Natürlich Blond – Das Musical
Pink und Glitzer ist das neue Seriös
Auf der Waldbühne Kloster Oesede
Zunächst möchte ich die Bühne in wenigen Sätzen kurz vorstellen. Sie befindet sich in Kloster Oesede, circa 30 Autominuten von der den meisten wohl bekannten Freilichtbühne in Tecklenburg entfernt. Betrieben wird sie vom Waldbühnenverein, der rund 250 Aktive vor, auf und hinter der Bühne zählt. In ihrer Freizeit legen sich die Aktiven ins Zeug, um mehr oder minder bekannten Musical-Stoff auf die Bretter zu bringen.
Jedes Jahr stehen ein Kinderstück und ein bis zwei Abendstücke auf dem Programm. Bei den Abendstücken handelt sich oftmals um Stücke, die im professionalisierten Bereich (in Deutschland) nicht oft zu sehen sind. Seit 1988 brachten die Mitglieder des Waldbühnenvereins beispielsweise Stücke wie Oklahoma-Story (1988), Der Vogelhändler (1993), Der Mann von La Mancha (2001), Ein Sommernachtstraum (2002, 2013), Anatevka (2004), Linie 1 (2007), Heiße Ecke (seit 2008), Eine Hochzeit zum Verlieben (2012) oder eben in diesem Jahr Natürlich Blond. Den größten Erfolg stellt vermutlich die Heiße Ecke dar, welche inzwischen im zehnten Jahr läuft.
So viel in Kurzform zur Waldbühne an sich, weitere Infos gibt’s auf der Website (ww.waldbühne.com).
Im Folgenden soll es, um das in diesem Sommer besuchte Stück Natürlich Blond gehen, welches auf dem gleichnamigen Roman von Amanda Brown sowie dem MGM-Film basiert. Die Protagonistin Elle Woods wird von ihrem langjährigen Freund und beinahe-Verlobten Warner Huntington III verlassen, da dieser nach Rücksprache mit seinen Eltern zu der Überzeugung gekommen ist, es sei „Zeit für was Ernsteres“. Er will Jura in Harvard studieren, ein erfolgreicher Anwalt werden wie sein Bruder und sein Vater und vermutlich auch sein Großvater. Seine natürlich blonde College-Freundin mit 1,0-Abschluss in Modemarketing passt da einfach nicht ins Bild.
Kurzerhand bewirbt Elle sich ebenfalls auf einen Jura-Studienplatz in Harvard, welchen sie natürlich auch bekommt. Hat sie zu Beginn nur das Ziel, ihren Warner zurückzuerobern, entfaltet sie nach und nach ihr Potenzial. Sie freundet sich mit dem Jura-Absolventen Emmett an, welcher ihr einen „Tritt in den Hintern“ verpasst und so nicht unwesentlich an ihrer weiteren Entwicklung beteiligt ist. Auch ihre Frisörin und Freundin Paulette leistet ihren Beitrag dazu, dass aus der hauptberuflichen Tochter Elle Woods aus Malibu eine selbstständige und eigenverantwortliche Juristin wird. Mehr zum Verlauf des Stückes soll hier nicht verraten werden.
Die Ensembleleistung ist insgesamt positiv zu bewerten. Gut 30 Personen auf der Bühne sowie die 10-Köpfige Band werden vom musikalischen Leiter Christian Tobias Müller stimmig durch den Abend geführt, Längen kommen hier keine auf. Passend zum Stück ist die am Bühnenrand positionierte mit pinken Glitzer-Hosenträgern (und im Falle des musikalischen Leiters gar ein pinkes Glitzer-Jackett) ausgestattet.
Besonders hervorgehoben werden sollen hier Annika Wesselkamp (Elle Woods) und Yannik Gräf (Emmett Forrest) welche es schafften, sich darstellerisch wie musikalisch vom restlichen Ensemble abzusetzen.
Etwas mehr Power hätten die Choreographien insbesondere im ersten Akt vertragen können. Zwar wurden diese insgesamt fehlerfrei getanzt, wirkten aber teils abgerufen. Der Effekt wäre größer gewesen, wenn mehr Ausdruck und Kraft sichtbar gewesen wäre. Spätestens ab „Peitsch dich in Form“ ist dieser Kritikpunkt jedoch nicht mehr gerechtfertigt. Zwar blieb hie und da ein Seil am Fuß hängen, aber es steckte hier und auch bei folgenden Tanzszenen genug Power und Ausdruck dahinter, dass kleinere Fehler nicht weiter ins Gewicht fielen. Man darf schließlich nicht vergessen, dass es sich hier zum Großteil nicht um professionelle Darsteller handelt! Zum Schluss gab es langanhaltende Standing Ovations aus dem bis auf wenige Plätze ausverkauftem Zuschauerraum.
Natürlich Blond wird noch am 26.8. sowie am 8.9. aufgeführt, Tickets gibt es im VVK für 16 € (14 € ermäßigt).
Gerade für Musicalfans aus der Umgebung ist die Waldbühne Kloster Oesede eine echte Alternative, was mit Natürlich Blond mal wieder bewiesen ist. Für vergleichsweise kleines Geld gibt es hier qualitativ hochwertiges Musical. Man bekommt so die Möglichkeit, Stücke zu sehen, die man sonst nur von weit, weit weg kennt. Es bleibt abzuwarten, was der Waldbühnenverein im Sommer 2018 auf die Bühne zaubert. Einen Besuch kann ich auf jeden Fall jetzt schon ruhigen Gewissens empfehlen.
Artikel von Anja H. für Bühnenlichter.de