Les Miserables 2023/24 – St. Gallen & München

Ein revolutionärer Klassiker kehrt zurück!

© Ludwig Olah

Premiere St. Gallen: 09. Dezember 2023 – rezensierte Vorstellung München: 27. April 2024

Der Musical-Klassiker LES MISÈRABLES, basierend auf dem Roman von Victor Hugo und für die Bühne adaptiert von Alain Boublil/Jean-Marc Natel (französisches Originalbuch), Claude Michel Schönberg (Musik) und Herbert Kretzmer (Texte), wird derzeit in einer Inszenierung von Josef E. Köpplinger vom Staatstheater am Gärtnerplatz München aufgeführt. Die gesamte Produktion findet in Kooperation mit dem Theater St. Gallen statt, wo das Musical im Dezember 2023 nach 16 Jahren wieder Premiere feierte.

Über den Inhalt des Stückes braucht man wohl nicht viele Worte zu verlieren, spätestens nach der erfolgreichen Verfilmung mit Hugh Jackman, Anne Hathaway und Russell Crowe in den Hauptrollen sollte er jedem Musicalfan bekannt sein. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Strafgefangene Jean Valjean, welcher nach 19 Jahren auf Bewährung entlassen wird. Javert schwört ihm, ihm immer auf den Fersen zu sein und ihn ggf. überall zu finden. Valjean bringt es schließlich zu einem wahren Ehrenmann. Er wird Bürgermeister und kümmert sich liebevoll über seine Ziehtochter Cosette, die ihre Mutter Fantine viel zu früh verloren hat. Die Jahre vergehen und im weiteren Fokus der Handlung steht die französische Revolution, angezettelt von Studenten, welche um Liebesverflechtungen nicht drum herum kommen. Am Ende geht Javert daran zu Grunde Jean Valjean nicht wieder fangen zu können und Valjean stirbt an Altersschwäche…

Das Bühnenbild von Rainer Sinell fokussiert sich auf die Drehbühne des Theaters. Hier können verschiedene Dinge wie Zäune, eine Metalltreppenkonstruktion, die Barrikade u.v.m. bewegt werden. Ebenso können die Darstellenden immer in Bewegung sein. Zusätzlich gibt es an den Seiten angedeutete dunkle Häuser oder auch von der Decke hängende verschiebbare Hauselemente. Teilweise können durch die Drehbühne auch verschiedene Schauplätze in einer Szene bespielt werden (z.B. Gastraum des Wirtshauses der Thenadiers und Küche). Das Bühnenbild ist aufwendig gearbeitet, größere Umbauten werden hinter dem schwarzen Vorhang gelöst. Die Orte und Jahreszahlen der Handlung erscheinen als Einblendungen über der Bühne als Orientierung für den Zuschauer.

© Markus Tordik

Die Lichtstimmung (Joseph E. Köpplinger, Andreas Enzler) ist dem Stück entsprechend überwiegend eher gedämpft oder etwas düster gehalten, es wird immer wieder viel mit Nebel gearbeitet. Hin und wieder gibt es aber auch einen schönen angedeuteten Sternenhimmel im Bühnenhintergrund oder in der Anfangsszene helle Scheinwerferkegel, die wie einfallende Sonnenstrahlen im Gefangenenlager wirken.

Die Kostüme von Uta Meenen sind der Zeit des Stückes entsprechend ziemlich klassisch gehalten. Man kann stets das einfache Volk und die höher Gestellten anhand der Kostüme optisch unterscheiden. Die Kostüme der Studenten scheinen ein wenig zwischen Beidem zu liegen. Die Farben eher gedeckt, wie beim einfachen Volk, vom Stil her aber eher wie bei den Adligen gehalten.

Die Choreografien von Ricarda Regina Ludigkeit wirken lebendig und energisch. Oft wird auch hier die Drehbühne einbezogen, um zusätzliche Bewegung zu suggerieren.

Armin Kahl verkörpert den Jean Valjean hervorragend. Sowohl seine Willensstärke als auch seine Verzweiflung und Güte spielt er stets überzeugend und stimmlich weiß er sowohl in den kraftvollen Nummern wie “Morgen schon”, aber vor allem auch in den gefühlvollen Nummern zu begeistern. “Bring ihn heim” und der “Epilog” waren absolute Gänsehautmomente des Stücks.

© Ludwig Olah

Daniel Gutmann spielt den oft aufgebrachten Inspector Javert und seine Emotionen eindrucksvoll. Er hat stets eine starke Bühnenpräsenz und mit seiner kraftvollen, klassischen Stimme passt er sehr gut in die Rolle und weiß das Publikum immer wieder zu fesseln.

Wietske van Tongeren lässt das Publikum die Verzweiflung, den ewigen Kampf und die schließliche Resignation Fantines mitfühlen. Auch stimmlich berührt sie u.a. mit “Ich hab’ geträumt vor langer Zeit” und dem “Epilog”.

Alexander Franzen und Carin Filipčić als die Wirtsleute Thenadier spielen diese fiesen, durchtriebenen Charaktere genial, mit toller Bühnenpräsenz, Witz und auch etwas Verrücktheit. Beide sind auch stimmlich sehr stark.

© Markus Tordik

Thomas Hohler spielt den jungen Marius sehr sympathisch, und man glaubt ihm sowohl seine starken Gefühle für Cosette als auch seine innere Zerrissenheit bei der Entscheidung zwischen Kampf für die Sache oder für die Liebe oder später die Trauer um seine gefallenen Freunde. “Dunkles Schweigen an den Tischen” und seine Duette mit Cosette und Eponine singt er so gefühlvoll und schön.

Julia Sturzlbaum als Cosette wirkt liebreizend und eher zurückhaltend, sie zeigt die tiefe Verbundenheit zu ihrem Ziehvater Jean Valjean und auch die Liebe zu Marius zu jeder Zeit glaubhaft. Stimmlich harmoniert sie sehr schön mit Thomas Hohler bei “Mein Herz ruft nach dir” und man hört ihrer klassischen Stimme gerne zu.

Barbara Obermeier ist großartig als Eponine. Sie verkörpert sowohl die starke junge Frau als auch die unglücklich Verliebte sehr überzeugend und man fühlt als Zuschauer mit ihr. “Nur für mich” und “Regen fällt” interpretiert sie stimmlich stark und auch sehr gefühlvoll.

© Markus Tordik

Merlin Fargel ist als Enjolras ein überzeugender Anführer des Aufstandes. Er hat eine starke Bühnenpräsenz und überzeugt auch stimmlich in seinen Partien. Darüber hinaus ist er auch in einigen Ensemble-Rollen zu sehen, die er alle gut verkörpert.

Auch die Kinderdarsteller (Ilayda Yücel als kleine Cossette, Alice Motataianu als kleine Eponine und Philipp Hopf als Gavroche) waren durchweg großartig. Sie alle hatten eine tolle Bühnenpräsenz und waren schauspielerisch stark.

Die Hauptdarsteller werden von einem tollen Ensemble und dem Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz hervorragend unterstützt, was zusätzlich viel Energie auf die Bühne bringt, was besonders bei den großen Ensemblenummern wie “Das Lied des Volkes” deutlich wird. Musikalisch zeigt das hauseigene Orchester unter der Leitung von Koen Schoots seine Klasse und bringt den großartigen Soundtrack des Stückes wunderbar zur Geltung.

© Edyta Dufaj

Alles in allem, wie ich finde, eine wirklich gelungene, stimmige Inszenierung dieses wunderbaren Stückes, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

Die Vorstellungen in dieser Spielzeit sind bereits alle ausverkauft, aber auch in der nächsten Spielzeit wird es noch eine Chance geben, es wurde kürzlich bekannt gegeben, dass es ab Oktober noch einige weitere Vorstellungen des Stückes geben wird. Alle weiteren Informationen und Tickets gibt es direkt unter www.gaertnerplatztheater.de.

Besetzung des Abends

    • Jean Valjean: Armin Kahl
    • Javert: Daniel Gutmann
    • Fantine: Wietske van Tongeren
    • Thénardier: Alexander Franzen
    • Madame Thénardier: Carin Filipcic
    • Marius: Thomas Hohler
    • Cosette: Julia Sturzlbaum
    • Eponine: Barbara Obermeier
    • Enjolras: Merlin Fargel
    • Gavroche: Philipp Hopf
    • kleine Cosette: Ilayda Yücel
    • kleine Eponine: Alice Motataianu
    • Ensemble: Jeremy Boulton, Anna Katharina Felke, Evita Komp, Jacob Romero Kressin, Katharina Lochmann, Peter Neustifter, Leoni Kristin Oeffinger, Christian Schleinzer, Florine Schnitzel, Thijs Snoek, Michael Souschek, Meren Verhaegh

Wir bedanken uns beim Gärtnerplatztheater München für die Einladung!


Artikel von Claudia