GHOST-Nachricht von Sam – Tournee 2023

Ich lasse mich beGEISTern

Tourstart: 22. Februar 2023 in Düsseldorf / besuchte Show: 10. Mai 2023 in Berlin

Wer „Ghost-Nachricht von Sam“ hört, hat sofort Patrick Swayze und Demi Moore vor Augen und das auch Generationen nach dem Erscheinen des Films 1990. Der Weg dieses Stoffes auf die Musicalbühne ist ebenfalls vielen präsent und auch ich erinnere mich an die Besuche in Berlin im Theater des Westens 2017/2018.

Wie werden sie dieses Stück hinsichtlich der Specialeffects inszenieren? Wie wirkt die gesamte Show? Die Meinungen im Vorfeld zur Tourproduktion gehen in den verschiedenen Netzwerken und unter Freunden weit auseinander. Nun stand ich also vorm Admiralspalast in Berlin und war gespannt auf die Produktion von ShowSlot. 

Zu Beginn fällt sofort auf, dass die Handlung ins „Jetzt und Hier“ übertragen wurde. Allgegenwärtig sind Handys und Tabletts, die Aktentaschen und Ordner früherer Inszenierungen abgelöst haben. Die leuchtenden Handydisplays ziehen sich dabei wie ein roter Faden durch die Inszenierung.  Das Bühnenbild besteht aus Schiebeelementen und Würfeln, welche sich je nach Bedarf und Beleuchtung in Mollys Appartement, die Bank oder die U-Bahn verwandeln lassen. Damit gelingt ein flotter Wechsel der Örtlichkeiten, ohne das der Fluss des Stückes darunter leidet.

Der Sound im Admiralspalast ist sehr gut und die Lautstärke gut getroffen. Das Licht ist ein entscheidender Träger der Show, welches Ortswechsel unterstützt und zusammen mit dem Sound die Specialeffects möglich macht. Sam wird in der Show nach seinem Tod durch ein kaltes bläuliches Licht begleitet und so wird er auf der Bühne zwischen all den anderen Figuren zum Geist.

An dieser Stelle möchte ich auf eine inhaltliche Zusammenfassung (hier geht`s zur Ghost-Infoseite) verzichten, denn sowohl Film als auch vorangegangene Produktionen haben doch dafür gesorgt, dass viele die Geschichte kennen. 

Am Tag meines Besuches standen Katrin Merkl als Molly und Thomas Hohler als Sam auf der Bühne. Beide fuhren mit dem Publikum auf einer Achterbahn der Gefühle.

Katrin Merkl als Molly ist zu jeder Sekunde glaubhaft in ihrer Liebe, Verzweiflung, der Trauer, aber auch der Hoffnung. Man leidet mit und so wird der Verlust, den sie erleidet für jeden greifbar.

Thomas Hohler als Sam nimmt das Publikum überzeugend mit auf die Reise ins Jenseits. Ein Bänker dem die „drei Worte“ nicht über die Lippen wollen. Im Beruf stark und voll Verantwortung spielt Hohler das ebenso absolut glaubhaft wie den verzweifelten Geist. Von starker Interaktion auf der Bühne bis zur plötzlichen Ignoranz durch seine Mitspieler durchlebt er sehr viele emotionale Momente. Beide beeindrucken mit ihren starken Stimmen, welche auch hervorragend harmonieren. 

© Nico Moser

Eine weitere Schlüsselfigur der Geschichte ist Sams bester Freund und Arbeitskollege Carl gespielt von Kim-David Hammann. Die Wandlung von Carl gelingt ihm gut und seine schöne Stimme trägt ihn vom Freund zum Verräter.

© Nico Moser

Nach all den tragenden Rollen darf Oda May Brown alias Louisa Heiser nicht fehlen – bunt, laut, schrill bis ungewollt komisch. Sie sorgt für die Lacher in der Show und begeistert mit ihrer tollen Soulstimme. Der Song „Weit weg von hier“ wird zurecht einer der Höhepunkte und mit viel Zwischenapplaus belohnt. Die dazugehörenden Clara (Clarissa Anyamele) und Louise (Rebecca Nogueira) wurden absolut treffend besetzt und drehen zusammen mit Oda May richtig auf.

In der Geisterwelt angekommen trifft Sam erst auf den Krankenhausgeist, verkörpert durch Richard McCowen. Mit Rollator schwingt er sich bei seinem Song „Lass einfach alles los“ durchs Krankenhaus. Richard McCowen ist gesanglich und schauspielerisch auf dem Punkt und glänzt mit dieser Nummer.

Jürgen Strohschein verkörpert den U-Bahngeist und liefert sich eine packende Auseinandersetzung mit Sam in und um die U-Bahn. Die Specialeffekts werden hier in allererster Linie von den schauspielerischen und körperlichen Fähigkeiten der Darsteller getragen. Der Song „Fokus“ ist stark und hat mir besonders gut gefallen.

Es lässt sich festhalten, dass bei der Produktion von Showslot ein sehr guter Kompromiss gefunden wurde, zwischen dem Anspruch und der Qualität auf der Bühne und der Notwendigkeiten einer Tourproduktion. Meine Erwartungen an Herzschmerz, tolle Stimmen, schönes Bühnenbild und eine gelungene Unterhaltung am Abend wurden voll und ganz erfüllt.

Doch ein Aspekt hat in der Inszenierung ein wenig gestört. Durch den Umbau auf der Bühne mit den Schiebeelemente und den Requisiten, waren ab und an auch Ensemblemitglieder auf der Bühne. Dies stört in großen Szenerien nicht, aber bei emotionalen Solo-Nummern, wie bei „Du“ von Molly hätte man sich für den Künstler*in gewünscht einen solch intimen Moment für sich zu haben und den schnellen Umbau in die Applaussequenz zu verschieben. 

Es war ein wirklich gelungener Musicalabend. Starke Darsteller, ganz viele toll gespielte Emotionen und klasse Songs lassen nur ein Fazit zu: unbedingt anschauen! Die Tour macht in dieser Spielzeit noch ein paar Stopps in Zürich, Basel, Linz und Innsbruck. Tickets an allen bekannten VVK-Stellen oder unter www.showslot.com/ghost.

Es spielten an diesem Abend

  • Molly: Katrin Merkl
  • Sam: Thomas Hohler
  • Oda: Louisa Heiser
  • Carl: Kim-David Hamann
  • Willie: Alessandro Ripamonti
  • Krankenhaus-Geist: Richard McCowen
  • U-Bahn-Geist: Jürgen Strohschein
  • Officer Biedermann: Lorenzo Di Girolamo
  • Clara: Clarissa Anyamele
  • Louise: Rebecca Nogueira
  • Mrs. Santiago: Laura Saleh
  • Ensemble: Sophie Bauer, Carina Fitzi

Zum Abschluss kommen nun Molly und Sam – Katrin Merkl und Thomas Hohler – noch einmal zu Wort.

Wie steckt man es persönlich weg, so oft diese Gefühlsachterbahn von großer Liebe – starke Trauer / Schmerz – Hoffnung – Abschied zu spielen? 

Katrin Merkl: Diese Geschichte jeden Abend auf die Bühne zu bringen, kostet auf jeden Fall Energie und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich das immer komplett von mir abspalten kann. Es ist ein schmaler Grat, da die richtige Balance zu finden: sich richtig in die Emotion zu schmeißen und dann trotzdem nach der Show wieder einen Haken dran zu setzen. Mir persönlich hilft es, nach und auch während der Show backstage mit meinen KollegInnen über andere Dinge zu reden. Und auch körperlich brauche ich in der Freizeit viel Bewegung, Sport und frische Luft, um die Emotionalität der Show aus dem Körper zu bekommen.

Wenn man sich intensiv mit so einer Rolle beschäftigt, die ein derartiges Schicksal hat, schaut man dann auch anders auf seinen Partner/die Familie? 

Katrin Merkl: Ich merke, dass Stücke, die ich spiele auf jeden Fall Einfluss darauf habe, wie ich meine aktuelle Lebensrealität wahrnehme. “Ghost” lässt mich mehr an Menschen denken, die ich vermisse und bereits habe verabschieden müssen. 

Wir beschäftigen uns in unserem Alltag so wenig mit Tod, Verlust und Trauer, obwohl diese Dinge so essentiell zu unserem Leben gehören und auch an Bedrohlichkeit verlieren können, wenn wir die Gefühle, die wir dazu haben, zulassen können. 

Gleichzeitig erinnert mich das Stück wirklich oft daran, im Moment zu leben, die Menschen um mich herum zu schätzen und zu sagen und zu zeigen, was ich für meine Lieben empfinde. “Ghost” konfrontiert mich auf jeden Fall sehr mit dem Thema “Vergänglichkeit” und das spiegelt sich dann auch in meinem nahen Umfeld wider.

Thomas Hohler: Irgendwie schon. Wenn man sich intensiv mit solchen Situationen befasst – ein Überfall auf offener Straße, ein/e PartnerIn der/die plötzlich alleine dasteht und dessen Leben dadurch aus den Fugen gerät – natürlich habe ich mir dadurch auch Gedanken und Vorstellungen in meinem Privatleben nicht ersparen können. Irgendwie ist das aber auch so wichtig: Sich klar zu machen, was eine Situation für einen selbst bedeutet ist der Grundbaustein für den schauspielerischen Ansatz den ich verfolge. Das können „Interessierte“ auch bei Stanislavski Schauspieltheorie nach stöbern. 🙂

Welche Szene der Show fällt dir emotional am schwersten ? 

Thomas Hohler: Eine Szene die mir emotional schwer fällt, gibt es tatsächlich gar nicht. Aber natürlich gibt es Szenen die ich emotional besonders intensiv durchlebe. Dazu gehören auf jeden Fall der erste Moment wo Molly überzeugt werden muss, dass Oda Mae Sam hören kann, sowie die Stelle wo Sam den Brief von Molly vorliest. 

Wir bedanken uns bei Showslot & Deutschmann Kommunikation für die Einladung zur Show!

Ein weiterer Dank geht an Katrin Merkl & Thomas Hohler für die Blitzbeantwortung der Fragen!


Artikel von Claudia K.