Mata Hari – Weltpremiere am Gärtnerplatztheater 2023

Weltpremiere: 23. März 2023 / besuchte Vorstellung: 09. April 2023
 
© Marie-Laure Briane

Ende März feierte das neueste Auftragswerk vom Gärtnerplatztheater München seine Weltpremiere. Eine Eigenproduktion rund um die starke Persönlichkeit Mata Hari mit der Musik von Marc Schubring und dem Buch, sowie Songtexten von Kevin Schroeder. Die Regie führte Isabella Gregor. 

Im Musical wird die Vorgeschichte der sagenumwobenen, vermeintlichen Doppelagentin Mata Hari erzählt. Dies geschieht nicht linear, sondern verstrickt mit zwei weiteren Handlungsebenen. 

In der Haupthandlung geht es um ihre Zeit, noch als Margaretha Geertruida “Griet” Zelle (Florine Schnitzel). Eine sehr junge, attraktive Frau, die in erster Ehe mit dem wesentlich älteren Hauptmann Rudolph “Johnny” MacLeod (Armin Kahl) verheiratet ist und mit ihm in die niederländische Kolonie Java zieht. Erst scheint alles gut und sie ist glücklich, doch dann merkt sie immer mehr, dass sie nicht in diese Art Gesellschaft passt. “Griet” eckt bei den anderen Frauen, allen voran bei der verwitweten Offiziersgattin Friga van Rheede (Dagmar Hellberg) an. Sie hat ihren eigenen Willen und möchte sich nicht ständig Regeln und Vorschriften ihres Mannes und der Gesellschaft anpassen und außerdem hat sie auch nicht wirklich Lust den größten Wunsch ihres Mannes zu erfüllen und ihm einen Sohn zu schenken und eine gute Mutter zu sein.

© Marie-Laure Briane

Dann wird sie aber ungewollt schwanger und fügt sich den Bitten ihres Mannes das Kind zu bekommen. Als Norman aber auf der Welt ist, wird sie immer unglücklicher, fühlt sich überfordert und eingesperrt und schiebt ihren Sohn immer öfter an ihre Bedienstete Merbati (Xiting Shan) ab. Sie entflieht den mütterlichen Pflichten, weil sie sich so sehr nach ihrer eigener Freiheit sehnt.

Auch der Hauptmann wird immer unglücklicher und eifersüchtiger, weil seine Frau immer mehr Ablenkung und Aufmerksamkeit sucht und so flüchtet er sich immer mehr in den Alkohol. Die Situation zwischen beiden Eheleuten eskaliert, als Norman schwer krank wird und stirbt. Sie weisen sich gegenseitig die Schuld für seinen Tod zu, doch “Griet” hält es nicht mehr aus und flieht zurück nach Europa.

Dort macht sie als ihr alter Ego Mata Hari als Nackttänzerin überall von sich reden und verdreht den Männern reihenweise den Kopf. In Europa gerät sie auch vermeintlich in eine Laufbahn als Doppelagentin. Dieses spätere Leben als Kunstfigur Mata Hari (Ann Sophie Dürmeyer) kreuzt in der zweiten Handlungsebene immer wieder die Haupthandlung der Zeit auf Java und wird quasi wie ein Popstar dargestellt.

© Marie-Luise Briane

Die dritte Ebene findet rein auf Leinwänden in schwarz-weiß Sequenzen immer wieder eingestreut statt. In diesen Sequenzen sagen fiktive Zeitzeugen (gespielt von Frank Berg, Alexander Franzen, Alex Frei, Andreas Partilla, Kevin Schroeder und Marc Schubring) im Prozess gegen Mata Hari aus. Diese “Zeitzeugen” erzählen somit indirekt ihre Geschichte, mit welchen einflussreichen Männern sie verkehrte und wie sie zur Spionin wurde.

Dem Zuschauer fällt es relativ leicht die drei Ebenen zu unterscheiden und ihnen zu folgen, da in der Handlung um die junge “Griet” Kostüme (von Alfred Mayerhofer) und Musik historisch, klassisch gehalten sind, während immer wenn Mata Hari auftaucht es sehr modern und oft knallig wird mit Neonlicht, Leinwänden, Latex- oder Hip Hop Kostümen. Aber nicht nur dort, auch die Musik ist dann sehr poppig und mit Beats unterlegt oder rockig und erinnert einen ein ums andere Mal auch an bekannte Bands/Sänger wie z.B. Sarah Connor, Rammstein oder Lady Gaga und auch eine Anlehnung an James Bond taucht auf.

© Marie-Luise Briane

Das Bühnenbild, von Karl Fehringer und Judith Leikauf, besteht hauptsächlich aus einer Wendeltreppenkonstruktion, wird aber durch nahezu ständige Bewegung der Dreh- und Hebebühne kreativ in unterschiedlichste Orte des Geschehens verwandelt. Darunter das Schiff nach Java, die Unterkunft des Hauptmanns, einen Göttertempel, die Teestube der Gattinnen, aber auch die unterschiedlichen Bühnenbilder für die Auftritte von Mata Hari.

Genauso wandlungsfähig wie Bühnenbild und Kostüme zeigt sich auch Ann Sophie Dürmeyer als Mata Hari, die in den unterschiedlichsten Gesangsstilen sehr überzeugen kann und bei ihren Auftritten sexy und ziemlich frech rüberkommt mit einer tollen Bühnenpräsenz.

Florine Schnitzel als Griet strahlt zuerst die jugendliche, etwas freche Unbedarftheit perfekt aus, aber auch das wachsende Unglück und die Verzweiflung der Figur im Laufe der Jahre spielt sie sehr authentisch. Auch stimmlich bringt sie die Entwicklung ihrer Rolle von der Leichtigkeit und Freude hin zur Verzweiflung gut zur Geltung. Nur der Sexappeal der ihrer Figur ja auch schon in jungen Jahren im Stück nachgesagt wird, fehlte mir etwas bei ihrer Darstellung.

 

Armin Kahl zeigt als Johnny überzeugend und emotional, wie aus dem selbstbewussten Hauptmann und verliebten Mann der immer unglücklichere, eifersüchtige und verzweifelte Ehemann wird, der seinen Frust im Alkohol ertränkt und dann eskaliert. Auch stimmlich ist er immer stark präsent und bringt die Emotionen seiner Rolle stets glaubwürdig rüber.

Auch Dagmar Hellberg als strenge, verwittwete Offiziersgattin Friga van Rheede, Gunnar Frietsch als Luitenant Jeroen Kuipers, Erwin Windegger als Cornelius Fock und Xiting Shan als Tagesmutter Merbati spielten ihre Rollen gut.

Die Figur Mata Hari wurde noch unterstützt von den tollen Backgroundsängern Julia Sturzlbaum, Denise Lucia Aquino und Christian Schleinzer und einigen Tänzern, die den durchaus sehenswerten, poppigen Choreographien von Adam Cooper viel Präsenz auf der Bühne verliehen.

Musikalisch stark untermalt wurde das Stück vom Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz. Dieses wurde dirigiert von Andreas Partilla (musikalischer Leiter).

Das Stück ist mal etwas Anderes von der Herangehensweise und ein spannender Stilmix bei Kostümen und Musik. Es ist ein durchaus sehenswertes Stück, welchem es unter Umständen gut getan hätte, sich nicht nur auf die Vorgeschichte der “Griet” zu konzentrieren. Der bekanntere und spektakuläre Teil ihrer Geschichte in einer Zeit, wo die Frau eben nicht emanzipiert war, kommt hier und da zu kurz. Dennoch besticht dieses neue Musical bravourös in Sachen Kostüm und Musik. 

Im Juli kehrt MATA HARI für zwei weitere Vorstellung zurück. Tickets gibt es telefonisch, an der Theaterkasse oder vorab online ab 12 Euro.

Wir bedanken uns beim Gärtnerplatztheater für die Einladung und wünschen der Produktion weiterhin gutes Gelingen!

Artikel von Claudia