First Stage School: Premiere von Kerkelings KEIN PARDON 2025
Ein wilder Showbiz-Wahnsinn mit Herz und Satire

„Kein Pardon – Das Musical“ bringt den gleichnamigen Kultfilm von Hape Kerkeling mit viel Schwung, Humor und medienkritischem Biss auf die Bühne. Die Bühnenfassung, die Kerkeling gemeinsam mit Thomas Hermanns entwickelte, bleibt der Vorlage treu – und fügt gleichzeitig neue Facetten hinzu, die das Musical zu einem eigenständigen Erlebnis machen.
Gleich zu Beginn wird man von 26 Röhrenfernsehern begrüßt, die die Bühne einrahmen. Dort laufen vor der Show und während der Pause alte Klassiker wie etwa „Biene Maja“, „Löwenzahn“ oder „Wetten Dass“. Es macht Spaß auf den verschiedenen Bildschirmen immer wieder einen anderen Evergreen von damals zu entdecken und in Erinnerungen zu Schwelgen. Teilweise findet man auf den Bildschirmen aber auch Unbekanntes.
Die Geschichte
Im Mittelpunkt steht Peter Schlönzke (Philip Rakoczy), ein junger Mann aus dem Ruhrpott, der in der Schnittchenfirma seiner Familie arbeitet, aber vom großen Durchbruch im Fernsehen träumt. Durch eine Verkettung kurioser Zufälle, gerät er bei der fiktiven Samstagabendshow „Witzigkeit kennt keine Grenzen“, die von seinem großen Idol Heinz Wäscher (Nik Breidenbach) moderiert wird, zunächst hinter die Kulissen der Show, später dann ins Scheinwerferlicht. Peter merkt schnell, dass der Schein in der Fernsehwelt mehr trügt, als ihm lieb ist. Was als Traum beginnt, endet in einem grotesken Mediensumpf – bissig, komisch und tragisch zugleich.

Musik und Inszenierung
Die Musik stammt von Achim Hagemann und Thomas Zaufke, das Buch und die Liedtexte von Thomas Hermanns. Die Songs sind eingängig und stilistisch abwechslungsreich – von Showtunes über Chansons bis hin zu parodistischen Schlagern. Highlights wie „Das ganze Leben ist ein Quiz“ oder „Witzigkeit kennt keine Grenzen“ sind nicht nur Ohrwürmer, sondern auch clevere Kommentierungen des Showgeschäfts. Die Choreografien (Sven Niemeyer) und Bühnenbilder (Felix Wienbürger) spiegeln die schillernde, überdrehte Fernsehwelt der 90er wunderbar wider. Das Bühnenbild in der Inszenierung des First Stage Theaters ist minimalistisch aber originell und detailliert. Mit wenigen Handgriffen entstehen auf der Bühne die verschiedenen Schauplätze der Geschichte. So unter anderem mit einem verschiebbaren Treppenaufgang das Aufnahmestudio von „Witzigkeit kennt keine Grenzen“ oder aber in einer anderen Szene das Wohnzimmer der Familie Schlönzke, welches einfach hineingeschoben wird und auf der Bühne zum Leben erwacht.

Darstellerische Leistungen und Gesang
Die Cast glänzt mit Spielfreude und Gesangskraft. Einzig Nik Breitenbach (und die Zweitbesetzung Ansgar Schäfer) sind alte Hasen im Musicalbusiness. Alle anderen Mitglieder des Ensembles und die Hauptrollen sind Absolventen der Stage School, die gerade erst im vergangenen Monat ihren Abschluss gemacht haben. Besonders Philip Rakoczy als Peter Schlönzke überzeugt mit einer gelungenen Mischung aus Naivität, Charme und zunehmender Verzweiflung. Seine phantastische Bühnenpräsenz und die klangvolle Stimme tragen durch das ganze Musical. Peters schrullige Mutter wird großartig gespielt und gesungen von Munja Meier Sie sorgte für so manchen Lacher aber auch die ein oder andere rührselige Träne. Nik Breitenbach brillierte als abgehalfterter Showmaster Heinz Wäscher und nicht zu vergessen als Uschi Blum. Gerade bei dieser Szene (Nimm mich heut` Nacht) konnte sich das Premierenpublikum vor Lachen kaum noch auf den Sitzen halten. Dies lag zum Einen natürlich an der überaus überzeugenden Darstellung der Uschi Blum von Nik Breitenbach, aber auch an den komödiantischen Tanzeinlagen der „Uschi Blum Boys“ (Lorin Goltermann, Dominik Krumschmidt, Babak Malekzadeh, Timo Stark). Auch Svea Pöhner überzeugte in ihrer Rolle als kaffeeausschenkende Assistentin Karin und erntete viel Applaus. In der Rolle der Ulla, der ambitionierten Tontechnikerin mit dem großen Herzen und noch größeren Träumen, überzeugte Ilka Kottkamp auf ganzer Linie. In ihren Szenen mit Peter Schlönzke entsteht eine glaubhafte Chemie, die sowohl humorvoll als auch rührend wirkt. Oma Helma (Viola Bremer) und Opa Hermann (Pascal Giebel) sind das liebevoll-groteske Herz der Inszenierung. Ihre Darsteller liefern eine Performance, die das Publikum nicht nur zum Lachen bringt, sondern auch an Familie, Herkunft und Zusammenhalt erinnert. Wer bei ihnen nicht schmunzeln muss, hat vermutlich den Humor vergessen. An dieser Stelle ein großes Lob an die Maske (Klara Riefenstahl), die es geschafft hat, diese zwei jungen Künstler alt aussehen zu lassen. In der rasanten Medienwelt von „Kein Pardon“ braucht es natürlich auch Figuren, die für den ganz eigenen Wahnsinn hinter den Kulissen stehen – und genau das liefern Walter (Marc Verhaelen), Bertram (Timo Stark) und Doris (Victoria Kerbl). Die drei Darsteller dieser Rollen beweisen nicht nur schauspielerisches Feingefühl, sondern eine exzellente Beherrschung von Timing, Körperkomik und groteskem Ernst.

Fazit
„Kein Pardon – Das Musical“ ist eine herrlich überdrehte Satire auf das deutsche Fernsehen und gleichzeitig eine warmherzige Geschichte über Träume, Illusionen und das Erwachsenwerden. Wer den Film kennt, wird viele bekannte Szenen wiedererkennen – wer ihn nicht kennt, wird trotzdem bestens unterhalten. Ein Musical mit Haltung, Humor und Herz – kein Pardon nötig.
Cast & Crew
- Regie: Franziska Kuropka
- Choreografie: Sven Niemeyer
- Bühnenbild: Felix Wienbürger
- Heinz Wäscher/Uschi Blum: Nik Breidenbach/Ansgar Schäfer (altern.)
- Peter Schlönzke: Philip Rakoczy
- Hilde: Munja Meier
- Oma: Viola Bremer
- Opa: Pascal Giebel
- Ulla: Ilka Kottkamp
- Bertram: Timo Stark
- Walter: Marc Verhaelen
- Doris: Victoria Kerbl
- Karin: Svea Pöhner
- Tante Irmgard/ Kundin/ Nonne/ Frau Becker: Laura Schäfer
- Uschi Blum Boy: Timo Stark
- Glücksautomat: Tim Metzler
- Aufnahmeleiter, Kameramann: Dominik Krumschmidt
- Sabine: Luisa Neumann
- Bettina: Dominique Amport
- Warm Upper: Babak Malekzadeh
- Showgirls: Helena Jooss, Annika Müller, Charlotte Beba, Sophia Brommund, Lilly Geis
- Ensemble: Ann-Kathrin Amborn. Naomi Diebel, Anna Fix, Lorin Goltermann, Amirah Kus, Nadine Moßbrugger, Julia Mutschler, Annika Müller, Lina Sbaita, Ruby Smeets, Gina Tuveri, Rose Vandrey, Duygu Yüzbasioglu
Artikel von Mareike & Heidi