Streaming-Konzert: Gentlemen of Musical live aus dem Ebertbad Oberhausen

Gastbeitrag von Simone Sassin

Nachdem Corona auch den verschobenen 2021 Konzerttermin für das Ebertbad in Oberhausen gefährdete, entschied Andreas Luketa, der Hauptverantwortliche von Sound of Music, das Konzert online stattfinden zu lassen. So holten sich die Fans von Jan Ammann und Kevin Tarte ihre Stars aus dem Ebertbad in ihr Wohnzimmer. Dieses Mal konnten alle in der ersten Reihe Platz nehmen und sich entspannt mit einem Getränk auf der Couch zurücklehnen.

Verstärkt wurden die beiden Gentlemen von zwei wundervollen Damen, zum einen die Sopranistin und Schauspielerin Kristin Hölck, die in der Rolle als Eponine zur Premierenbesetzung von “Les Misérables” in Duisburg oder durch ihre Rolle als Erzählerin von “Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat” im Colosseum Theater in Essen bekannt wurde, und zum anderen die bezaubernde Marina Komissartchik, die uns allen als eine überaus virtuose Konzertbegleiterin am Flügel ans Herz gewachsen ist.

Zusammen verzauberten uns die vier Protagonist(inn)en für 120 Minuten und ließen uns all die Sorgen und Nöte vergessen, die Viele von uns in dieser merkwürdigen Zeit bestimmen.

Den Anfang machten Jan und Kevin mit dem Song: “You are nothing without me” aus “City of Angels“. Es ist immer wieder schön, dabei zu sein, wenn die Giganten des Musicals sich gegenseitig überbieten, wobei das selbstverständlich mit einem zwinkernden Auge stattfindet. Die gegenseitige Wertschätzung und Zuneigung der Beiden füreinander ist jederzeit präsent!

Es folgte der lyrische Song “All I say I love you”, wo sich die beiden Männerstimmen harmonisch ineinander fügen, wenn es beim Refrain zweistimmig wurde. Für mich war es der erste Gänsehautmoment!

„I am what I am“ ist das bekannteste Lied aus Jerry Hermans Musical „La Cage aux Folles“, uraufgeführt am New Yorker Broadway im Jahr 1983. Jan Ammann sang dieses Lied kraftvoll und voller Stolz, sodass der Inhalt noch mehr zum Tragen kam! Auch der nächste Vortrag von Kevin Tarte, „Being alive“ von Steven Sondheim aus „Company“, wurde sehr intensiv interpretiert. „Wir spüren das Leben, wenn wir von anderen Menschen gefordert werden“, diese Botschaft kam an!

Das Lied „Wo sind die Clowns“, ebenfalls von Stephen Sondheim, aus dem Stück: „A little night music“ wurde schon oft von den Beiden gesungen, aber auch nach diesem Hören war man bewegt und froh, dass es auf der Songliste stand.

Es war an der Zeit, dass die Gastsängerin, Kristin Hölck, ihre Stimme zum Klingen brachte. Mit einem ihrer Paradestücke „I dreamed a dream“ aus „Les Misérables“ von Claude-Michel Schönberg, brachte sie die Zuschauer in eine melancholische Stimmung. Es war schon fast logisch, dass anschließend Kevin Tarte aus dem gleichen Stück „Stars“ zum Besten gab und alle, die ihn als Javert in Tecklenburg erleben durften, wurden gedanklich für die nächsten Minuten dorthin zurück entführt – wunderbar!

Die nächsten beiden Lieder stammen aus der Feder von Sylvester Levay (Elisabeth): Kristin und Jan führten uns in die versunkene Welt des Habsburgerreiches und trugen „Wenn ich tanzen will“ vor. Es folgte das Solostück für Kristin „Ich gehör nur mir“.

Mit der Lesung von Jan Ammann „An einen Freund“ erkannten die langjährigen Fans, dass jetzt ein Song aus dem Album „Lampenfieber“ folgen sollte und so dauerte es auch nicht lange, bis das Lied „Gib auf deine Seele acht“ von Rainer Bielfeld erklang. Ich weiß nicht, an wen Jan gedacht hat, als er es sang, doch war es in diesem Moment so anrührend und stark vorgetragen, dass ich völlig bewegt in meinem Zimmer saß und erst einmal tief durchatmen musste.

Auch der nächste Song bewegte mich, weil Kevin Tarte ebenfalls seine persönlichen Gefühle in den Song hineinlegte: „Broken Vow“ von Walter Afanasieff handelt von einer gescheiterten Beziehung und erzählt die Gefühle des Betrogenen.

Der nächste Höhepunkt wurde durch den Filmsong „The rose“ (Musik von Amanda McBroom) gesetzt. Die Stimmen der beiden Gentlemen harmonierten auch bei diesem Liebeslied und ließen mich in Erinnerungen schwelgen.

Es folgte ein Dreierblock aus dem „Phantom der Oper“ von Sir Lloyd Webber: Mit glasklarer Stimme eröffnete Kristin diesen mit „Liebe stirbt nie“. Es folgte das Duett zwischen Kristin und Jan („Phantom der Oper“) und schließlich gipfelte der Block mit „So sehr fehlt mir dein Gesang“, interpretiert von Jan & Kevin. Damit wurde die momentane Situation fantastisch beschrieben: Der Live-Gesang fehlt uns allen und auch die persönlichen Begegnungen mit den Künstlern werden schmerzlich vermisst!

An dieser Stelle sollte man erwähnen, dass der fehlende Applaus zwischen den einzelnen Darbietungen bei allen Beteiligten – Künstlern und Publikum – ein ganz merkwürdiges Gefühl hinterließ. Laut dem physikalischen Gesetz actio à reactio sollte doch nach so viel Gabe durch die Künstler auch der Applaus durch die Zuschauer erfolgen. Dieses wird wohl nachgeholt werden müssen!

Weiter ging das Programm mit dem Duett „Niemals allein“ aus „Der Graf von Monte Christo“ von Frank Wildhorn; das Duett zwischen Edmond und Mercedes wurde hier abgeändert für zwei Männerstimmen, was mir sehr gut gefiel.

Es folgte eine Solodarbietung von Kevin Tarte aus den drei Musketieren von Bolland & Bolland: „Vater“. Kevins Trauergesang berührte. Jedoch blieb keine Zeit der Stimmung nachzuspüren, denn schon der nächste Song von Udo Jürgens holte den Zuhörer zurück ins bunte Leben: Jan Ammanns Interpretation des Liedes „Der gekaufte Drachen“ ließ einen in diesem Moment wieder zum Kind werden. Mit einem weiteren Song von dem unvergessenen Udo Jürgens ging das Programm weiter: „Was wichtig ist“ wurde von Kristin Hölck besungen. Wieder ging es um Beziehungen und wie wichtig Menschen füreinander sind – wie passend in dieser Coronazeit!

Den nächsten Block hatten sich natürlich die meisten Fans erhofft und gewünscht: „Tanz der Vampire“, Musik von Jim Steinman: die beiden Grafen Krolock machten mit dem Song „Gott ist tot“ den Anfang und ich war bestimmt nicht die Einzige, die zuhause das „Sei bereit“ stimmlich ergänzte. Es folgte (schon fast logisch) die „Einladung zum Ball“ für die anwesende Dame und schließlich sangen alle drei vereint: „Totale Finsternis“. Vermutlich gab es noch andere, die vergeblich gehofft hatten, dass unsere Grafen „die unstillbare Gier“ zusammen singen würden, aber darauf müssen wir hoffnungsvoll auf eines der nächsten Konzerte warten. Jedoch gibt es auch noch andere bemerkenswerte Stücke, mit denen die Gentlemen begeistern können und dazu gehörte auch das nächste Lied aus dem Musical „Dracula“ (Musik von Frank Wildhorn): „Je länger ich lebe“.

Nachdem bei diesem Format keine spontanen Interaktionen zwischen Jan Ammann und Kevin Tarte auf der Bühne zu erleben waren (verständlich, aber schade!), gab es ein kleines Interview von Kristin mit Jan und Kevin zum Thema „Optimismus trotz Coronakrise“: Jan erklärte, er habe gelesen, dass das chinesische Schriftzeichen für Krise aus zwei Zeichen bestehe: aus den Zeichen „Gefahr“ und „Gelegenheit“. Das gäbe ihm Hoffnung, positiv zu bleiben und er versuche Gelegenheiten wahrnehmen. Auch Kevin ist in der Krise positiv geblieben. Er hat eine innere Reise gemacht, genießt die Stille und Entschleunigung, hat Träume und wünscht eine neue Zukunft für alle. Nach diesen schönen und hoffnungsmachenden Botschaften ging es weiter mit Filmmusik: Kevin Tarte interpretierte sehr gefühlvoll den Song aus IA: „For always forever“ von Lara Fabian.

Mit dem folgenden Lied von Konstantin Wecker übernahm Jan seinen nächsten Solopart mit „Das ganze schrecklich schöne Leben“, ein Statement für das Leben, wieder sehr passend als Trost und Zuspruch in dieser schweren Zeit. Es folgte „Into the west”. Kevin stimmte damit einen meiner persönlichen Favoriten an. Die Filmmusik aus „Herr der Ringe“ geht jedes Mal unter die Haut.

Spätestens als das nächste Lied von allen Beteiligten angestimmt wurde, war klar, dass das Finale der Show gekommen war: „Halleluja“ (Musik von Leonard Cohen) leitete den Schluss ein, es folgten die gewohnten Zugaben „That’s what friends are for“ von Dione & friends, sowie „Smile“ von Charly Chaplin komponiert.

Schweigen, wo es Standing Ovations hätte geben müssen, hinterließ eine kurze Traurigkeit! Die letzten Bilder zeigten, dass die Künstler auch uns schmerzlich vermissten, so wurden uns Herzchen geschickt oder es wurde liebevoll in die Kamera gewinkt.

Ihr Lieben, wir werden Euch feiern und zujubeln, wenn wir wieder dürfen! Danke für diese wundervollen und wertvollen Momente, wo wir den Alltag hinter uns lassen konnten. Jetzt bleibt noch die Vorfreude, dass wir in gut zwei Monaten die passende CD des Konzertes in den Händen halten können. Die Frage aber bleibt, welche Songs ausgewählt werden.