Theater Bielefeld 2024/2025 – Cabaret

“… und wenn die Welt in Stücke fällt, ich liebe das Cabaret!” (Sally Bowles)

Hier Christina Huckle als Conferencier, © Joseph Ruben

Premiere: 06. September 2024 – rezensierte Vorstellung: 22. September 2024

Nachdem wir kurzfristig unseren Premierenbesuch umdisponieren mussten, besuchten wir die Matinee-Vorstellung und bekamen eine ganz besondere Vorstellung präsentiert. An diesem Nachmittag sprang Mathias Schlung für die erkrankte Christina Huckle als Conferencier ein und Amber-Chiara Eul übernahm neben ihrer Rolle als Kit Kat Girl, das Fräulein Kost. Bereits zwei Tage vorher hatten die beiden ihre Generalprobe in den Rollen und nun die Premiere, so lauteten die Eingangsworte von Dramaturg Jón Philipp von Linden.

William Ward Murta dirigierte die Bielefelder Philharmoniker wie gewohnt gefühlvoll und bombastisch durch die Partitur. Besonderer Clou in dieser Inszenierung, dass der ein oder andere Musiker auch ein Solo im Rahmen des Bühnengeschehens z.B. als Matrose hat. Michael Heicks (Intendant) zeichnete eine runde, schlichte und dem Zeitgeist entsprechende Inszenierung.

Die Geschichte von CABARET basiert auf den Erzählungen von Christopher Isherwood und dem Stück “Ich bin eine Kamera” von John van Drunten. Isherwood skizzierte seine Erlebnisse und wird durch seine Erlebnisse selbst zur Theaterfigur im Stück von van Drunten. Man erlebt also eine wahre Geschichte, die von Aktualität nur so strotzt und das Publikum mit einem beklemmenden Gefühl nach Hause schickt.

Timo Dentler und Okarina Peter haben mit einem zentralen Wandelement, welches sich auffächern und drehen lässt, eine zwielichtige Clubatmosphäre geschaffen. Auf der einen Seite strotzt es vor Bling Bling und Lichtern, auf der anderen Seite wartet das triste grau. Die Kostüme entsprechen dem Zeitgeist und runden das Bühnengeschehen ab. Ebenso die Choreografien von Yara Hassan.

© Joseph Ruben

Der Star im Kit Kat Club ist Sally Bowles alias Lara Hofmann und das ist sie durchaus. Hofmann spielt Sally Bowles mit enormer Strahlkraft, sowohl als schillerndes Sternchen als auch als die verletzliche Clubsängerin. Hofmann gibt bei ihrem “Maybe this time” alles und rührt dabei zu Tränen, aber auch ihr abschließendes “Cabaret” beeindruckt.

Nikolaj Alexander Brucker verkörpert den Amerikaner Clifford Bradshaw. Ein schüchterner Schriftsteller, der durch Zufall Bekanntschaft macht mit Ernst Ludwig und sich im Verlauf der Geschichte durch persönliche Umstände mehr und mehr politisch verstrickt, obwohl er durch seine Lektüre gewarnt sein sollte. Brucker überzeugt mit einem starken Schauspiel im Geflecht der Konstellationen.

© Joseph Ruben

Der heimliche Star im Kit Kat Club ist der oder die Conferencier. Ein Charakter, der zunehmend diverser besetzt wird und in der Bielefelder Inszenierung eigentlich von Christina Huckle verkörpert wird. Mathias Schlung, welcher bereits im Sommer im Tipi am Kanzleramt in dieser Rolle zu sehen war, gelingt es mit spitzen Bemerkungen, Vorahnungen, sowie mit seinem mimischen Spiel Akzente zu setzen. Den Conferencier am Ende als Todesengel zu symbolisieren, verleiht dem Finale eine besondere Tiefe.

Die Liebesgeschichte zwischen Frau Schneider (Carmen Priego) und Herrn Schultz (Lorin Wey) wird von beiden fabelhaft dargeboten. Man freut sich für sie richtig mit, wenn Frau Schneider zu Herrn Schultz “Ja” sagt. Eine Deutsche und ein Jude. Diese Beziehung bekommt auf der Verlobungsfeier, durch das nationalsozialistische Auftreten von Ernst Ludwig (Georg Böhm) und Fräulein Kosts Darbietung des Volksliedes “Der morgige Tag” einen Knacks. Stimmlich harmonieren Priego und Wey wunderbar, man könnte den beiden stundenlang zuhören.

Amber-Chiara Eul als Fräulein Kost und Kit Kat Girl konnte in allen Belangen auf sich aufmerksam machen. Mit ihrem Solo “Der morgige Tag” als Fräulein Kost, konnte sie ihre warme Stimme präsentieren und entließ das Publikum schließlich nachdenklich in die Pause.

CABARET, ein brandaktuelles Musical, welches geschickt zwischen den Szenen den Zeigefinger erhebt. Man fühlt sich rundum unterhalten. Man lacht, man fühlt mit und doch verlässt man am Ende das Theater nachdenklich.

Der Vorverkauf am Theater Bielefeld läuft gut. Erste Vorstellungen sind bereits komplett ausverkauft, für andere gibt es nur noch Restkarten. Entsprechende Tickets gibt es direkt über den Webshop des Theaters unter www.theater-bielefeld.de.

Besetzung der Matinee

  • Sally Bowles: Lara Hofmann
  • Conferencier: Mathias Schlung
  • Clifford Bradschaw: Nikolaj Alexnder Brucker
  • Fräulein Schneider: Carmen Priego
  • Herr Schulz: Lorin Wey
  • Fräulein Kost: Amber-Chiara Eul
  • Ernst Ludwig: Georg Böhm
  • Kit Kat People: Max William Best, Amber-Chiara Eul, Luisa Ofelia Montero De la Rosa, Maria Pambori, Nathalie Nongploi Plüss

Wir bedanken uns beim Theater Bielefeld für die Einladung und richten dieses Mal ein weiteres Danke an den Service vom Vorderhauspersonal!


Bericht von Anna-Virginia