Kammertheater Karlsruhe – Rain Man

© Philipp Möckert

Premiere: 11. Oktober 2014, Wiederaufnahme: 01. November 2024, rezensierte Vorstellung: 02. November 2024

Fast auf den Tag genau zum 10-jährigen Jubiläum von RAIN MAN feierte dieses wundervolle Bühnenstück am 01. November 2024 im K1 des Kammertheater Karlsruhe Wiederaufnahme. Eine Erfolgsgeschichte, welche nicht nur der Thematik und der wundervollen Inszenierung zu verdanken ist, denn in seiner Paraderolle brilliert Richy Müller (bekannt aus dem Stuttgarter Tatort) erneut als Raymond Babbitt und begeistert das Publikum.

RAIN MAN erzählt die berührende Geschichte, zweier Brüder, welche unterschiedlicher nicht sein könnten. Charlie Babbitt führt sein Leben als skrupelloser Autohändler, mit großem Hang zur Selbstverliebtheit und Egoismus, bis ihn die Nachricht vom Tode seines Vaters erreicht.

Wenig ergriffen von diesen Neuigkeiten, macht sich Charlie mit seiner Freundin Susan auf den Weg zur Beerdigung, jedoch hauptsächlich nur um das Testament entgegen zu nehmen. In der Hoffnung, dass sein von ihm verhasster Vater ihm viel Geld hinterlassen hat, mit welchem er seine Schulden begleichen kann, wird er bei der Verlesung des letzten Willens seines Vater eines besseren belehrt: Ein Oldtimer und preisgekrönte Rosenstöcke sind das Vermächtnis an ihn.

Das große finanzielle Vermögen soll an einen Unbekannten vererbt werden. Außer sich vor Wut um diese Entscheidung seines Vaters, begibt sich Charlie auf die Suche nach dem unbekannten Erben. Sein Bemühen, die unbekannte Person zu finden, führen ihn in ein Heim für besondere Menschen. Charlie muss mit Entsetzen feststellen, dass er einen älteren Bruder hat, welcher Autist mit Hochbegabung ist. Raymond Babbitt kann auf Grund seines Autismus sein Leben nicht alleine bestreiten und lebt seit vielen Jahren in dieser Einrichtung. Ungläubig, dass ihm sein Leben lang verschwiegen wurde, dass er einen Bruder hat und dieser nun die Millionen geerbt haben soll, beginnt für die beiden Brüder eine spannende Reise mit vielen Hindernissen.

Während Charlie am Beginn der Reise nur auf die Hälfte des Erbes aus ist, so prasseln auf Raymond viele neue Eindrücke ein. Der schroffe und uneinsichtige Umgang von Charlie mit seinem Bruder missfällt seiner Freundin und sie überlässt die Beiden sich selbst.

Schon am Flughafen muss Charlie erkennen, dass er auf Raymonds besondere Angewohnheiten eingehen muss und ihn nicht unter Druck setzten darf. Die Tagesabläufe dürfen nicht durcheinandergebracht werden, Mahlzeiten eingehalten werden und auch das Fernsehprogramm, welches Raymond auswendig kann, muss  zugänglich sein. Bei Regen kann Raymond nicht vor die Tür und so muss Charlie einsehen, dass seine Heimreise länger dauern wird als erhofft. Durch einen Regenmantel erinnert, wählt Raymond die Worte „Rain Man“. Nicht ahnend, dass er mit diesen Worten in seinem Bruder Erinnerungen an die Kindheit auslöst.

Nach dem frühen Tod der Mutter, hat Charlie keine Erinnerungen an sie. Einzig die Erinnerung an einen imaginären Freund, der „Rain Man“ hieß und ihm in seiner Trauer Trost spendete ist in ihm präsent. Charlie wird bewusst, dass Raymond „Rain Man“ war und sein Bruder bis zum Verlust der Mutter bei ihnen wohnte. Der Vater gab Raymond ins Heim und erwähnte ihn vor Charlie nie wieder. Das Wissen, dass Raymond es war, der ihn als kleines Kind getröstet hatte, löst in Charlie viele Gedanken und Emotionen aus.

Dennoch bleiben seine Schulden und Raymonds Besonderheiten, die seine Nerven teilweise sehr strapazieren. Doch Raymonds große Begabungen im Umgang mit Zahlen und endloses Wissen, welches er gespeichert hat, bringt Charlie auf die Idee, diese zu seinem Vorteil zu nutzen. In Las Vegas möchte er mit Hilfe der Begabung seines Bruders im Casino sein Glück versuchen. Er kann seinen Bruder davon überzeugen mit ihm ins Casino zu gehen und die beiden sind gemeinsam sehr erfolgreich und genießen gemeinsam ihren Erfolg, wenn auch jeder in seinen Möglichkeiten.

Da normale Dinge wie tanzen und Berührungen für Raymond schwierig sind, bringt Charlie ihm das Tanzen bei und die ungleichen Brüder erleben einen emotionalen Moment, welcher ihrer Bindung eine neue Intensität gibt. Die beiden nähern sich  an. Immer mehr entdeckt Charlie seine brüderlichen Gefühle und auch Raymond macht durch diese Reise und das Zusammensein mit Charlie neue Fortschritte.

Leider ist ihre Betrugsmasche im Casino nicht unbemerkt geblieben und sie müssen Las Vegas schnellst möglich verlassen. Auch Raymonds Abwesenheit aus dem Heim wird nicht gerne gesehen und so muss Charlie sich dessen Betreuer sowie einem Herrn vom Amt stellen, um Raymonds zukünftigen Aufenthaltsort zu klären. Wird Charlie das Sorgerecht für Raymond bekommen oder wird er zurück in die Einrichtung gehen müssen?

RAIN MAN ist ein authentisches, unterhaltsames, emotionales und kurzweiliges Bühnenstück. Neben den nachdenklichen und emotionalen Szenen, kommt der feine Humor nicht zu kurz und belebt dieses Stück. Es nimmt den Zuschauer in die berührende Familiengeschichte der Babbits mit hinein. Die Zusammenführung der beiden Brüder und der Verlauf ihrer Bindung während ihrer Reise sind wundervoll dargestellt. Authentisch und sympathisch wird hier die Thematik Menschen mit Beeinträchtigung, der Umgang mit ihnen aber auch ihre besonderen Fähigkeiten behandelt. Doch auch die Belastungen und Entscheidungen, die auf den Schultern der Angehörigen liegen, sind behutsam eingebunden. Wie wertvoll jeder einzelne Mensch ist, wie wichtig familiäre Bindung sein kann und das in diesen besonderen Menschen so viele Begabungen sind, regen zum Nachdenken an. 

Richy Müller spielte in überragender Art und Weiße die Rolle des Raymond Babbitt. Es verlangt großes Können, eine Person mit Autismus so grandios und authentisch auf die Bühne zu bringen. In allen Facetten, Gestik, Mimik und sprachlich verkörperte er Raymond auf so feinfühlige Weise.  Es war ein Genuss ihn in dieser anspruchsvollen Rolle zuzusehen. Auch das Zusammenspiel mit Tommaso Cacciapuoti als Charlie, harmonierte hervorragend und ließ die spezielle Verbindung der Brüder Babbitt eindrucksvoll auf der Bühne erwachen.

Tommaso Cacciapuoti verkörperte Charlie Babbitt. Es gelang ihm hervorragend, die verschiedenen Charaktereigenschaften seiner Rolle darzubieten. Sein Spektrum war sehr groß, ob arrogant, selbstverliebt doch auch in manchen Momenten mit seinem Bruder feinfühlig, spielte er alle Facetten sehr authentisch. Es machte Freude in auf der Bühne zu erleben.

Unterstützt wurden die beiden Hauptcharaktere von Teresa Hager ( Susan), Eva Klosowski ( Lucy, Bedienung, Iris), Hendrik Pape ( Mr. Mooney, Polizist, Dr. Marston) sowie Heinz Röser- Dümming (Dr. Bruener). Sie alle spielten ihre Rollen mit Freude sowie Können und untermalten so die Geschichte der beiden Brüder.

Eine wundervolle, feinfühlige Inszenierung, die durch fantastische Darstellende, die Herzen des Publikums berührt und einen schönen Aufenthalt im Theater schenkt. Ein schlichtes, aber sehr funktionelles Bühnenbild untermalt die einzelnen Szenen. Noch bis zum 01. Dezember 2024 ist RAIN MAN im Kammertheater Karlsruhe zu erleben und ab dem 14. März 2025 gastiert die Produktion in der Komödie am Klosterplatz in Bielefeld.

 

Wir bedanken uns beim Kammertheater Karlsruhe für die Einladung.


Artikel von Rebecca


Inszenierung : Christian Nickel

Bühnenbild :   Martin Kinzlmaier

Kostüme       :  Nicola Stahl

Aufführungsrechte : Vertriebsstelle und Verlag deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten GmbH