Gefährliche Liebschaften – Theater Nordhausen

Intrigen, Macht und Sex auf der Musicalbühne

© Tim Müller

Premiere: 28.03.2025 – Besuchte Vorstellung: 30.03.2025

Der Roman „Les Liaisons dangereuses“ („Gefährliche Liebschaften“) von Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos diente als Vorlage für das von Wolfgang Adenberg (Buch und Liedtexte) und Marc Schubring (Musik) geschaffene Musical. Eine wunderbare Inszenierung des Stoffes ist derzeit am Theater Nordhausen zu sehen und die Besucherzahlen geben den Machern recht: In der nächsten Spielzeit wird es eine Wiederaufnahme geben.

Worum geht es?

Zwei französische Adlige wetteifern um die Bedeutung von Moral und Integrität in zwischenmenschlichen Beziehungen. Es ist aber auch ein Kampf zwischen Mann und Frau, zwischen dem Verführer Vicomte de Valmont und der von Rache getriebenen Marquise de Merteuil. Beide benutzen die Menschen um sich herum, um ihre Ziele zu verfolgen und durch Manipulation zum Erfolg zu kommen. Hoffnungen werden geweckt und falsche Freundschaften vorgegaukelt, nur um sie dann fallen zu lassen. Alles unter dem Deckmantel der feinen französischen Gesellschaft vor der Französischen Revolution.

© Tim Müller

„Normalerweise entledigt sich die Marquise de Merteuil ihrer Liebhaber. Beim Comte de Gercourt war es anders, denn er beendete die Liaison. Um sich dafür an ihm zu rächen, soll der mit allen Verführungskünsten gewaschene Vicomte de Valmont der jungfräulichen Braut von Gercourt noch vor der Hochzeit ihre Unschuld nehmen. Doch Valmont fühlt sich zu Höherem berufen: Er will die sittsame Madame de Tourvel gefügig machen und schließt mit der Marquise, mit der er selbst einst ein Verhältnis hatte, eine Wette ab: Sollte er es schaffen, die Tourvel tatsächlich zu verführen, werden er und die Marquise erneut eine Nacht miteinander verbringen. Doch das skrupellose Macht- und Intrigenspiel läuft zunehmend aus dem Ruder …“ (Theater Nordhausen)

Diese Handlung lässt sich auch sehr gut in die heutige Zeit übertragen und die Art der Charaktere ist auch im Hier und Jetzt durchaus gesellschaftsfähig. Das Stück ist geprägt von sehr manipulativen Charakteren und vielen Szenen, die sexuelle Handlungen zeigen oder andeuten, so dass hier durchaus eine Altersempfehlung ab 14 Jahren angebracht sein könnte. Aber gerade diese Art der Darstellung ist notwendig, um die Skrupellosigkeit und Empathielosigkeit zu verdeutlichen und ist daher unverzichtbar.

Das Theater Nordhausen spielt derzeit in der Ausweichspielstätte „im Anbau“. Diese ermöglicht mit ihrer Drehbühne dennoch große Inszenierungen und Bühnenbilder und ist keineswegs ein Kompromiss, sondern vollwertig. Die Bühne wurde von Wolfgang Kurima Rauschning entworfen und ist sehr fein strukturiert. Mehrere verspiegelte Türen schaffen Räume, Weite, aber auch Intimität und die Choreographie, wer wann durch welche Tür kommt, ist ein gelungenes Mittel der Inszenierung von Ivan Alboresi. Zusammen mit Dr. Juliane Hirschmann (Dramaturgie) gelingt es ihm, die Darsteller durch die Räume und Gefühle des Stückes zu führen und die Persönlichkeiten, Gedanken und Entscheidungen der einzelnen Figuren sehr gut herauszuarbeiten. Die Kostüme von Anja Schulz-Hentrich sind eine Augenweide und wurden von Kati Herzberg (Gewandmeisterei) und Anja Kretschmer (Herrenschneiderei) fantastisch umgesetzt – Kompliment.

© Tim Müller

Musikalisch begleitet wird das Stück vom Loh-Orchester Sonderhausen und dem Opernchor des Theaters Nordhausen unter der musikalischen Leitung von Julian Gaudiano. Mit leisen und lauten Tönen gelingt es ihnen, das Publikum zu begeistern – nichts geht über ein Live-Orchester.

Die tragende Figur des Stückes ist die Marquise de Merteuil, dargestellt von Johanna Zett. Sie zeichnet diese von Rache, Empathielosigkeit und versteckter Verletzlichkeit getriebene Frau so treffend und kann mit ihrer Stimme die sehr klassischen Partien wunderbar meistern. Der Höhepunkt war für mich „Liebe macht uns schwach“, hier kommt alles zum Ausdruck, was das Leben der Marquise de Merteuil ausmacht und wird grandios gespielt und gesungen.

Der Gegenspieler der Marquise de Merteuil ist der Vicomte de Valmont, sehr treffend gespielt von David Arnsberger. Ihm gelingt es, die Wandlung vom rücksichtslosen Frauenhelden zu einem Mann, der am Ende die Liebe empfindet und daran zerbricht, sehr glaubhaft auf die Bühne zu bringen.

Die Frau, die dem Vicomte de Valmont schließlich die Liebe ermöglicht, wird großartig von Yuval Oren gespielt. Sie verkörpert Madame de Tourvel, die zu einem der Opfer des Vicomte auserkoren wird, an ihrer starken Moral zerbricht und deren Liebe am Ende beide Figuren zerbricht.

Die unschuldige Cécile de Volanges, die gerade aus dem Kloster kommt, gerät in die toxische  Freundschaft der Marquise. Leonie Dietrich verkörpert die von Valmont verführte Cécile sehr glaubwürdig und schafft die Wandlung von der unschuldigen Naiven zur verführerischen, den Männern zugewandten Frau.

Mit Anja Daniela Wagner als Madame de Volanges und Marian Kalus als Chevalier de Danceny stehen ganz hervorragende Schauspieler und Sänger auf der Bühne des Theaters Nordhausen, die ein großartiges Stück präsentieren und ihre Rollen wunderbar ausfüllen.

Mit „Gefährliche Liebschaften“ ist dem Theater Nordhausen erneut ein großer Wurf in Sachen großes Musical gelungen. Die Besucherzahlen sprechen für sich und die Qualität in Musik und Schauspiel sprechen für sich und so ist eine Wiederaufnahme in der nächsten Spielzeit absolut verständlich und zu begrüßen. So hat man noch einmal die Chance in den Genuss dieser tollen Inszenierung zu kommen.

Weitere Termine der laufenden Spielzeit: 10.5./11.5./23.5./25.5./31.5. und 1.6. 2025

Cast & Crew

  • Musikalische Leitung: Julian Gaudiano / Svetlomir Zlatkov (25.04., 23.05., 25.05., 31.05., 01.06.2025)
  • Inszenierung: Ivan Alboresi
  • Bühne: Wolfgang Kurima Rauschning
  • Kostüme: Anja Schulz-Hentrich
  • Choreinstudierung: Markus Fischer
  • Dramaturgie: Dr. Juliane Hirschmann
  • Marquise de Merteuil: Johanna Zett
  • Vicomte de Valmont: David Arnsperger
  • Madame de Tourvel: Yuval Oren
  • Cecile de Volanges: Leonie Dietrich
  • Chevalier de Danceny: Marian Kalus
  • Madame de Rosemonde: Brigitte Roth
  • Madame de Volange: Anja Daniela Wagner
  • Azolan, Valmonts Diener: Florian Tavic
  • Joséfine de Fontillac, Valmonts Geliebte: Rina Hirayama
  • Opernsängerin: Julia Ermakova
  • Émilie, Prostituierte, Valmonts Geliebte: Funda Asena Aktop
  • Julie, Tourvels Dienerin, Azolans Geliebte: Daniela Bethge
  • Christine, Céciles Zofe: Ji Young Kim
  • Victoire, Merteuils Dienerin: Anett Wernicke
  • Belleroche, Merteuils Liebhaber: Marvin Scott
  • Pauline: Katharina Blum
  • Jeanne: Soo Kyung Lee
  • Ève, mehrere Geliebte von Valmont: Sabina Kanova
  • Gérard, armer Dorfbewohner: Matthias Röttig
  • Madame Gérard: Monica Becar
  • Steuereintreiber: Jens Bauer
  • Jean, Tourvels Diener: Vincent Gründling / Lennon Becker
  • Nonne: Darja Panteleit
  • Opernchor des Theaters Nordhausen
  • Loh-Orchester Sondershausen

Impressionen vom Schlussapplaus 

Wir bedanken uns beim Theater Nordhausen für die Einladung!


Artikel von Claudia K