Lesung: Nick Wilder – Das Leben ist wilder als man denkt
Alles Zufall?
Vor fünf Jahren hing Nick Wilder seinen TV-Arztkittel als Dr. Sander beim ZDF Traumschiff an den Nagel. In jenem Jahr 2020, welches für alle Kunstschaffenden eine enorme Herausforderung werden sollte. Aber die Pandemie ermöglichte auch neue kreative Wege und so begann Nick Wilder an seiner Autobiografie zu schreiben und sein Leben aus dem Rückspiegel zu betrachten. Unterstützt wurde er dabei von Björn Sülter.
Immer wieder unternimmt Wilder seitdem kleine Lesereisen und präsentiert Auszüge aus seiner Biografie. So auch in diesem Frühjahr, wo er bereits in Schönberg und Bad Bevensen zu Gast war. Nachdem wir es im vergangenen Sommer in Bad Segeberg nicht zur Lesung in die Kalkberg-Oase schafften, verschlug es uns am 13. April 2025 erneut ins Schloss Benkhausen (Espelkamp), wo wir bisher immer zu FLO & FRIENDS zu Gast waren. Das Schloss Benkhausen liegt idyllisch, unweit der Porta Westfalica in Minden und etabliert sich mehr und mehr zu einem Kunstschloss. Wilder merkte selbst bei seiner Anmoderation an, dass er noch nie in einem Schloss eine Lesung gehalten hätte und diesen Nachmittag in vollen Zügen genießen würde.
Über 400 Seiten dick ist die Biografie geworden, aber die Auszüge in der gut 3-stündigen Lesung boten so viel Spannung und Unterhaltung, dass sich die Biografie selbst vermutlich nur so weg lesen wird. Im Klappentext heißt es so schön „Seine Biografie ist Reflexion, Lebensratgeber, Abenteuergeschichte und Zeitreise zugleich und berichtet irgendwo zwischen Roadtrip und Selbstverwirklichung“ und genau so erlebte man den Nachmittag.
Das Leben ist wilder, als man denkt
Der Sohn eines Landwirtes von der Insel Fehmarn kann bereits auf ein turbulentes Leben zurückblicken: Diplom-Holzwirt, Surfweltmeister, Surfshopbesitzer in Florida und Dänemark, Darsteller in Roland Emmerischs STARGATE, vierzehn Jahre als Werbefigur Herr Kaiser, zehn Jahre Doc Sander auf dem TRAUMSCHIFF und viele weitere Rollen in Deutschland, Dänemark und den USA stehen in seiner umfangreichen Vita. Was jedoch nur wenige wissen: Sein Leben war noch viel wilder, als man denkt!“
Nick Wilder weiß geschickt sein gesamtes Können in der Lesung unterzubringen. So liest er nicht einfach nur vor, sondern agiert vielschichtig. Special Effects, wie Meeresrauschen und Möwengekreische finden ebenso einen Platz, wie ein Lied auf der Mundharmonika oder ein plattdeutsches Volkslied und ein bisschen Lagerfeuerstimmung mit der Gitarre.
Seine ausgewählten Kapitel bilden einen roten Faden und so begibt man sich auf einen kleinen Roadtrip vom kleinen Klaus, der 1952 auf der Insel Fehmarn das Licht der Welt erblickte bis hin zu seinen langjährigen Figuren Herrn Kaiser und Doc Sander. Auf den Etappen lernte Wilder Personen kennen, die ihm Tipps gaben oder sogar als Wahrsagerin Momente in seinem Leben prophezeiten, die tatsächlich ein paar Jahre später eintreten sollten. Alles Zufall, Fügung oder Bestimmung?
Ja, selbst sein Engagement im vergangenen Jahr in Bad Segeberg baute Wilder in seiner Lesung noch ein, denn auch hier hat sich für ihn ein Kreis geschlossen. Er selbst hat als kleiner Jung die Karl-May-Spiele in Bad Segeberg besucht und nun durfte er 72x selbst in der Arena stehen. Endlich mal einen Bösewicht mimen und nach jeder Show in die strahlenden Augen der Kinder blicken. Nicht selten sah er sich selbst dort stehen, als kleiner Klaus der am nächsten Tag Cowboy und Indianer spielen wollte.
Fazit: Ein unterhaltsamer, kurzweiliger, spannender und musikalischer Nachmittag in einer traumhaften Kulisse. Ein Format, welches man nicht verpassen sollte, wenn es im näheren Umkreis stattfindet.
Im Herbst 2025 erscheint Wilders erster Roman „Vaterliebe“ an dem er acht Jahre geschrieben hat und gemeinsam mit seiner Ehefrau Christine Mayn entsteht gerade ein weiteres Event. Gemeinsam lesen sie aus „Alte Liebe“ von Elke Heidenreich und Bernd Schröder. Die erste Lesung findet am 10. Mai in der Kulturfabrik Haldensleben statt.
Erster Eindruck von der Autobiografie
Wir haben die Gelegenheit genutzt und auf einer Hin- und Rückfahrt mit der Bahn in der Biografie geschmökert. Eine Strecke dauerte von der Fahrtzeit gute 60 min, davon eine netto Leseanteil von gut 45 min und eh man sich versah, hatte man die ersten fünf Kapitel auch schon fertig gelesen. Dabei musste man schmunzeln, konnte sich manche Begebenheit auf Fehmarn buchstäblich vorstellen (Vorteil, wenn man dort selbst schon als Tagestourist unterwegs war) und sogar historisch lernt man einiges kennen. Ob es die Entwicklung des Schulsystems ist oder der Umgang mit der eigenen Familiengeschichte.
Wer also gerne mehr über Nick Wilder erfahren möchte, ist mit seiner Autobiografie gut beraten. Denn wie das immer so ist, die richtigen Geheimnisse verrät man nur guten Freunden und Nick ist mit seinen Lesern schnell per du 😉
Artikel von Anna-Virginia