supervisor: Jürgen Grimm
  • Inszenierung: Gil Mehmert
  • Choreographie: Yara Hassan

Cast

  • Elmar (Pfarrer): Markus Schneider, Thomas Hohler, Julian Culemann
  • Kathy (angehende Braut): Karen Müller, Tamara Pascual, Marie-Anjes Lumpp
  • Mattes (Verlobter von Kathy): Florian Sigmund, Julian Culemann
  • Schwaaslappe (Kompagnon von Mattes): Enrico De Pieri, Sigmar Tonk
  • Moni (Pfarrhaushälterin): Vera Bolten, Nina Janke
  • Taxifahrer: Mark Weigel, Sigmar Tonk
  • Jenny (Freundin von Kathy): Tamara Pascual, Marie-Anjes Lumpp, Nina Janke
  • Maike (Freundin von Kathy): Sharon Isabelle Rupa, Nina Janke