Winterhuder Fährhaus 2024: Sherlock Holmes und der Fall Moriarty

© Franziska Strauss

Premiere: 08. November 2024 – rezensierte Vorstellung: 10. November 2024

Das komödiantische Theaterstück „Sherlock Holmes und der Fall Moriarty“ bietet eine erfrischende, humorvolle Interpretation der klassischen Detektivgeschichte um den Meisterdetektiv Sherlock Holmes und seinem ewigen Rivalen Professor Moriarty. Mit einer gelungenen Mischung aus Slapstick, Wortwitz und cleveren Anspielungen auf die Originalgeschichten von Arthur Conan Doyle schafft das Stück von Ken Ludwig (Deutsche Übersetzung von Michael Raab) eine unterhaltsame Bühnenadaption, die sowohl eingefleischte Holmes-Fans als auch Neueinsteiger anspricht.

Die Handlung dreht sich um einen großen Skandal: der König von Böhmen ist durch eine außereheliche Affäre in Bedrängnis geraten und sucht Hilfe beim berühmtesten Detektiv der Welt: Sherlock Holmes (Jan Sosniok). Dieser wird bei der Lösung des Falls unterstützt von seinem treuen Freund und Mitbewohner Dr. Watson (Manuel Mairhofer). Mairhofer führt in seiner Rolle als Watson gekonnt als Erzähler durch das Geschehen des Stückes. Ganz nebenbei wird durch seine Hilfe und ein paar Handgriffen z.B. das Appartement des Meisterdetektivs zum Londoner Bahnhof samt Eisenbahn. Schon nach kurzer Zeit steht fest, dass Sherlocks einstiger Mentor und nun größter Widersacher Professor Moriarty (Alexis Kara) hinter den Geschehnissen steckt. Doch nicht nur Holmes ist hinter Moriarty her. Auch Irene Adler (Anna Julia Antonucci) macht sich auf die Suche nach dem Oberganoven. Dabei verdreht sie Sherlock gehörig den Kopf, was dieser so gar nicht gewöhnt ist.

© Franziska Strauss

Während Jan Sosniok und Manuel Mairhofer den ganzen Abend in ihrer einen Rolle bleiben, schlüpfen Alexis Kara, Anna Julia Antonucci und Katy Karrenbauer in die unterschiedlichsten Kostüme um sämtliche Personen darzustellen, die für die Handlung des Stückes von Belang sind. Dabei kommt es dann mitunter auch zu lustigen Begebenheiten, etwa wenn der Schaffner im rosa Rock, aber zumindest mit stilechtem Jackett, die Abfahrt des nächsten Zuges auf Gleis 9 3/4 bekannt gibt.

Die Regie (Jan Müller, Daniel Krauss, Regieassistenz: Lea Fassbender) unterstreicht den komödiantischen Ansatz mit pointierten Dialogen und einer dynamischen Erzählweise. Die fünf Darsteller brillieren in ihren Rollen. Allen voran die drei Schauspieler, die ständig innerhalb von wenigen Minuten in andere Rollen schlüpfen müssen. Dazu gehört nicht nur ein sekundenschneller Kostümwechsel (Kostüme Jan Müller, Lilja Seibicke), sondern auch das Switchen zu anderen Dialekten und Stimmfarben.

© Franziska Strauss

Manuel Mairhofer spielt Dr. Watson, den Erzähler des Stückes, sehr überzeugend. Es macht Spaß ihm und der Entwicklung der Geschichte zu folgen. Neben ihm Jan Sosniok als Sherlock Holmes, der mit einer Mischung aus überheblicher Eleganz und überzogener Exzentrik das Publikum zum Lachen bringt. Die Nebenfiguren – von Mrs. Hudson und Daisy (Katy Karrenbauer) bis hin zu einer Gruppe von Straßenkindern – tragen mit skurrilen Eigenheiten und spritzigen Dialogen zur allgemeinen Komik bei.

Das Bühnenbild (Jan Müller) ist einfach, aber zweckmäßig gestaltet. Durch Öffnen oder Schließen von Türen und Klappen sowie dem Drehen und Umhängen von Bildern, entstehen im Nu unterschiedliche Räume (z.B. Sherlocks Appartement oder die böhmische Botschaft) oder auch ein Bahnsteig mit Zügen und ein Berg mit Wasserfall. Nur noch schnell die zwei gelben Sessel hin und her schieben, fertig ist der neue Raum.

Die größte Stärke des Stücks liegt zweifellos in seinem Humor. Die Inszenierung spielt gekonnt mit den Klischees der Sherlock-Holmes-Geschichten, ohne sie zu persiflieren. Fans werden zahlreiche versteckte Anspielungen auf die literarischen Vorlagen entdecken, während das Tempo und der Witz auch diejenigen abholen, die mit den Originalgeschichten weniger vertraut sind.
Allerdings könnte der teilweise leicht überdrehte Stil für einige Zuschauer zuweilen überwältigend wirken (Inspektor Lestrade beispielsweise wird auf den Knien rutschend dargestellt). Manche Szenen wirken etwas überladen und nicht jeder Gag zündet gleichermaßen.

SHERLOCK HOLMES UND DER FALL MORIARTY ist eine spritzige, unterhaltsame Komödie, die klassische Detektivgeschichten auf den Kopf stellt und dabei mit viel Charme und Witz punktet. Die liebevoll überzeichneten Charaktere und die humorvolle Inszenierung machen das Stück zu einem kurzweiligen Theatererlebnis, das sich vor allem für einen lockeren Abend mit Freunden oder Familie eignet. Fans des Meisterdetektivs sollten sich darauf einstellen, ihn von einer ungewohnt komischen Seite zu erleben – und genau das macht den Reiz dieser Inszenierung aus.

Besetzung des Abends:

  •  Jan Sosniok
  • Manuel Mairhofer
  • Alexis Kara
  • Anna Julia Antonucci
  • Katy Karrenbauer

Vielen Dank an das Winterhuder Fährhaus für die Einladung!


Artikel von Mareike & Heidi