Gandersheimer Domfestspiele 2022 – Der kleine Horrorladen
“Ist das eine Hitze heute”
Premiere: 01. Juli 2022 / rezensierte Vorstellung: 14. August 2022
Die Gandersheimer Domfestspiele sind im altbekannten Umfang wieder zurück. Nachdem die Verantwortlichen bereits im Pandemiejahr 2021 es wieder ermöglichten Theater zu machen, sollte nun im Sommer 2022 wieder alles so sein, wie vor der Pandemie. Vollauslastung auf der Tribüne, keine Einschränkungen im Bereich der Corona-Regeln und ein voller Spielplan mit zwei Musicals, zwei Schauspiel-Stücken, sowie einem Kinderstück und der Domspitzen-Gala warteten 2022 auf das Publikum.
Aber nicht nur das, ein ziemlich warmer Sommer war ebenfalls dabei. Die hohen Temperaturen mit über 30 Grad im Schatten waren nicht nur für das Publikum auf der Tribüne eine Herausforderung, sondern vor allem für die Darsteller auf der Bühne. Diese bauten das Wetter geschickt in ihre Dialoge ein, so bemerkte Mr. Mushnik gleich bei der Öffnung seines Ladens, dass das eine ganz schöne Hitze sei und brachte später seinem Angestellten Seymour eine Trinkflasche, um zu bemerken, dass man bei dem Wetter viel trinken muss.
Das Bühnenbild von Sandra Becker besteht aus einem Gerüst, an dem Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Häusern zu sehen sind und eine Treppe installiert ist. Es stellt die Skid Row dar. Dazu kommen Elemente links und rechts, die aufgeklappt zur Zahnarztpraxis mit Zahnarztstuhl oder zum Blumenladen werden, sowie noch ein weiteres Treppenelement. Einige Hocker und Stufenhocker verteilt im vorderen Bühnenbereich werden zu Treppenstufen und auch mal zum Sitzplatz.
Die Band befindet sich, nicht sichtbar für das Publikum, hinter den Aufbauten. Die vier Musiker spielen unter der Leitung von Ferdinand von Seebach schwungvoll und munter durch die Handlung.
Die Kostüme sind teils herrlich spießig, teils kreischend bunt und stellen gut den Handlungsort dar. Man kam sich vor, wie wenn man in einer Zeitmaschine gesessen hätte und zurück gebeamt wurde in die 1970er Jahre.
DER KLEINE HORRORLADEN wurde von Sandra Wissmann inszeniert, welche in den vergangenen Spielzeiten bereits DIE DREI VON DER TANKSTELLE, SPATZ UND ENGEL oder DIE COMIDIAN HARMONISTS II in Gandersheim inszeniert hat. Beim KLEINEN HORRORLADEN dreht sich alles um den Blumenladen von Mr. Mushnik, welcher kurz vor der Pleite steht. Sein trotteliger Adoptivsohn Seymour platziert schließlich eine rätselhafte Pflanze im Schaufenster. Die Pflanze (Audrey II) wächst schließlich in Rekordzeit und hilft dem Laden in finanzieller und sozialer Hinsicht. Seymour verliebt sich zudem in die Angestellte Audrey, doch diese ist mit dem sardistischen Zahnarzt Orin liiert. Die drei Damen Crystal, Ronette und Chiffon spiegeln das Leben in der Skid Row dar und kommentieren in Wort und Gesang die Handlung.
In Bad Gandersheim musste sich Darsteller Lemuel Pitts als Pflanze Audrey II nicht in einem überdimensionalen Kostüm verstecken, wie man es aus anderen Produktionen kennt, sondern Pitts war die Pflanze mit einer entsprechenden Kopfbedeckung und weiten Stoffbahnen mit denen Audrey II ihre “Opfer” einfangen konnte. Lemuel Pitts brachte nicht nur mit seiner Stimme, sondern mit ganzem Körpereinsatz die Pflanze Audrey II dazu, stark in die Handlung einzugreifen und sorgte mit seiner Arbeit für so manchen Lacher im Publikum.
Miriam Schwan spielte sich gekonnt in die Rolle des unsympathischen Zahnarztes und der ein oder andere hätte diesen wohl gerne der Pflanze zum Fraß vorgeworfen. Stimmlich konnte Schwan ebenso überzeugen. Neben ihrer Rolle des Orin konnte man Schwan auch im Ensemble erleben.
Die beiden Hauptprotagonisten Lina Görlitz als Audrey und Lukas Witzel als Seymour bildeten ein klasse Team. Ihre Entwicklung im Verlauf des Stückes war authentisch. Gesanglich konnten beide brillieren und ihr Können vollends unter Beweis stellen. Dies zeigte sich vor allem bei “Jetzt hast du Seymour”.
Fehmi Göklu sprang als Mr. Mushnik für Guido Kleineidam ein. Göklu mimte einen knallharten Geschäftsmann, der nur auf seinen Vorteil aus war und Fehler stets bei anderen suchte.
Die Skid Row Girls wurden von Marion Wulf (Crystal), Maja Dickmann (Ronette) und Pauline Schubert (Chiffon) gespielt. Sie ergänzten sich gut und spielten locker durch die Handlung.
Trotz der Hitze war es ein rundum gelungener Nachmittag in Bad Gandersheim. Die Gandersheimer Domfestspiele gehen 2023 bereits in ihre 64. Spielzeit. Welche Stücke dann zu erleben sind, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Die Domfestspiele müssen sich hinter den anderen Open Air Spielstätten nicht verstecken. Ein Besuch lohnt sich!
Gastbeitrag von Silke.