Die Passion – Das TV-Live-Event 2022

Zwei Jahre lang musste die Produktion, sowie das Ensemble und das interessierte Fernsehpublikum auf dieses Event in Deutschland warten. In den Niederlanden ist dieses Format seit 10 Jahren ein großer Erfolg und nun endlich in Deutschland angekommen.

Das Konzept klingt vielversprechend. Die Passionsgeschichte wird modern erzählt und mit thematisch passenden sowie zeitgemäßen Songs in Szene gesetzt. In gewisser Weise eine Art Musical, doch irgendwie auch wieder nicht, denn dafür gab es zu viele Unterbrechungen.

Die Cast für die erste Auflage in Deutschland war im Großen und Ganzen stark besetzt. Alexander Klaws als Jesus, Mark Keller als Judas, Laith Al-Deen als Petrus, sowie Ella Endlich als Maria und Henning Baum als Pontius Pilatus. Zu den Jüngern gehörten u.a. Sarah und Samuel Koch, Sila Sahin und Nicolas Puschmann.

Doch wo soll man nun genau anfangen? Die deutsche Version dieses TV-Events hatte ihre Höhen und ihre Tiefen.

Zu den Höhepunkten gehörte eindeutig Alexander Klaws als Jesus. Durfte er diese Rolle doch bereits in Andrew Lloyd Webbers JESUS CHRIST SUPERSTAR (Theater Dortmund, Theater Basel) vor einigen Jahren innehaben. Nun konnte er Jesus noch einmal von einer anderen Seite zeigen, als modernen Influencer und dies gelang ihm gut. Sein emotionales Highlight in unseren Augen die Interpretation von „Ist da jemand?“. Man spürte, dass er bei dieser Szene an „Gethsemane“ dachte. Aber auch in den Duetten mit Laith Al-Deen oder Mark Keller setzte Klaws Akzente.

Mark Keller als Widersacher Judas konnte überzeugen, aber leider wurde ihm nicht genug Raum gegeben, um Judas griffiger zu gestalten. Natürlich war unsereiner stets bemüht das Musical nicht mit diesem Event zu vergleichen, aber blickt man auch auf die Passions-Kollegen aus den Niederlanden (YouTube sei Dank), so fällt in diesem Punkt auf, dass in der deutschen Version ein lieber Judas auf der Bühne stand. Nichtsdestotrotz wurde der Moment des Verrates mit dem Abendmahl und der Interpretation von „Durch den Monsun“ gut umgesetzt und eindrucksstark inszeniert.

Das erste Highlight des Abends vom gesamten Ensemble war die Szene des Abendmahls mit einer Interpretation von HINTERM HORIZONT. Danach nahm die Inszenierung des TV-Events weiter Fahrt auf, nach anfänglichen langatmigen Momenten.

Pontius Pilatus aka Henning Baum konnte bei der Gerichtsverhandlung in den reinen Schauspielparts auf ganzer Linie überzeugen. Allerdings hätte man hier sich genauer die Vita des Schauspielers ansehen sollen. Eine Gesangsausbildung hat er nicht und folglich wurde die Gesangseinlage Henning Baums einer der Tiefpunkte dieses Events, da half leider auch kein Alexander Klaws als Duettpartner.

Emotional wurde es hingegen wieder kurz danach zwischen Maria und Jesus. Ella Endlich und Alexander Klaws interpretierten „Einmal sehen wir uns wieder“ und sorgten für einen Taschentuchmoment vor dem Fernseher.

Die Regie von Volker Weicker und David Grifhorst kann im Großen und Ganzen überzeugen, allerdings ist das künstlerische Gesamtkonzept nicht immer ganz zu verstehen. Bedauerlich an der Inszenierung ist, dass die Kreuzigung lediglich erzählt wurde und durch das getragene Kreuz inszeniert. Hierfür hätte es sicherlich noch andere Möglichkeiten gegeben, zumal laut RTL+ diese Produktion eine FSK Freigabe ab 12 Jahren hat. So wirkte im Ganzen das Ende eher weniger imposant und relativ abrupt.

Quelle: Facebook-Seite von Mark Keller

Die bereits vorproduzierten Szenen fügten sich problemlos ins Gesamtwerk ein. Woran man diese erkennen konnte? Unter anderem an der Teilnahme Gil Ofarims und am Babybauch von Sila Sahin. Ohne die vorproduzierten Szenen wären die Ortswechsel innerhalb Essens in der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen, um wirklich alles live zu erleben.

Neben der Cast gab es außerdem noch Gastauftritte. Unter anderem von Tanja Szewszenko, Ingolf Lück, Nelson Müller oder Cali Calmund. Beim Abtransport trifft Jesus auf Gestas und Dimas. Diese wurden von RTLs Bösewichten Joe Gerner aus GZSZ (verkörpert von Wolfgang Bahro) und Walter aus Hinter Gittern (verkörpert von Katy Karrenbauer) vdargestellt. Gestas und Dimas sollen beide mit Jesus gekreuzigt werden. Während Dimas Jesus schmäht, zeigt Gesmas Reue. Diese kleine Szenerie wurde gut inszeniert.

Leider gab es an diesem Abend auch einige störende Momente. Nachdem man sich als Zuschauer zunächst gefreut hatte, dass RTL es einmal schafft, 45 Minuten am Stück zu senden ohne Werbepausen, änderte sich dies ab 21 Uhr und im 20-Minuten-Takt ging es in die Werbepause. Immer wieder wurde man in der Handlung unterbrochen. Hinzukam durch die Werbepausen die Doppelfunktion von Thomas Gottschalk. Denn er war nicht nur Erzähler, nein er war auch Moderator. Er moderierte stets in die Werbepause und aus der Werbepause wieder hinaus und schaltete dreimal zur Prozession, welche von Annett Möller als Reporterin begleitet wurde.

Die Prozession des Kreuzes war ein cleverer Schachzug in der Inszenierung, doch die immer wieder eingebauten Interviews hatten leider den gleichen Effekt wie die Werbepausen. Auch wenn die Geschichten der Menschen teilweise beeindruckend waren oder von Solidarität zeugten.

In diesen Punkten wünscht man sich doch für 2023 bessere Ideen und Lösungen. Denn im Großen und Ganzen ist die Idee toll, die sich die Macher einst ausdachten und mittlerweile in mehreren Ländern erfolgreich produziert wird.

Doch die Premiere in Essen zeigte eine typisch deutsche Adaption. Die Songauswahl mit Hits von Udo Lindenberg, Udo Jürgens, Mark Forster, Tokio Hotel, Andreas Bourani oder Silbermond war durch aus passend, doch ziemlich gleich im Musikstil. Spannung konnte mit diesen Pop-Hits selten aufgebaut werden.

Dennoch war es ein gelungener Fernsehabend, der zurecht mit guten Einschaltquoten belohnt wurde. Die Cast überzeugte und für die Zukunft kann man diesem Format nur Gutes wünschen und hoffen, dass auf die Kritik die auf den verschiedenen Plattformen geäußert wurde hier und da auch eingegangen wird.


Artikel von Anna-Virginia