Robin Hood – Weltpremiere in Fulda

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Premiere: 03. Juni 2022 – rezensierte Vorstellung: 06. August 2022 (19:30)

Anfang Juni 2022 konnte das nun mehr achte Musical von Spotlight Musicals in Fulda Weltpremiere feiern. Pandemiebedingt musste diese Premiere zwei Jahre lang verschoben werden, aber das warten hat sich gelohnt. Die Legende um Robin Hood bietet viele verschiedene Herangehensweisen und Interpretationen, welche man bereits bei den Verfilmungen oder anderen Bühnenstücken beobachten kann. Umso gespannter, war man auf die Musical-Version in Fulda aus der Feder von Dennis Martin und Chris de Burgh. 

Das Musical spielt im England des 12.Jahrhunderts und beginnt damit, dass Robin von Loxley und Guy von Gisbourne als Kinder im Wald spielen, dennoch spürt man auch hier schon ein gewisses Wetteifern und Rivalitäten zwischen den Beiden. Es folgt ein kleiner Zeitsprung und die Geschichte wird 10 Jahre später weitererzählt. Earl William von Huntington hat die Hochzeit seines Sohnes Robin mit der 14-jährigen Marian, der Tochter des Sheriffs von Nottingham und Cousine des Königs arrangiert. Auf der Feier erscheint plötzlich unerwartet Guy von Gisbourne, als Gesandter des Königs, um Männer für den Kreuzzug König Richards anzuwerben. Robin, der kein Interesse an Marian hat, beschließt aus Trotz gegenüber seinem Vater und um vor dessen Einfluss zu fliehen, mit in den Kreuzzug zu ziehen und geht mit Gisbourne nach Palästina. Doch durch das, was er im Kreuzzug sehen und erleben muss, wird er schwer traumatisiert.

Zur Finanzierung des Kreuzzuges wird die Bevölkerung immer weiter ausgebeutet und der Sheriff von Nottingham muss immer mehr Strafen verhängen und einfache Leute, wie Will Scarlett zu Geächteten machen, wofür er von seiner eigenen, inzwischen erwachsenen Tochter Marian, sogar öffentlich angegangen wird, weil diese sich mit dieser Ungerechtigkeit nicht abfinden will. Nach einiger Zeit kehrt Gisbourne allein vom Kreuzzug zurück und berichtet, dass Robin gefallen sei. Der Earl macht ihn zum Kastellan von Huntington und stellt ihm in Aussicht Marian zu heiraten, vorher will er aber noch selbst gewaltsam versuchen Marian zu schwängern, um die Blutlinie rein zuhalten und als Marian sich dagegen wehrt, stirbt der Earl durch einen Unfall.

© Christian Tech, Spotlight Musicals

Bei einer späteren Trauerfeier zu Ehren des Earls taucht überraschend Robin wieder auf und durchkreuzt damit Guys Pläne Marian zu heiraten, woraufhin dieser frustriert nach London, an den Königshof, zurückkehrt. Das Verhältnis zwischen Marian und Robin bleibt erstmal schwierig, da sie kaum etwas voneinander wissen und Robin sich für Nichts zu interessieren scheint und sich sehr in sich zurückzieht.

Unterdessen ist König Richard auf einem Feldzug gefallen und sein Bruder Prinz John beseitigt dessen rechtmäßigen Nachfolger, um sich selbst zum König zu ernennen.
Der Sheriff versucht zusammen mit dem Landadel, dem auch Robin angehört, durch eine Magna Charta mehr Unabhängigkeit von der Krone zu erreichen, aber das Unterfangen scheitert, weil Robin den Baronen nur Heuchlerei unterstellt.

Angewidert von den Missständen überall und immer noch unter seinem Kriegstrauma leidend, taucht Robin erstmal unter und trifft im Wald auf Bruder Tuck und Will Scarlett, sein erster Kontakt mit den Geächteten vom Sherwood Forest. Als er nach Huntington zurückkehrt, wirft ihm die Äbtissin vor, in der Manier seines Vaters, ein Dienstmädchen geschwängert zu haben, was Marian zwar nicht glaubt, dennoch wirft sie ihm vor nicht genug Verantwortung für die normale Bevölkerung zu übernehmen und für nichts einzustehen.

© Christian Tech, Spotlight Musicals

Als King John nach Huntington kommt, enthebt er den Sheriff seines Amtes und setzt Guy von Gisbourne als dessen Nachfolger ein. Der Konflikt eskaliert, als der König den Sheriff niedersticht und Robin ihn aufgebracht dafür anprangert. King John fordert von Gisbourne, dass er Robin zum Tode verurteilt, was dieser auch tut und so wird Robin verhaftet und auch Marian unter Arrest gestellt. Im Kerker genießt es Guy von Gisbourne sichtlich endlich Macht über Robin zu haben, aber als Marian kommt, um sich von Robin zu verabschieden, macht sie kein Hehl daraus, wie sehr sie Guy für sein Verhalten verachtet. Durch eine List gelingt es Marian, Bruder Tuck und Will Scarlett, Robin vom Schafott zu befreien und dieser verwundet bei seiner Flucht auch noch Guy schwer mit einem Pfeil.

King John ist außer sich und befiehlt Guy, Robin zu finden und auszuliefern. Tuck und Scarlett bringen Marian und Robin in das Geheimversteck der Geächteten, wo deren Anführer John Little erstmal sehr skeptisch Robin gegenüber ist. Robin schafft es jedoch die Geächteten zu überzeugen, sich ihm im Kampf gegen die Obrigkeit anzuschließen und beeindruckt damit auch Marian. Er formt aus den Geächteten eine schlagkräftige Truppe von Räubern und Bogenschützen, die es dann sogar schaffen Steuergelder, die nach London gehen sollten, zu stehlen.

© Christian Tech, Spotlight Musicals

Während die Geächteten den erfolgreichen Raubzug gegen den König feiern, kommen sich Robin und Marian abseits des Geschehens näher und finden als Paar zusammen. Unterdessen verzweifelt Gisbourne immer mehr an der erfolglosen Suche nach Robin und daran, dass die Wunde, die Robin ihm zugefügt hat nicht heilen will. Er lässt die Äbtissin zu sich bestellen, um die Wunde zu behandeln und versucht ihren guten Kontakt zu Marian auszunutzen, um ihm Robin auszuliefern. Erst lehnt sie ab, aber als sie ein besonderes Muttermal an seinem Arm entdeckt, kommt sie ins Grübeln und geht.

Im Sherwood Forest taucht währenddessen einer der Barone auf und bittet Robin ihnen zu helfen, König John dazu zu zwingen die Magna Charta zu unterschreiben. Robin stimmt zu, aber nur unter der Bedingung, das auch Rechte für das einfache Volk in dem Schreiben ergänzt werden. Er bricht mit einigen seiner Gefährten nach London auf, Marian bleibt unterdessen im Sherwood Forest. Vor dem Treffen King Johns mit den Baronen taucht Robin in dessen Gemächern auf und droht ihm, ihn zu töten, wenn er die Magna Charta nicht unterschreibt.

In der Zwischenzeit haben die Geächteten den Kronschatz gestohlen und bringen King John damit endgültig dazu die Magna Charta wirklich widerwillig zu unterschreiben. Als die Geächteten in ihr Lager im Wald zurückkehren ist dieses verwüstet und Robin erfährt, dass Guy Marian entführt hat und ihn auffordert nach Huntington zum Duell mit ihm zu kommen. Aber Guy will Robin nicht einfach töten und inszeniert stattdessen wieder einen Wettkampf zwischen ihnen Beiden, in dem er endgültig beweisen will, dass er Robin überlegen ist und so kommt es zum Show down…

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Friedrich Rau verkörpert die Rolle des Robin Hood sehr glaubwürdig, emotional und vielschichtig. Man kauft ihm den Wandel Robins vom trotzigen Sohn über den vom Krieg traumatisierten jungen Mann bis hin zum Rebellen, der dank Marian seinen Kampfgeist wiederentdeckt, um sich gegen die Ungerechtigkeit im Lande aufzulehnen, zu jeder Zeit voll ab und fühlt als Zuschauer*in mit dem Charakter mit. Auch stimmlich überzeugt er sehr bei den kraftvollen Nummern wie “Woran soll ich noch glauben”, berührt bei den Balladen wie “Ich flieh in den Krieg” und harmoniert auch wundervoll bei den Duetten mit Marian (“Ich weiß nicht, wer du bist”, “Endlich frei sein”).

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Johanna Zett passt perfekt in die Rolle der Marian. Mit ihrer starken Bühnenpräsenz bringt sie die Rolle der Powerfrau, die sich all die Ungerechtigkeit nicht mehr länger Tatenlos ansehen will und so teilweise auch selbst die Zügel in die Hand nimmt und treibende Kraft wird, Robin davon zu überzeugen, dass es sich lohnt für seine Werte einzustehen und zu kämpfen, ganz toll rüber. Die Kraft, die in der Rolle steckt, weiß sie auch stimmlich toll rüberzubringen, aber auch bei den leisen Tönen hört man ihr gerne zu.

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Thomas Hohler als Robins Gegenspieler Guy von Gisbourne schafft es die Entwicklung des Charakters und die Rivalität zu Robin sehr anschaulich darzustellen und kann vor allem bei der kraftvollen Nummer “Ich oder du” seine stimmliche Klasse voll zeigen. Die Rolle ist sicherlich sehr anstrengend zu spielen und trotzdem bringt er von Anfang bis zum Ende eine enorme Energie auf die Bühne.

Christian Schöne spielt King John etwas überzogen und sarkastisch, was prima zu der Rolle passt und lässt einen als Zuschauer an manchen Stellen schmunzeln, aber immer genau im richtigen Maß, dass die Rolle nicht zu sehr ins humoristische abdriftet. Stimmlich bringt er auch eine große Energie mit auf die Bühne (z.B. bei “Eine neue Zeit”).

Melanie Gebhard ist als Äbtissin durchweg überzeugend. Eine kleine Rolle, die doch so handlungsweisend ist. Sie spielt die unerwartete Entwicklung der Rolle sehr glaubwürdig und nachvollziehbar. Gesanglich sorgt sie bei “Manche Wunden heilen nie” für Gänsehaut.

Reinhard Brussmann als Earl von Huntington, der über seinen Sohn Robin und alles andere das Sagen haben will, wirkt sehr respekteinflößend und auch unsympathisch und macht damit die Rolle sehr authentisch. Als John Little wiederum ist er eher die väterliche Figur, der sich um seine Leute sorgt. Seine tiefe Stimme hat in beiden Rollen große Ausdruckskraft.

Enrico Treuse verkörpert seine Rolle als Sheriff de Lacy und Marians Vater überzeugend, auch die Gewissenskonflikte, denen der Sheriff ausgesetzt ist zwischen Gerechtigkeit und Treue der Krone gegenüber.

Dennis Henschel spielt die Verzweiflung des Geächteten Will Scarlett zu Beginn wirklich klasse, aber auch die lustigen Momente der Rolle verkörpert er toll. Stimmlich weiß er auch durchaus zu überzeugen.

Andre Haedike als Bruder Tuck schafft es ein ums andere Mal, die eher etwas düster anmutende Stimmung des Stückes aufzulockern und sorgt in seiner Rolle für manchen komödiantischen Moment in der Handlung. Vor allem “Komm wir lassen fünfe grade sein” lässt einen ein ums andere Mal schmunzeln.

Perfekt ergänzt werden die Hauptdarsteller durch ein energiegeladenes Ensemble, dass eine tolle Spielfreude auf die Bühne bringt und die Handlung so immer wieder mit vorantreibt.

© Michael Werthmüller, Spotlight Musicals

Die Musik des Stückes hat eigentlich alles, was ein gutes Musical haben sollte, wunderschöne Balladen (“Ich flieh in den Krieg”) und tolle Duette (“Ich weiß nicht, wer du bist”, “Endlich frei sein”, “Der Weg, der mir gebührt”) , kraftvolle Nummern (“Woran soll ich noch glauben”, “Ich oder du”, “Eine neue Zeit”) und Gänsehautmomente (“Kreuzzug”). Dazu rundet bei einigen Songs der irische Folklore Einfluss (“Wie ein wahrer Loxley”, “Wir hab’n die Kohle”, “Robin Hood”) das Ganze toll ab. Als Hommage an Chris de Burgh wurde dessen bekannter Song “Don’t pay the ferryman” ins Stück eingearbeitet, allerdings mit dem neuen Titel und Text “Freiheit für Nottingham”. Und der ein oder andere Song bleibt auch so im Ohr, dass man ihn mit nach Hause nimmt (“Komm wir lassen fünfe g’rade sein”).

Die Choreografie von Kim Duddy ist insgesamt sehr ausdrucksstark, kraftvoll und temporeich. Es gibt immer wiederkehrende Symboliken, die teils eine optische Darstellung der zugehörigen Songtexte sind. Es werden auch Geschehnisse kreativ mit eigentlich recht einfachen Mitteln, aber trotzdem eindrucksvoll choreografisch dargestellt, wie z.B. das Sterben der Frauen bei der Kreuzzug Szene.

Insgesamt ist die Atmosphäre des Stückes eher düster gehalten, die Kostüme von Conny Lüders haben sowohl historische, als auch moderne Elemente und erinnern etwas an aktuelle Fantasy-Serien wie Game of thrones oder The Witcher. Der Grundton der Kostüme ist bei ROBIN HOOD schwarz und Leder, was in das Gesamtkonzept perfekt passt. Farbliche Akzente gibt es u.a. bei Marians Röcken im ersten und zweiten Akt.

Das Bühnenbild, kreiert von Hans Kudlich, ist eher einfach gehalten mit schwarzen, beweglichen Gitterelementen, auf denen aber durch unterschiedliche Beleuchtung und Projektionen verschiedene Locations und Stimmungen erschaffen werden können. Es lenkt nicht ab und reduziert das Stück mehr auf die Handlung und die Charaktere, was ich persönlich sehr gut finde. Das Musical kann man nur Jedem ans Herz legen, weil es alles hat, was es braucht. Eine gute Geschichte, klasse Darsteller*innen, tolle Musik, Drama, Emotionen, Gänsehautmomente. Etwas Humor und ein wenig Romantik gibt es natürlich auch.

ROBIN HOOD ist noch bis 16.10.2022 im Schlosstheater Fulda zu sehen. Vom 10. Dezember 2022 bis 07. Januar 2023 gastiert ROBIN HOOD in Hameln und auch im Musicalsommer 2023 wird ROBIN HOOD in Fulda zu erleben sein.


Artikel von Claudia.