Schauspiel: Sechs Tanzstunden in sechs Wochen – Heilbronn 2023/24

© Jochen Klenk

Premiere: 10. November 2023 – rezensierte Vorstellung: 25. November 2023

Im schönen Komödienhaus des Theater Heilbronns durfte ich das wundervolle Stück SECHS TANZSTUNDEN IN SECHS WOCHEN kennenlernen. Das Stück stammt von Richard Alfieri, die deutsche Übersetzung von Johan Grumbrecht. Die Uraufführung fand 2001 statt, die deutschsprachige Erstaufführung folgte 2003 im Renaissance-Theater Berlin. Nun nahm sich Thomas Winter der Regie im Theater Heilbronn an.

Lily, eine ältere, attraktive und auch junggebliebene Dame, bucht über die Agentur „Sechs  Tanzstunden in sechs Wochen“ einen Tanzlehrer, welcher ihr zuhause Tanzunterricht geben soll. Die erste Stunde steht an und so empfängt Lily ihren Tanzlehrer Michael.

Michael, ehemaliger Revue- Tänzer und Italiener, sorgt gleich zu Beginn mit seinem Temperament für Spannungen und Streit zwischen den Beiden. Lily ist empört und möchte Michael schnellstmöglich loswerden. Als sie in der Agentur anrufen möchte, um sich über Michael zu beschweren, erklärt dieser ihr, wie dringend er diesen Job benötigt. Seine Frau sei schwer krank und er müsse nun für den Lebensunterhalt sorgen. Von dieser Aussage berührt, gibt Lily ihm noch eine Chance und Michael beweist, was in ihm steckt. Auch Lily tanzt viel besser als Michael es erwartet hätte und so genießen beide den Swing.

Auch in den weiteren Wochen herrscht zwischen den Beiden ein spannungsreiches Verhältnis. Immer wieder entsehen Streitigkeiten, bei denen sie sich verbal nichts schenken. Doch während sie tanzen vergessen sie all die Streitigkeiten und genießen die gemeinsame Zeit. Bei Tango, Wiener Walzer, Cha Cha Cha oder Fox Trott wird aber auch immer deutlicher, dass beide ihre Geheimnisse und dem anderen Lügen über ihr Leben aufgetischt haben.

So hat Michael keine Frau, sondern liebt Männer und auch Lilys Ehemann lebt seit Jahren nicht mehr, obwohl sie Michael dies weiß machen wollte. Über all die Wochen und Tänze entsteht zwischen den beiden eine ehrliche und offene Atmosphäre und dennoch bleiben weitere Meinungsverschiedenheiten nicht aus. Als alle Karten auf dem Tisch liegen, mit allen Klischees aufgeräumt ist und mittlerweile auch Lilys Nachbarin, welche sich bei jeder Tanzstunde über den Lärm beschwert hatte, verstorben ist, spürt man zwischen Lily und Michael eine tiefer gehende Freundschaft.

© Jochen Klenk

Lily offenbart Michael ihren größten Schmerz, den Verlust ihrer Tochter und auch Michael gewährt Lily tiefe Einblicke in seine Seele. In der letzten Stunde, bei der Modern Dance auf dem Programm steht, geht es Lilly nicht gut und Michael erfährt, dass sie sehr krank ist. Eigentlich ist mit diesem Tanz der Kurs beendet, doch Michael möchte auch weiterhin für Lily da sein und unterstützt sie während ihrer Behandlung. Zwischen Lily und Michael ist in sechs Tanzstunden über sechs Wochen eine wunderbare Verbindung entstanden. Obwohl sie in vielem so unterschiedlich scheinen, so bilden sie beim Tanzen eine harmonische Einheit, welche sie zu einer wunderbaren Freundschaft geführt hat. Beide helfen sich und sind für einander da, mit Ehrlichkeit, Wertschätzung und ab und an mit kleineren verbalen Auseinandersetzungen.

Die beiden Darsteller, Sabine Unger und Christian Manuel Oliveira, harmonierten hervorragend zusammen und spielten ihre Rollen authentisch und mit viel Leidenschaft. Es macht viel Freude den beiden auf der Bühne beim spielen sowie beim tanzen zu zusehen.

SECHS TANZSTUNDEN IN SECHS WOCHEN ist ein sehr charmantes, berührendes und witziges Theaterstück. Durch das detailreiche Bühnenbild, welches Lilys Wohnung darstellte, konnte man sofort in ihre Welt eintauchen. Dieses Stück bringt einen absolut zum lachen, berührt das Herz und regt zum nachdenken an. Wie verbirgt man selbst seine Identität, um vor jemand anderem nicht zur Wahrheit stehen zu müssen? Wann denkt man in Klischees oder hat Vorurteile, ohne die andere Person wirklich zu kennen? Was bedeutet Freundschaft und wie wichtig ist Gesellschaft, um nicht einsam zu sein?

Es war ein sehr kurzweiliger Abend, der durch die wundervoll getanzten Szenen Lust machte, selbst das Tanzbein zu schwingen. In den emotionalen Momenten, sah man bei manch einem Besucher, ein Tränchen im Auge. Doch auch das Lachen kam nicht zu kurz und als die Beach Boys ertönten musste man einfach mit klatschen.

Cast & Crew
  • Regie: Thomas Winter
  • Ausstattung: Toto
  • Choreografie: Rudi Lampe
  • Licht: Harald Emrich
  • Dramaturgie: Sophie Püschel
  • Regieassistenz: Florine Brunner
  • Lily Harriso: Sabine Unger
  • Michael Minetti: Christian Manuel Oliveira
Wir bedanken uns beim Theater Heilbronn für die Einladung, sowie für den freundlichen und guten Service aller Mitarbeitenden!

Artikel von Rebecca