Die Kulturszene & Corona: Im Gespräch mit Thilo Wolf

Quelle: Swing Street -Facebook-Seite

Als der erste Lockdown im März über die Kulturszene hereinbrach, war ein potenzieller Probenstart für die Produktion von „Swing Street“ noch in weiter Ferne. Wie haben Sie diesen ersten Lockdown erlebt?
Im ersten Moment dachte man ja, das wäre eine kurzfristige Angelegenheit und bis zum Probenstart wäre der Corona-Spuk sicher wieder vorbei. Allerdings war unser Intendant Werner Müller sehr vorausschauend und stellte, als die Corona-Maßnahmen sukzessive strenger wurden, sehr schnell im Leitungsteam die Frage, wie wir damit umgehend wollen, wenn die Maßnahmen auch den Probenprozess betreffen sollten. Kann man Liebes- und Tanzszenen mit Abstand choreografieren? Unser Regisseur und Choreograf Gaines Hall musste nicht lange überlegen, um das als künstlerische Herausforderung anzunehmen. Auch Autor Ewald Arenz, Bühnenbildnerin Lena Scheerer und ich als Komponist und Initiator sahen das so. Werner Müller entschied dann, dass wir das durchziehen. Auch wenn nur wenige Menschen im Publikum sitzen sollten. Dafür sind wir ihm alle heute noch dankbar. Wir wurden ein bisschen vom Glück „belohnt“ und konnten alle geplanten Vorstellungen, wenn auch nur mit 200 Leuten im Publikum, durch ziehen. Aufgrund der großen Nachfrage setzten wir sogar noch Zusatzvorstellungen an.

Wie konnte man als Produzent die Zeit sinnvoll nutzen?
Als Komponist war die zusätzliche „freie“ Zeit sogar ein kleines Geschenk, man konnte sich intensiver mit der Musik beschäftigen. Im Produzententeam nutzen wir schnell die neue Technik der Online-Konferenzen und trafen uns regelmäßig über ZOOM. Das war sicher ein intensiverer Austausch als bei früheren Produktionen. Diese Technik wird die echte Begegnung sicher nicht ersetzen, kann sie aber in vielfacher Hinsicht sinnvoll ergänzen.

Es wurde Sommer, alle Verantwortlichen haben positiv in die Zukunft geblickt und die „Swing Street“ konnte tatsächlich im September in die Proben starten. War bei den Proben irgendwas anders?
Natürlich war die Einhaltung der Corona-Regeln eine große Herausforderung. Abstand, Masken, Lüftungspausen usw. Aber man gewöhnte sich daran. Das ganze Ensemble musste regelmäßig zum Test und wir atmeten immer auf, wenn alle Tests negativ waren. Hätte nur einer den Virus gehabt, hätten wir natürlich große Probleme bekommen. Ein paar Vorschriften lösten wir auch sehr pragmatisch. Unsere Hauptdarsteller und die Swing Sisters zogen in Wohngemeinschaften, denn dann waren Berührungen auf der Bühne erlaubt, die bei einem Liebespaar natürlich unerlässlich sind. Im Ensemble hatten wir zudem zwei Pärchen, die tanzten nah, der Rest auf Abstand. Am Ende hat Gaines das so geschickt gebaut, dass es keiner merkte.

Hätte die „Swing Street“ ohne Corona anders ausgesehen?
Nicht wesentlich. Das Orchester wäre etwas näher und vor allem ohne Plexiglas-Trennwände gesessen und natürlich hätte das Ensemble viel näher agieren und mit mehr Berührungen arbeiten können. Zum Beispiel im Tanz. Aber der gesamte Look und die Inszenierung hätten nicht wesentlich anders ausgesehen.

Es gibt immer ein Licht am Ende des Tunnels. Die CD zum Musical ist gerade erschienen. Wie geht’s für die „Swing Street“ weiter?
Wir freuen uns sehr, dass nicht nur das Stadttheater Fürth eine Wiederaufnahme plant, sondern auch andere Häuser das Stück übernehmen wollen. Es hat für viel Begeisterung gesorgt und wird daher keine „Eintagsfliege“ bleiben. Allerdings ist die Planung aktuell herausfordernd, da alle Häuser regelrechte Produktionslawinen vor sich her schieben, die fertig geprobt, aber nicht aufgeführt sind. Ich denke, dass wir in der Spielzeit 2022/ 2023 Swing Street wieder erleben dürfen.


Interivew: Anna-Virginia