Zwischen zwei Welten – Halbblut bei den Karl May Spielen Bad Segeberg im Jahr 2025
Premierenwochenende am Kalkberg

Mit Spannung erwartet und fulminant eröffnet: Am 28. Juni 2025 – wie immer ein Samstagabend nach Mittsommer, feierte das neue Karl-May-Stück „Halbblut“ vor voll besetztem Haus Premiere im Freilichttheater am Kalkberg in Bad Segeberg. Die 72. Spielzeit rund um die legendären Abenteuer des Apachenhäuptlings Winnetou wartet mit einer spektakulären Inszenierung, prominentem Ensemble und einem hochaktuellen Plot auf. Erst zum vierten Mal in der umfassenden Geschichte der Karl May Spiele wird diese Erzählung am Kalkberg aufgeführt. Autor Michael Stamp hat die Vorlage zum zweiten Mal frei nach Karl May adaptiert.
Erzählt wird die Geschichte rund um Ik Senanda (Sascha Hödl), einem Mann zwischen zwei Welten. Als Halbblut geboren lebt er unter dem Beinamen „Die böse Schlange“ beim Stamm seiner Mutter, den Naiini-Comanchen. Zum Mann herangewachsen wird er sich nun bald seinem Schicksal und seiner Herkunft stellen. Sein Großvater Tokvi Kava – der schwarze Mustang (Joshy Peters) hasst die Weißen und hat seinen Enkel dazu erzogen, alle Bleichgesichter direkt als Feinde anzusehen. Die Comanchen planen, das nahe gelegene Eisenbahner-Camp Firwood zu zerstören und alle Menschen dort zu töten. Als „Yato-Inda – der gute Mann“ hat sich der Enkel des Häuptlings unter die Arbeiter der Atlantic and Pacific Railroad Company geschmuggelt. Von diesem Plan erfährt der Zuschauer zu Beginn der Inszenierung, wenn Ik Senanda nach einem erfolgreichen Waffenraubzug kurz in sein Dorf zurückkehrt. Nachdem er sich wieder auf den Weg ins Camp gemacht hat, schickt Tokvi Kava, Kita Ho-mascha (Felix Adams) hinterher um seinen Enkel zu überwachen. Der Häuptling ist so voller Zorn gegen die Weißen, dass er selbst seinem eigenen Fleisch und Blut nicht traut und ihn als Halbblut verachtet.
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Im Camp befinden sich neben der Eisenbahnstation noch eine Wäscherei und ein Saloon. Oberhalb des Camps prangt eine weiße Villa im Südstaatenstil. Der Vorarbeiter Jeremy Swan (Dustin Semmelrogge) treibt die Arbeiter an, denn sie liegen etwas hinter dem Zeitplan. Wieso das so ist, wird dem Zuschauer mit einem weiteren, heimtückischen, Sabotageakt durch den Ingenieur und Leiter des Camps, Charles Leveret (Francis Fulton-Smith), gezeigt. Dieser will, dass die Arbeiten an der Eisenbahn eingestellt werden und er so in Ruhe nach einer vermeintlichen Goldader suchen kann, die sich in der Nähe befinden soll.
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Winnetou (Alexander Klaws) und Old Shatterhand (Bastian Semm) feiern ein kurzes Wiedersehen, nachdem sie sich vor zwei Jahren (passend zur Chronologie der Erzählungen und der vergangenen Zeit im echten Bühnenleben), wiedersehen. Kaum vereint, trennen sie sich schon wieder um ihr Bestes zu geben, einen Krieg zwischen rot und weiß zu verhindern. Winnetou trifft bei den Comanchen auf Majestät (Harald Wieczorek), einem Westmann mit sehr viel Erfahrung und einem weit reichenden Ruf. Scharlih bekommt es im Camp der Eisenbahner mit einem alten Bekannten, dem Quacksalber Dr. Jefferson Hartley (Alexis Kara) sowie Professor Kasimir Obadja Timpe (Stephan Tölle), seinem Cousin (Philip Bergmann) und der Wäscherei Besitzerin Chen Lu (Philomene Authelet) zu tun. Im Saloon ist noch Sally Ann (Alina Arenz) zu finden, die sich in Ik Senanda verliebt hat. Ebenfalls trifft die Frau des Ingenieurs, Donna Leveret (Sonja Kirchberger) im Camp ein um ihren Mann wiederzusehen – sie ist nicht weniger verrucht als dieser. So spielt sich die Geschichte zwischen Eisenbahner-Camp und Indianerland ab.
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Nicolas König, bereits zum dritten Mal Regisseur am Kalkberg, führt das Publikum mit filmreifen Actionszenen, einem entgleisenden Zug, Explosionen und einem hoch emotionalen Finale durch ein episches Wildwestabenteuer. Die opulente Kulisse – bestehend aus Saloon, Südstaatenvilla und Comanchen-Dorf – liefert den Rahmen für ein Schauspiel, das sowohl treue Karl-May-Fans als auch neue Zuschauer in den Bann zieht.
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Die Inszenierung lebt, neben der Action, zudem von den vielen kleinen Gesten und Momenten, welche eingebaut wurden, den emotionalen, wie denen zum Schmunzeln. Am Anfang wünscht sich Jeremy Swan zum Beispiel ein Stück Schokolade – sobald er das nächste Mal mit der Kutsche in die Arena fährt, mümmelt er genüsslich an einer ganzen Tafel der Nervennahrung. Nach dem Kampf gegen Winnetou, stehen Ik Senanda und Old Shatterhand kurz Stirn an Stirn versunken da. Aber auch ein Old Shatterhand, der genüsslich im Terence-Hill-Stil seine Bohnen isst bis ein Charles Leverett seine Zigarre in dem Essen ausdrückt, runden die Inszenierung ab. Über die gesamte Spielzeit werden wir bestimmt noch mehr davon entdecken.
Inhaltsverzeichnis
zur Ansicht bitte das gewünschte Kapitel anklicken
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- Mit Herz, Kraft und Tiefe: Sascha Hödl begeistert als Ik Senanda am Kalkberg
- Starke Blutsbrüder: Winnetou und Old Shatterhand überzeugen als gleichwertiges Duo
- Joshy Peters als „Tokvi Kava – der schwarze Mustang“: Stimme, Erfahrung und emotionale Tiefe auf der Bühne in Bad Segeberg
- Dustin Semmelrogge kehrt in seiner dritten Spielzeit zurück
- Ein Buch, der geölte Blitz, Karate und jede Menge Quacksalberei
- Glanz und Gier: Sonja Kirchberger & Francis Fulton-Smith brillieren als düsteres Gangster-Ehepaar
- Verletzungen und Comebacks – die Karriere eines Western-Profis endet
- Adrenalin pur: Spektakuläre Stunts am Kalkberg
- Finale mit filmreifer Dramatik
- Fazit & Ausblick
- Video Regisseur Nicolas König Generalprobe
- Video Applausordnung Premiere 2025
- Video Premierenfeuerwerk 2025
- Bildergalerie
- Zugabe: Karl May Spiele 2025: Hinter den Kulissen von Halbblut (folgt demnächst)
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Mit Herz, Kraft und Tiefe: Sascha Hödl begeistert als Ik Senanda am Kalkberg
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Im Zentrum des Geschehens steht Sascha Hödl als Ik Senanda – „das Halbblut“. Er begeistert gleichermaßen mit kraftvoller Präsenz und emotionaler Tiefe. Der österreichische Schauspieler, der bereits in seiner Heimat in Winzendorf als Winnetou zu sehen war, begann seine Karriere 2018 bei den Karl May Spielen in Bad Segeberg als Stuntmen. Kurzfristig übernahm er jedoch die Rolle des Yuma-Shetar in der damaligen Inszenierung von „Die Felsenburg“. Verletzungsbedingt fiel Max König für die Pressekonferenz, Premiere und ersten Vorstellungen aus. Seither ist Hödl Jahr für Jahr am Kalkberg dabei und hat sich in die Herzen des Publikums geschlichen.
Er schafft es immer wieder, neue Facetten in seinen Rollen zu zeigen. Mit Ik Senanda beweist Sascha Hödl erneut, warum er seit seiner ersten Spielzeit ohne Unterbrechung zum Ensemble gehört. Sein Spiel ist geprägt von Leidenschaft, Präzision und einem tiefen Verständnis für die dramatische Welt seiner Figur. Wer die Karl-May-Spiele 2025 besucht, erlebt mit ihm einen Darsteller, der Herz und Körper gleichermaßen in den Dienst seiner Rolle stellt.

Hödl bringt den Konflikt der Figur mit großer Authentizität auf die Bühne, überzeugt mit einem eindrucksvollen Spagat zwischen energiegeladenem Actionheld und innerlich zerrissener Seele. Körperlicher Einsatz, seine Erfahrung als Stuntmen und emotionale Ausdruckskraft prägen seine Darstellung des Halbbluts. Damit verleiht er der Rolle nicht nur Intensität, sondern auch Tiefe – und sorgt für unvergessliche Momente.
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Ihm zur Seite steht Alina Arenz als „Sally Ann“, die im Firwood Camp die Gäste des Saloons bewirtet und diese hin und wieder mit ihrer Gesangskunst bei Laune hält. So bringt sie „Stand by your Man“ zum Besten. Das ist genau das, was sie in ihrer Rolle macht. Sie ist in das Halbblut verliebt, steht für ihn ein, auch wenn er sie im ersten Moment doch wieder von sich weist, bleibt sie ihm treu – am Ende erleben die beiden zum Glück ihr Happy End. In ihrer ersten Spielzeit am Kalkberg weiß die Sängerin zu überzeugen und erhält allerseits viel Zuspruch für ihre Darstellung, besonders für ihre gesanglichen Künste.
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Starke Blutsbrüder: Winnetou und Old Shatterhand überzeugen als gleichwertiges Duo

Alexander Klaws, der in seinem fünften Jahr als Winnetou nicht nur mit seiner Präsenz, sondern auch mit stiller Würde glänzt, hat sich mit seiner Darstellung in die Herzen der Zuschauer gespielt.
Besonders unter die Haut geht in diesem Jahr eine Szene, in der Winnetou mit einem eindringlichen Monolog die Gleichwertigkeit aller Menschen betont – eine Botschaft, die angesichts aktueller Diskussionen über Herkunft und Identität besonders relevant erscheint.
Mit ruhiger Entschlossenheit spricht er zum Publikum:
„Das Gute und das Böse gibt es in jeder Hautfarbe.“
Dieser Satz trifft mitten ins Herz. Er steht sinnbildlich für die zentrale Aussage des Stücks: Herkunft und Äußerlichkeiten sind bedeutungslos, wenn es um die Frage nach Menschlichkeit, Anstand und Gerechtigkeit geht. Der Moment zählt zu den emotionalen Höhepunkten der Aufführung und bleibt lange im Gedächtnis.
Leider gibt es auch wieder lange Diskussionen um den Sinn, ob so etwas überhaupt im Stück platziert sein sollte. Die Figuren des „Winnetou“ und „Old Shatterhand“ stehen nun mal für den romantischen Traum von Völkerverständigung und Frieden. So haben sich die Figuren über die Jahre entwickelt, besonders der „Winnetou“ in Bad Segeberg hat in jedem Jahr einen Monolog, welcher zum Nachdenken anregen soll.
Schön zu sehen ist, dass Winnetou im Kampf mit Ik Senanda auch mal strauchelt und am Boden liegt. Selbst im Kampf am Anfang, wenn die Blutsbrüder zum ersten Mal gegen die Comanchen antreten gibt es einen Moment, in welchem Winnetou strauchelt – in der Pressekonferenz sah es wirklich so perfekt aus, das man dachte, Klaws fällt in dem Moment als Klaws – doch bei der Premiere war es dieselbe Situation. Es kann Zufall gewesen sein oder es hat gefallen diesen Effekt zu erzeugen. Wer weiß das schon… – in jedem Fall ist Klaws in der Rolle des edlen Apachen gut aufgehoben.

In diesem Jahr darf Alexander Klaws auch wieder näher Kontakt zur Adlerdame Mali aufbauen, welche den spirituellen Part von „Koointa“ übernimmt. In der Generalprobe und bei der Premiere wollte dies vor Publikum noch nicht auf Anhieb gelingen – aber es blieben noch 71 Vorstellungen dafür über – wie Klaws selbst in der Premiere bemerkte. Die „Ohs“ und „Ahs“ des Publikums erklangen jedoch wie immer. Diese Moment, wenn der Adler über die Köpfe der Menschen hinweg schwebt, landet und wieder abhebt ist einfach atemberaubend. Egal ob Mali dann ihr Ziel findet oder nicht. Am Sonntag nach der Premiere hat´s jedenfalls geklappt.
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An Alexander Klaws Seite überzeugt erneut Bastian Semm in der Rolle des Old Shatterhand. Die gute Chemie zwischen den Blutsbrüdern ist spürbar, ihr Zusammenspiel von Freundschaft geprägt. Wie Semm selbst schon nach der Pressekonferenz während der Interviews bemerkte, dürfen Winnetou und Old Shatterhand im „Halbblut“ mehr als Team agieren, wenn sie zusammen auf der Bühne sind. Zwar reitet Scharlih immer zwei Schritte hinter dem Apachen, aber dies ist im ersten Moment mehr der Anatomie der Bühne geschuldet und einem temperamentvollem Hatatitla. Cajou, so der Name von Semms Pferd, zeigte sich am Premierenwochenende sehr aufgeregt. Während der Spielzeit, wenn die Routine aufkommt, wird sich Cajou die Situation mit Publikum gewöhnen und bestimmt ruhiger werden. Während den ersten Vorstellungen jedoch brauchte es sehr viel Zuwendung durch beruhigende Halsklopfer des Reiters. Bei der Applausordnung der Vorstellung am folgenden Sonntag schlug Cajou sogar einen nicht unerheblichen Haken und steuerte Richtung „Pudding“ (den Ponton in der Mitte der Bühne). Hier konnte Semm sein Können als erfahrener Reiter unter Beweis stellen und schaffte es, das Pferd im vollen Galopp auf den richtigen Weg zu bringen.
Sobald Winnetou und Old Shatterhand zusammen in der Arena stehen agieren sie ebenbürtig – nicht so wie in früheren Inszenierungen bei denen Karl Mays alter Ego meist nur dabei war, weil er dabei war. Dennoch tut die Trennung, gleich nachdem sie sich wieder getroffen haben, der Figur des Old Shatterhands gut. Die Interaktion mit den Bewohnern und den Durchreisenden im Firwood Camp, wie dem Doktor und dem Professor, lassen ihn atmen und den Fokus auf ihn richten. Schließlich ist er neben „Old Shatterhand“ im wilden Westen als Kara Ben Nemsi im Orient bekannt, wo er meist der alleinige Held ist.
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Joshy Peters als „Tokvi Kava – der schwarze Mustang“: Stimme, Erfahrung und emotionale Tiefe auf der Bühne in Bad Segeberg
Joshy Peters, ein wahres Urgestein am Kalkberg, begeistert 2025 als Tokvi Kava – der schwarze Mustang. Diese Rolle ist ihm wahrlich auf den Leib geschrieben. Mit seiner unverwechselbaren Stimme und seiner beeindruckenden Bühnenpräsenz ist Peters nicht nur ein Publikumsliebling, sondern ein unverzichtbarer Teil des Ensembles am Kalkberg.
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Bereits vor 38 Jahren stand Joshy Peters das erste Mal in Bad Segeberg auf der Bühne – eine Karriere, die ihresgleichen sucht. Heute kämpft er zwar nicht mehr wie früher mitten im Getümmel, doch sein Auftritt hat nichts an Wirkung verloren. Im Gegenteil: Seine eindringliche Stimme verleiht der Figur Tokvi Kava eine außergewöhnliche emotionale Wucht, die das Publikum in ihren Bann zieht.
In „Halbblut“ durchlebt nicht nur Ik Senanda eine tiefgreifende Entwicklung, sondern auch Tokvi Kava: aus dem Rache suchenden Häuptling und trauernden Vater, der nach so vielen Jahren immer noch schwer am Verlust seiner Tochter trägt, anstatt sich seines Enkels zu erfreuen, wird ein geläuterter Großvater. Der innere Konflikt, der ihn seit langem begleitet haben muss, tritt deutlich hervor und prägt seine Entscheidung, sich den guten Absichten der Blutsbrüder anzuschließen. Auch wenn die Wandlung für einige Zuschauer vielleicht überraschend schnell geschieht, wird spürbar: Schmerz und Reue lagen schon immer unter der Oberfläche dieser vielschichtigen Figur.

Leider kann er in seiner Rolle das Finale nicht mehr bestreiten und stirbt einen der emotionalsten Bühnentode, welche es je am Kalkberg gab.
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Dustin Semmelrogge kehrt in seiner dritten Spielzeit zurück
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In der Rolle des Jeremy Swan, einem leicht überdrehten, aber unterhaltsamen Charakter, bringt er mit viel Witz und Charme das Publikum zum Lachen. Denn obwohl die Figur als Vorarbeiter fungiert, ist er alles andere als der hellste Stern am Firmament. Als er sich Charles Leverett und seinem düsteren Vorhaben anschließt, wird er zum typischen Handlanger der die Drecksarbeiten erledigt. Zwar hat Swan das Vorhaben am Anfang hinterfragt, aber sein zukünftiger Boss hatte ein paar gute Argumente im Lauf seiner Waffe (hier kam ebenfalls die Uhr zum Einsatz, welche Francis Fulton-Smith als Symbol für seine Rolle im März überreicht bekam). Getrieben von Goldgier schließt Swan sich dem Bösen an – bis zu dem Moment, in dem Zweifel an ihm nagen.

Im fulminanten Finale versucht er, sich von seinen dunklen Machenschaften loszusagen, bekommt aber nun doch die Argumente am eigenen Leib zu spüren. Eine Szene, die im explosiven Showdown fast untergeht – und das Ende seines Charakters markiert.
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Ein Buch, der geölte Blitz, Karate und jede Menge Quacksalberei
Stephan A. Tölle kehrt in seiner zehnten Spielzeit als Kasimir Obadja Timpe zurück – diese Figur spielte er schon 2010 in der letzten Inszenierung von Halbblut. 2025 nun allerdings ist dieser Part komplett neu angelegt. Bei seinem ersten Auftritt springt er wie ein Flummi die Treppen an Block A, passend zu jedem Wort, herunter. Wo Dr. Snuggles noch seinen Regenschirm nutzte, schafft Professor Timpe die Stufen springend im Handumdrehen und schwingt dabei seinen Gehstock. Ihm immer auf den Fersen ist sein Bühnencousin Hasael Timpe, dargestellt von Philip Bergmann. Seine Rolle ist stumm, aber er hält immer das Buch in den Händen, aus welchen sich Professor Timpe all sein Wissen zusammengelesen hat. Wenn ein Kampf ansteht oder es darum geht etwas zu wissen, wird das Buch zitiert oder erst in diesem nach einer Lösung gesucht. So auch als der Professor mit seinem Cousin, dem Quacksalber Hartley und der Waschhausbesitzerin Chen-Lu eine Konfrontation mit den Comanchen geraten.

Während die drei Herren in dem Buch nach einer Lösung suchen, kann Neuzugang Philomène Autelet zeigen, was sie kann. Wie ein Stehaufmännchen springt sie durch die Arena und „vermöbelt“ ihre Kollegen vom Stuntteam aufs feinste. Das gefällt nicht nur dem Professor, sondern auch Dr. Hartley. Hier wurde eingebaut, dass sich die Herren, welche gern das ein oder andere Wort zu viel reden, in die agile Wäschereibesitzerin vergucken – wen Sie dann am Ende wohl wählt?
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Alexis Kara, bekannt aus der heute-show, feiert Karl-May-Debüt als raffinierter Dr. Jefferson Hartley und versucht zunächst im Firwood-Camp seine Mixturen an den Mann zu bringen und kommt dabei selbst in den Genuss seines Haarwuchsmittels. Als Resultat jagt er den halben Saloon in die Luft. In guter alter Stummfilm-Manier a lá Buster Keaton fällt die Front so, dass er, der Professor und sein Cousin passend in den Fenstern und in der Tür stehen. Im inneren sieht man einen perplexen Old Shatterhand, der sich gerade rasiert. Praktisch ist aber, dass die Tische und Stühle des Saloons an der Wand befestigt sind und gleich mit herunterfallen.
Im Zusammenspiel mit Stephan Tölle harmoniert er – und er reitet. Später im Stück sitzt er tatsächlich auf einem Pferd – und das ist für die Darsteller, die für die Komik zuständig sind, sehr, sehr selten. Für seinen ersten Auftritt wird er jedoch hinein kutschiert und auf der Kutsche befindet sich sein kleiner Krämerladen. Dieser ist mit jeder Menge Krims und Krams rund um seine Tinkturen ausgestattet, wie man sehen kann, wenn er geöffnet ist. Hier steckt die Liebe im Detail.
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Kurz vorm Finale darf auch der stumme Has zeigen was er kann, denn es ergibt sich eine scheinbar ausweglose Situation im Kampf gegen Jeremy Swan und ein paar seiner Arbeiter. Es gab jedoch einige Zuschauer, welche seinen Moment im Stück nicht verstanden – so wie viele junge und jüngere Menschen nichts mit „Fackeln im Sturm“ anfangen können. Im Film „X-Men – Zukunft ist Vergangenheit“ gibt es den Mutanten „Quicksilver“, welcher sich schneller als das Licht bewegen kann. Zusammen mit den Figuren Wolverine und Xavier befreit dieser den im Pentagon eingesperrten Mutanten Magneto. Und eben bei dieser Befreiungsaktion kommen sie nur ins Pentagon rein und wieder raus, in dem Quicksilver das macht, was er eben kann. Schnell sein wie ein geölter Blitz. Und genau das wurde nun auf die Bühne gebracht. Im Film läuft die Szene in Slow Motion ab, das geht zwar im Theater nicht wirklich, aber dennoch ist dieser Moment gut umgesetzt.

Der Doktor erinnert den Professer daran, dass er doch Has mit „Geölter Blitz“ ansprechen soll. Er tut dies kurz vor der endgültigen Konfrontation mit den Comanchen und alle auf der Bühne verfallen in eine Starre. Has nutzt diese Zeit um wie ein geölter Blitz den Bösewichtern die Waffen aus den Händen zu nehmen und den Guten diese in die Hände zu legen. Fäuste werden so hingeschoben, dass die Leute von Swan diese ins Gesicht bekommen werden. Auf einen Schlag erwachen wieder alle aus ihrer Starre und eine kleine Kettenreaktion beginnt und die Bösen sind ausgeknockt. Der Großteil des Publikums hat diesen Moment honoriert, aber es gab eben auch diejenigen, die das nicht verstanden haben.
So geht es Richtung Finale – und es zeigt einmal mehr, dass man es gut schaffen kann, für alle Generationen und die unterschiedlichen Geschmäcker und Vorlieben etwas in die Stücke einbauen kann, um den Zauber für jeden in einer Art zu erhalten oder neu zu erwecken.
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Glanz und Gier: Sonja Kirchberger & Francis Fulton-Smith brillieren als düsteres Gangster-Ehepaar
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Die promotionträchtigen Schauspieler, die in diesem Jahr neben Alexander Klaws das Plakat (überragend in Szene gesetzt von Samson Götze) zieren, sind Sonja Kirchberger, die als Südstaatenlady einen eleganten Kontrapunkt zum rauen Westernmilieu setzt und Francis Fulton-Smith, welcher ihren Ehemann Charles Leveret – einen kaltblütigen Ingenieur, mimt.
Kirchberger überzeugt als Südstaatenlady Donna Leveret mit Eleganz, Raffinesse und einer gewissen Wildheit. Ihre leuchtenden Katzenaugen, die schon von weitem funkeln, unterstreichen die Angriffslust ihrer Figur. Donna ist nicht nur charmant – sie ist auch gerissen. Mit flinken Händen gelingt es ihr, die Karte zur sagenumwobenen Bonanza der Naiini-Comanchen an sich zu bringen. Der raffinierte Diebstahl auf der Bühne geschieht so schnell, dass selbst aufmerksame Zuschauer zweimal hinsehen müssen – ein echtes Bühnenhighlight, das an den Taschendiebstahl von Nicolas König höchstselbst in seiner Rolle des „Buttler“ aus „Der Ölprinz“ von 1993 erinnert.
Francis Fulton-Smith gibt einen skrupellosen Ingenieur mit eiskaltem Blick. Seine Rolle ist geprägt von Machtgier und Zynismus. Besonders auffällig: seine diabolische Lache, die bereits bei der Pressekonferenz für Begeisterung sorgte und den Charakter untermalt.

Gemeinsam verkörpern Kirchberger und Fulton-Smith ein skrupelloses Ehepaar, das mit allen Mitteln versucht, die goldreiche Bonanza zu erobern und die „guten alten Zeiten“ des amerikanischen Südens wieder aufleben zu lassen – selbst wenn das bedeutet, über Leichen zu gehen. Inklusive vieler Anspielungen auf „Fackeln im Sturm“, „Vom Winde verweht“ und auch Daphne du Mauriers „Rebecca“ in Form von der Erwähnung des Leveret-Anwesens „Manderley“ in einer Traumsequenz.
Diese wurde opulent inszeniert. In wallenden Ballkleidern und farblich auf jedes Kleid abgestimmten Uniformen tanzt eine komplette Ballgesellschaft einmal von links nach rechts über die Bühne. Die Reiter umkreisen in der Uniform der Südstaaten einmal die Arena, Geiger und Hauspersonal, welche Wimpel mit den Farben der Südstaaten aufhängen, erscheinen für einen Wimpernschlag auf der Bühne. Ob es für das Ehepaar so ein gutes Ende nehmen wird, wie sie es sich erträumen?
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Verletzungen und Comebacks – die Karriere eines Western-Profis endet
Der Generationenwechsel am Kalkberg ist bei den Darstellern längst im vollen Gange und in diesem Jahr verabschiedet sich Harald P. Wieczorek von der Bühne in Bad Segeberg. Sein Debüt gab er 1979 als Stuntmen, 1984 spielte er schon die Rolle des Wohkahdeh in „Unter Geiern“. 1985, übernahm Wieczorek mit dem „Ölprinzen“ erstmals eine Titelrolle – ein Meilenstein, der zugleich mit einem tragischen Ereignis verbunden war. Er führte den finalen Stunt vom Ölturm selbst durch doch während einer Vorstellung zündete eine Benzinbombe verfrüht. Brennend stürzte Harald Wieczorek in das Wasserbecken am Fuße des Turmes. Vier Wochen später war er zurück in der Arena – und wiederholte den gefährlichen Stunt. Mit Pierre Brice spielte er in dessen ersten Jahr in Bad Segeberg und in seiner Halbblut-Inszenierung von 1999 übernahm Wieczorek die Rolle des Gegenspielers Kita-Homasha. Dort lieferte er sich mit Nicolas König einen intensiven Zweikampf. Ein schwerer Sturz mit dem Pferd jedoch führte dazu, dass er seine Rolle für den Rest der Saison abgeben musste. So kehrte Joshy Peters an den Kalkberg zurück und ist seitdem durchgängig im Ensemble.

Die Reihe der Unfälle riss jedoch nicht ab. In der „Schatz im Silbersee“, der Jubliläums-Saison 2001 (die Spiele feierten ihr 50-jähriges Bestehen) verletzte Wieczorek sich bei einem Sturz von einer nassen Treppe schwer am Knie und musste erneut in seiner Rolle ersetzt werden. Dennoch kehrte er immer wieder auf die Bühne zurück. Seither blieb er jedoch glücklich von weiteren Unfällen verschont. Jedoch avancierte er zum dem Darsteller, der in den Inszenierungen meist mit den Füßen nach vorn aus der Arena getragen wurde. Es gab sogar Inszenierungen in denen der bis zu 3x erschossen wurde.
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2025 mit nun stolzen 77 Jahren spielt Wieczorek seine letzte Saison am Kalkberg. Er überlebt diese sogar bis zu seiner letzten Szene auf der Bühne: „Ich bin nicht verletzt! Ich lebe noch!“ hört man ihn aufgeregt rufen, während er seinen Oberkörper ungläubig abtastet. Dies geschieht nachdem sich der eben beschriebene Slow-Motion-Moment aufgelöst hat. Kurz darauf darf er sich in jeder Vorstellung vom Publikum verabschieden: „Es war mir eine Ehre!“ – uns auch, lieber Harald!
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Adrenalin pur: Spektakuläre Stunts am Kalkberg
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Gleich am Anfang der Inszenierung kann „Stunt-Operations“- das Team rund um Dr. Steve Zigeti, zeigen was es kann. Als Comanchen Krieger zeigen Sie Ihre Künste zu Pferd sowie mit Pfeil und Bogen. Ob als „brennender Mann“ – der eigentlich in keiner Inszenierung fehlen darf – oder als Double einer der Hauptdarsteller. Es tut uns leid, wenn wir hier so manchem nun die Illusion nehmen, dass die Schauspieler die waghalsigsten Stunts hoch oben in den Kulissen selbst ausführen. Fakt ist, dass es nicht nur bei Film- und Fernsehen ein identisches Double ist, welches in den höchsten Höhen oder in der Nähe von Feuer agiert. Dafür ist es einfach zu riskant, dass den Darstellern etwas passiert. Doch durch Kostüm, die Maske und das einstudieren identischer Bewegungen ist die Illusion perfekt. Ein weiteres Können ist es, in jeder Vorstellung das gesprochene Wort und die Bewegungen auf einen Punkt zu bringen. Hier arbeiten die Schauspieler eng mit ihrem Double zusammen, damit dies gut gelingt. Natürlich machen die Schauspieler und auch die Statisten in einem gewissen Rahmen viel selbst – aber an die brenzligen und gefährlichen Sachen dürfen halt nur die Profis – und das ist auch gut so. Das Stuntteam liefert so adrenalingeladene Live‑Action in Perfektion. Fans und Familien kommen gleichermaßen auf ihre Kosten, wenn das Team unter Profibedingungen Spannung ins Freilichttheater bringt.
Zum Stuntteam gehört außerdem Felix Adams, der in diesem Jahr zusätzlich die Rolle des „Kita-Ho-Mascha“ übernimmt. Dies ist nicht die erste, kleinere Sprechrolle für ihn. Seit seinem ersten Mitwirken bei den Karl May Spielen hat er sich nicht nur durch sein Können als Stuntmen, sondern auch durch seine Bühnenpräsenz ins Gedächtnis gebrannt. Wer erinnert sich nicht an die „Mission Impossible“ von 2023 als er als Will Parker am Seil hängend Sam Hawkens aus der Hütte befreite? Im letzten Jahr war er unter anderen der arme Mr. Fenders, der mit seinem Geschäft in die Luft gesprengt wurde. In der Tat freuen wir uns darauf, mehr von ihm zu sehen. Zusammen mit Sascha Hödl ist einer einer der nächsten Darsteller, welcher zuerst in einer anderen Position seine Zeit am Kalkberg begann und dann größere Rollen übernahm. In fast jeder Dekade seit Gründung der Karl May Spiele Bad Segeberg war dies der Fall.
Finale mit filmreifer Dramatik
Das Finale ist ein echtes Highlight. Im Zentrum steht zunächst die Villa der Leverets: Old Shatterhand versucht mit aller Kraft zu verhindern, dass Charles Leveret das Gebäude in Brand setzt. Schauspieler Francis Fulton-Smith sorgt für Gänsehaut, als er mit einer brennenden Fackel in der Hand auf seinen Kollegen Bastian Semm losgeht. Doch die eigentliche Überraschung folgt sogleich – der Ingenieur entkommt spektakulär mit einer Seilbahn auf die andere Seite der Arena. Der Clou: auf das Seil hat man im Publikum kaum geachtet – ein echter Wow-Moment, der für Staunen sorgt.

Kaum auf der anderen Seite angekommen wirft Charles Leveret wild mit Sprengstoff um sich und erschießt im Vorbeilaufen Jeremy Swan. In dem Moment, in dem man glaubt, nichts könne die Seilbahnfahrt noch toppen, rauscht Winnetou selbst ebenfalls per Seilbahn in die Arena. Eine weitere Überraschung, die das Publikum begeistert.
Währenddessen hat Old Shatterhand sich zu den Bahnschienen vorgekämpft, um die Tür zu Sally Anns Gefängnis auf zuschießen – sie war zuvor von den Leverets entführt worden. Ik Senanda nutzt die Gelegenheit zur Befreiung. Doch die Lage spitzt sich weiter zu: Donna Leveret nähert sich mit einem Zug, während Winnetou in luftiger Höhe auf einem Kran gegen Charles Leveret kämpft. Der Bösewicht schleudert weiterhin Dynamit und trifft schließlich die Bahnschienen. Eine massive Explosion folgt – ein Turm stürzt ein, fällt auf die Gleise und reißt den Zug mitsamt Donna Leveret in die Tiefe. Hier knallt und scheppert es mit spektakulären Explosionen an allen Ecken und Enden – die Pyrotechnik hat hier wieder ihr Bestes gezeigt.

Nach der Generalprobe wurde die Inszenierung bereits frenetisch vom Publikum gefeiert. Traditionell kommen die Schauspieler nach der letzten Szene der Generalprobe nicht wieder auf die Bühne, denn sich vor der Premiere für Applaus zu bedanken, bringt nach alter Theatertradition Unglück. So hatte es Nicolas König vor der Vorstellung angekündigt. Besonders am Kalkberg hält man sich an diese Tradition. Als König nun eben nach der Generalprobe auf die Bühne trat, hörte der Applaus nicht auf. Das Publikum jubelte und wurde immer lauter und wollte gar nicht aufhören zu applaudieren und letztendlich standen alle im Publikumsraum – und das hat es noch nie gegeben. Nicolas König war völlig perplex und wusste gar nicht, was er sagen sollte. Beweis genug, dass die Inszenierung beim Publikum angekommen ist.
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Fazit & Ausblick
Die Karl-May-Spiele 2025 zeigen mit „Halbblut“ eindrucksvoll, wie man Tradition mit frischer Erzählweise und moderner Figurenzeichnung verbinden kann. Natürlich gibt es genug Stimmen, die sich hier und da eine anderen Umsetzung gewünscht hätten, aber die Besucherzahlen in jedem Jahr sagen etwas anderes aus. Noch bis zum 7. September laufen die Vorstellungen und man kann donnerstags bis samstags um 15 und 20 Uhr, sonntags um 15 Uhr für ein paar Stunden in eine Welt eintauchen, in der man sich einfach nur wohlfühlen sollte. Wer das Spektakel am Kalkberg noch nicht gesehen hat, sollte sich beeilen: „Halbblut“ ist großes Freilichtkino mit Herz, Feuer und Tiefgang.
Sei dabei, wenn Winnetou und sein Blutsbruder, das „Halbblut“ Ik Senanda, und ein bunter Cast aus Altbekannten und Neuentdeckungen die Bühne erobern. Ein Highlight für Fans und Neugierige – ein unvergesslicher Theatertag unter freiem Himmel!
Im nächsten Jahr wird „Im Tal des Todes“ gezeigt. Vom 27. Juni bis zum 06. September 2026 wird die Geschichte rund um die Abenteuer von Winnetou auf der Suche nach dem Mörder Santer weitergeführt. Wir dürfen gespannt sein, was uns dann erwartet und wie die Inszenierung ausfallen wird.
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Video Regisseur Nicolas König Generalprobe
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Video Applausordnung Premiere 2025
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Video Premierenfeuerwerk 2025
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Bildergalerie
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Bericht und Bilder: Claudia Künne / Nathalie Brandt



















































































