Wie man Karriere macht ohne sich anzustrengen

 Volksoper Wien 2017

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Am 21. Februar hatte ich das große Glück und durfte Teil einer der Previews von “How to succeed in business without really trying” sein. Um ehrlich zu sein, ein langer und auch nicht unbedingt sehr umgänglicher Titel, doch der Name ist von der ersten Sekunde an Programm. Vor der Premiere am Samstag hatte ich also die Chance, mir einen ersten Eindruck der Darsteller und der Show selbst zu bilden, welcher in meinen Augen wirklich mehr als gut war.

Um zu Beginn kurz auf den Inhalt einzugehen: J. Pierpont „Ponty“ Finch arbeitet schon viel zu lange als Fensterputzer, doch mit Hilfe eines kleinen, augenscheinlich allwissenden, gelben Buches lernt er, sich die Karriereleiter im „World Wide Wopple“- Unternehmen nach oben zu arbeiten. Mit hilfreichen Tricks, einer Portion Charme und auch oftmals mit der einen oder anderen Notlüge, liebt ihn bald das ganze Unternehmen und selbst der Chef J. B. Biggley ist mehr als überzeugt von ihm. Auch eine Frau an seiner Seite findet er in der engagierten und schwer in ihn verliebten Rosemary. Doch mit jedem Schritt nach oben verstrickt er sich mehr in sein Gebilde aus Lügen und Tricks und droht, nicht nur seinen Job sondern auch Rosemary zu verlieren. Doch wie es sich gehört, kommt es im großen Finale zu einem versöhnlichen Happy End zwischen allen Parteien…

Die Wiener Aufführung in der Volksoper setzt das Musical von Frank Loesser (Musik & Text), Abe Burrows, Jack Weinstock und Willie Gilbert (Buch) in der Inszenierung von Hannover fort, so nahmen auch einige der Hauptdarsteller ihre Rollen wieder auf, lediglich das Ensembles wurde neu zusammengestellt und fast zur Gänze durch das saisonale Hausensembles der Volksoper Wien gestellt.

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Um sich nun dem Stück selbst zu widmen, „How to succeed…“ besticht gleich in der ersten Sekunde mit einer wunderschönen Ouvertüre, fantastisch vorgetragen vom Orchester der Volksoper, welche viele der später wiederkehrenden Lieder anklingen lässt. Danach hebt sich der Vorhang und die überaus engagierten Darsteller führen den Zuschauer die nächsten rund 3 Stunden (inkl. 1 Pause) durch den Abend. Um die Vorführung zur Gänze genießen zu können, muss man sich jedoch bewusst sein, dass das Stück sich selbst nicht so ernst nimmt. Es gleicht eher einer satirischen Version der 60er Jahre und zeichnet sich durch klischeehafte Figuren und offensichtlich übertriebenem Spiel aus, doch genau darum geht es. Hat man sich damit angefreundet steht einem nichts mehr im Weg, um die volle Portion an Witz und Charme des Stückes aufzunehmen.

Durch die hohe Anzahl der reinen Schauspielszenen ist „How to succeed…“ zwar auf Anhieb für jedermann verständlich und man kann der äußerst unterhaltsamen Handlung problemlos folgen, jedoch fehlen meiner Meinung nach dadurch große musikalische Highlights. Die Lieder, die geboten werden, sind allerdings immer stimmig mit Choreographie und Gesang abgestimmt und werden hauptsächlich von den beiden Hauptdarstellern Peter Lesiak und Lisa Antoni vorgetragen. Sie ergänzen also wunderbar die Handlung. Musikalisch ein wirklicher Höhepunkt ist aber auf jeden Fall die Schlussnummer „Bruderschaft der Welt“, welche in eine riesige Tanznummer des männlichen Teils des Ensembles mündet und zu Recht den größten Applaus des Abends erntet. Generell sind die Choreographien nie übermäßig schwer, jedoch sehr ansehnlich und zur Szene passend vorgetragen, wodurch vor allem in der „Kaffee“-Szene ein hoher Unterhaltungswert entsteht.

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Als kleine Minuspunkte findet man lediglich die Lautstärke des Orchesters, welches ab und an etwas zu laut die Darsteller überschallte und der deutsche Text. Dieser scheint im Vergleich zu dem mir bekannten Original an einigen Stellen etwas einfach und plump übersetzt, doch dies ist offensichtlich nicht durch die Darsteller verschuldet, also tut es ihrem Spiel auch keinen Abbruch.

Im Zentrum der Show steht Peter Lesiak in der Rolle des jungen J. Pierpont Finch. Er füllt dieser Rolle zu 100 Prozent aus, denn er überzeugt 3 Stunden lang mit so viel Engagement und scheint niemals erschöpft oder müde zu sein. Er wirft mit Pointen um sich und sorgt damit für reichlich Lacher, aber auch die Gesangsparts meistert er ohne Probleme und wirft sich mit hoher Energie in jede Tanz- und Spielszene. Besonders hervorzuheben sind die Momente mit seinem kleinen Ratgeber, der als Off-Stimme zu ihm spricht, aber auch jene, in denen sich die Ratschläge bewahrheiten, und er dies stets mit einem begeisterten Lächeln quittiert. Er spielt eine wunderbare Bandbreite zwischen den vielen Facetten und Gefühlen des „Ponty“ und schafft so eine stimmige und vor allem glaubhafte Darstellung seines Charakters.

Lisa Antoni harmoniert wunderbar mit ihrem Spielpartner, überzeugt jedoch auch als eigene Figur als Sekretärin Rosemary. Sie spielt eine klischeehafte Frau der 60er Jahre, welche gerne ihr eigenes Leben für den Erfolg ihres Mannes hinten anstellt und lässt sich so vieles von „Ponty“ gefallen bis sie ihr finales Happy End bekommen. Stets steht sie ihm mit Rat und Tat zur Seite, gibt ihm aber auch den nötigen Konter. Im Vergleich zu ihrem letzten Engagement als Maria in West Side Story kann sie hier auch andere stimmliche Seiten zeigen und überzeugt auf ganzer Linie in ihren Solo-Gesangsparts, aber auch im Duett mit Lesiak. Unterm Strich macht sie das Beste, was man aus dieser doch eher kleineren und nicht allzu groß charakterlich ausgebauten Figur machen kann, und glänzt in ihren Momenten auf der Bühne.

Ihr charakterlicher Gegenpol ist eindeutig Ines Hengl-Pirkner in der Rolle der dümmlichen und quirligen Hedy LaRue. Die übers das ganze Stück verstellte quietschige Stimme muss der Darstellerin einiges abverlangen, doch sie zieht dies ohne Probleme durch und obwohl ihre Figur einem eigentlich die Nerven rauben sollte, amüsiert sie den Zuseher mit jeder ihrer Aktionen und ist stets so liebenswert, dass man ihr sogar den Fehler, der fast zum tragischen Ende führt, ohne weiteres verzeiht. Ein derart komisches Talent habe ich lange nicht mehr auf einer Musical-Bühne gesehen.

© barbara pálffy / volksoper

Weiters namenhaft zu erwähnen wären noch Robert Meyer, seit 2007 Direktor der Volksoper, in der Rolle des J. B. Biggley und Marco Di-Sapia in der Rolle seines dümmlichen Neffen Bud Frump. Meyer hat zwar kaum Gesangparts, doch seine Darstellung des stets verärgerten und von seiner Frau genervten Chefs der „World Wide Wopple“- Company spielt er mit viel Witz und sorgt damit immer wieder für Lacher. Auch im Zusammenspiel mit Hengl-Pirkner amüsiert es stets, ihm zuzusehen. Di-Sapia hingegen ist zwar eher ein Charakter, den man hassen möchte und der einen eigentlich auch nur auf die Nerven geht, doch eine derartige Figur zu verkörpern, verlangt einem Darsteller schon einiges ab und er gibt den nervigen Trottel in Bewegung, Stimme und Aussehen einwandfrei – eine Glanzleistung.

Alles in allem ist dieses Musical zwar nicht unbedingt ein Klassiker, aber ein sehr unterhaltsames und gut dargestelltes Stück, welches einem zu jeder Zeit einen entspannten Theaterabend beschert, an dem man mehr als oft zum Lachen kommt…absolut empfehlenswert, wenn auch nicht was für jedermann!


Artikel von Rebecca