Wie im Himmel – MusicalFabrik e.V. Rheda-Wiedenbrück 2022/2023
Ein Lied aufs Leben
10 Jahre MusicalFabrik e.V., sieben Produktionen und zuletzt zwei coronabedingte Absagen (Der Medicus & Claus). Aber nun durfte die MusicalFabrik e.V. endlich wieder etwas präsentieren und dabei durfte das noch relativ junge Stück WIE IM HIMMEL nicht fehlen. Das Musical basiert auf dem gleichnamigen Film. Für das Buch zeichnen sich Kay und Carin Pollak verantwortlich. Die Musik stammt von Fredrik Kempe und die Liedtexte von C. Pollak und F. Krempe. Die deutsche Übersetzung stammt von Gabriele Haefs und Roman Hinze.
WIE IM HIMMEL erzählt die Geschichte des gefeierten Dirigenten Daniel Dareus, welcher am Höhepunkt seiner Karriere einen Herzanfall erleidet und dringend entschleunigen muss. Sein Herz ist schwach, so kann er nicht weiterleben. Er reist zurück in seine Heimat nach Ljusåker und kann sich dort zunächst unerkannt ein neues Leben aufbauen.
Daniel lernt die Bewohner des Dorfes kennen. Da ist die lebenslustige Lena oder Arne, der umtriebige Dorfladenbesitzer. Arne lädt Daniel schließlich zu einer Chorprobe ein. Von der Unbefangenheit des Chores berührt, erkennt Daniel sein Lebensziel: Menschen durch Musik miteinander zu verbinden. Er nimmt schließlich die Kantorenstelle der Gemeinde an.
Nicht jeder im Dorf ist davon begeistert. Stig, der Pfarrer, lehnt Daniels unorthodoxen Methoden ab oder Conny, der trunk- und eifersüchtige Ehemann von Gabriella. Aber auch Siv, der bisherigen Chorleiterin sind die Veränderungen suspekt.
Mit der Zeit gelingt es Daniel aus dem eher Kaffeeklatsch interessierten Grüppchen einen Chor zu formen. Jeder Einzelne findet mit der Zeit seinen Ton und längst verschüttete Gefühle, Neid und Missgunst treten zu tage. Die Magie der Musik vereint schließlich die verschiedenen Charaktere, inklusive des gutmütigen dicken Holmfrid und des geistig behinderten Tore.
Lena und Daniel kommen sich immer näher, aber Daniel schafft es nicht ihr seine Gefühle zu offenbaren. Arne meldet den Chor zu einem Wettbewerb in Österreich an. Daniel fühlt sich mit seiner Vergangenheit konfrontiert, sodass es ihm sprichwörtlich die Luft in der Brust zuschnürt. Er gibt dem Drängen des Chores aber nach und sie proben für den Wettbewerb.
Die Situation spitzt sich zu als Stig, Daniel die Leitung des Chores entzieht. Stig fürchtet weiteren Autoritätsverlust. Doch diese Rechnung hat Stig ohne die Bewohner des Dorfes gemacht. Sie verlassen alle die Kirche und stehen hinter Daniel. Durch die Kraft der Gemeinschaft schaffen es Gabriella und Inger sich von ihren patriarchalischen Männern zu trennen. In einem eskalierenden Streit mit Conny verrät Daniel seine wahre Identität. Conny war es, welcher bereits in Kindertagen Daniel stets verprügelt hat.
Der Chor fährt nach Wien und Daniel schafft es endlich Lena seine Liebe zu gestehen. Doch die ganze Aufregung ist für sein Herz zu viel und Daniel stirbt in Lenas Armen. Zeitgleich wartet der Chor auf Daniel und Lena und betritt allein die große Bühne. Als Daniel und Lena nicht kommen, äußert sich die Unruhe des Chores in Tore und er stimmt seinen ganz eigenen Ton an. Wie von selbst stimmen die anderen Chormitglieder mit ein und es entsteht ein Geflecht aus Tönen. Die Engelsstimmen erklingen.
WIE IM HIMMEL zeigt ein Stück schwedische Lebensart und behandelt gesellschaftlich wichtige Themen wie Liebe, häusliche Gewalt oder Mobbing. Die Darsteller*innen spielen nicht irgendeinen fiktiven Charakter, sondern ein Stückweit sich selbst. Ein tagesaktuelles Musical über Beziehungen und Konflikte mit wunderschönen Melodien.
Die Regie von Matthias Grimmelsmann setzt die verschiedenen Konflikte perfekt in Szene. Weniger ist manchmal mehr und so fügt sich das reduzierte Bühnenbild von Guido Erlenkötter bestens in die Inszenierung ein. Ein paar Projektionen, bewegliche Bühnenelemente, die den Gemeindesaal, die Wohnung Daniels oder den Dorfladen darstellen. Mehr braucht dieses Musical nicht.
Die gesamte Produktion unter der Leitung von Klaus und Bettina Wulfheide steht den professionellen Kolleg*innen in nichts nach. Es ist ein Augen- und Ohrenschmaus, der dem Publikum geboten wird. Die Produktion arbeitet mit zwei gleichberechtigten Besetzungen, die voneinander profitieren und sich gegenseitig unterstützen. Diesen Zusammenhalt spürt man zu jeder Sekunde. Wir durften am Premierenabend die Besetzung Maximilian erleben.
Zudem durfte das 28-köpfige Orchester nicht fehlen. Dieses wurde, wie gewohnt von Klaus Wulfheide dirigiert und durch die Regie auch ins Geschehen mit eingebaut. So übernahm zwischendurch Maximilian Dassler als Daniel den Taktstock und schmiss die Triangel (gespielt von Klaus Wulfheide) sprichwörtlich raus.
Dem gesamten Ensemble war und ist die Spielfreude und das Brennen für dieses Projekt zu jeder Sekunde anzumerken. Es fällt schwer Einzelne hervorzuheben, denn die Leistung aller besticht durch und durch. Wir möchten an dieser Stelle aber ein paar wenige, die uns besonders in Erinnerung geblieben sind, gesondert erwähnen:
Caspar Breische spielt in dieser Besetzung den geistig beeinträchtigten Tore. Gerade diese Rollen sind nicht einfach zu spielen und Breische gelingt dies grandios. Man fühlt zu jeder Sekunde mit Tore mit und man möchte ihm am liebsten auch die drei Worte sagen.
Maximilian Dassler als Daniel Dareus und Marlene Klassen als Lena harmonieren als Liebespaar perfekt. Die gemeinsamen Duette erzeugen Gänsehaut, aber auch in ihren Soloparts wissen beide von sich zu überzeugen.
Sarah Holznienkemper als Gabriella präsentiert eine liebevolle Mutter, der es schwerfällt, sich von ihrem Mann trotz allem abzuwenden. Durch den Chor gelingt ihr dieses schließlich. Ihre Interpretation von „Gabriellas Song“ geht unter die Haut und lässt bei dem ein oder anderem im Publikum ein Tränchen kullern.
Am Ende des Abends fühlt man sich trotz aller Tragik „wie im Himmel“ und verlässt beseelt die Stadthalle Rheda-Wiedenbrück. Die Professionalität der Produktion, die Talente jedes Einzelnen auf, neben und hinter der Bühne sind unbeschreiblich. Zurecht wird das Ensemble vom Publikum mit Standing Ovations und tosendem Applaus belohnt.
Die erste Spielzeit läuft noch bis zum 20. November 2022. Eine weitere Spielzeit findet im März 2023 statt (09.03.-12.03.). Der VVK startet dafür am 20. November 2022, nachdem der vorerst letzte Vorhang gefallen ist.
Weitere Impressionen
Besetzung am 10.11.2022
- Daniel Dareus: Maximilian Dassler
- Lena: Marlene Klassen
- Gabriella: Sarah Holnienkemper
- Conny: Karsten Reker
- Stig Berggren: Gerhard Freese (Besetzung Jonathan)
- Tore: Caspar Breische
- Inger Berggren: Jutta Helmer
- Arne: Peer Brändel
- Olga: Mechthild Ebbersmeyer
- Eric: Ralf Bultschnieder
- Holmfrid: Bastian Granas
- Siv: Friederike Reher
- Amanda: Malina Kleinecker
- Florence: Maria Hofemeister
- Ensemble: Antonia Vossel, Carla Josupeit, Hannah Pötter, Elisa Wilke, Kerstin Buchta, Reni
Peterburs, Stina Brändel, Vanessa Osmers, Sebastian Schendel, Henri Schendel, Jörg
Steinmeier, Yannik Reker, Noah Reker, Robin Stork
Artikel & Fotos: Anna-Virginia