Giulietta e Romeo

von Riccardo Zandonai am Theater Erfurt

Inszenierung: Guy Montavon

Premiere: 08.04.2017

 Am vergangenen Samstag war ich für euch in der Premiere von “Giulietta e Romeo” in der Neuen Oper in Erfurt. Adaptionen des Romeo-und-Julia-Stoffes, ob in Oper, Musical, Film oder Literatur gibt es viele. Warum ihr euch genau diese ansehen solltet? Wegen der Musik!!! Riccardo Zandonais Komposition entführt in ein märchenhaftes Verona, erinnert an laue italienische Sommernächte und entfaltet, angekündigt von Dissonanzen, ihre volle Dramatik. Nicht nur aus diesem Grund erhielten der Musikalische Leiter Myon Michailidos und das Philharmonische Orchester an diesem Premierenabend den meisten Applaus.

Die Handlung, nur frei nach Shakespeares dramatischer Vorlage, konzentriert und reduziert sich auf das berühmte Liebespaar. Aus der Literatur bekannte Figuren werden durch zum Teil namenlose Gestalten ersetzt oder wurden völlig gestrichen. Der Zuschauer wird direkt in das Geschehen hineingeworfen. Giulietta (Jomanté Šležaitė) und Romeo (Eduard Martynyuk) haben sich bereits kennen- und lieben gelernt. In der Inszenierung des Erfurter Generalintendanten Guy Montavon ist die Kulisse dabei ein tristes Internat in Italien der Jahrhundertwende.

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Ein Lesesaal, Schuluniformen, eine Bücherschlacht und Schlafsäle mit wasserfleckigen Wänden. Brav und bieder präsentieren sich die Akteure in einer Welt, in der es keine verfeindeten Familien sondern vielmehr konkurrierende (Schul-)Klassen zu geben scheint. Doch auch das biedere Äußere hindert die Schüler nicht daran, sich frivolen Festen hinzugeben und ordentlich zu feiern. Viele der Nebenrollen wurden mit jungen Sängern aus dem Thüringer Opernstudio und aus dem Opernchor unter Leitung von Andreas Ketelhut hervorragend besetzt. Immer wieder ertönte der Chor auch aus dem Off zur musikalischen Untermalung, ohne jedoch die Intimität der jeweiligen Szene auf der Bühne zu stören.

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Romeo und Giulietta versprechen sich, in einem blutsbrüderschaftlich anmutenden Ritual, die Ehe. Während Giuliettas Freundinnen (Margrethe Fredheim und die Damen des Opernchores) ihre Freude teilen und versuchen, ihr Geheimnis zu wahren, ist Tebaldo entsetzt über das schamlose Verhalten seiner Verwandten. Die Liebenden werden bald, nicht so sehr durch die rivalisierenden Gruppen, sondern vielmehr durch das Eingreifen Tebaldos (Siyabulela Ntlale) und schließlich durch Romeos affekthaften und scheinbar unbeabsichtigten Mord an diesem, voneinander getrennt. Interessant an dieser Inszenierung: Die Handlung setzt nach der Verbannung Romeos erst Jahre später, im faschistischen Italien der 1930er Jahre, wieder ein.

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Romeo, der sich in seinem Exil inzwischen als Chauffeur verdingt, erfährt bei einer Feier durch das Lied eines Sängers (Won Whi Choi) vom Tode seiner Giulietta. Durch den Sturm – der Fliegerbomben und Granaten – hindurch, eilt er zum Grab seiner Geliebten. Zu spät bemerkt er, dass sie ihren Tod nur vorgetäuscht hat und stirbt in ihren Armen. Im Tode vereint zeigt das letzte Bild die beiden wieder verjüngt und von einem paradiesischen Blütenmeer umgeben.

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Eine Gestalt, die sich meist passiv durch die gesamte Handlung zieht, ist ein Blinder, der den liebes-blinden Romeo begleitet, bis Tebaldos Leiche ihn am Fortkommen hindert. Erst durch die Nachricht von Giuliettas Tod erscheint er wieder an Romeos Seite und versucht nun sogar aktiv auf ihn Einfluss zu nehmen. Trotz sichtlichen Unbehagen, bleibt er bis zum Schluss in dessen Nähe.

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“Giulietta e Romeo” hebt sich erfrischend von den bekannteren Versionen des Stoffes ab. Zandonais Musik verführt das Publikum mit seinem romantischen italienischen Charme und lässt eine leichte Melancholie, jedoch kein gebrochenes Herz zurück.

Die nächste Vorstellung findet am 19. April statt. Wer nicht genug von der vielleicht berühmtesten Liebesgeschichte aller Zeiten bekommen kann, sollte zudem am Oster-Wochenende auf keinen Fall die Romeo-und-Julia-Interpretation des Tanztheaters und Leonard Bernsteins Musical West Side Story, beides auf der Großen Bühne des Theaters Erfurt, verpassen!

Nähere Informationen sowie Hörbeispiele findet ihr unter: www.theater-erfurt.de


Artikel von Anne