Ein Lied kann eine Brücke sein – Das Joy Fleming-Musical
Zur Bundesgartenschau entwickelt und nun überarbeitet!
Wiederaufnahmepremiere: 24. Mai 2024 – rezensierte Vorstellung: 13. Juli 2024
Musik vermag es Menschen zu verbinden. So ist der Liedtext von Joy Flemings Grand Prix- Hit „Ein Lied kann eine Brücke sein“ heute noch so aktuell, wie er es schon 1975 bei ihrer Teilnahme an dem Gesangwettbewerb war.
Der Skandal, dass die begnadete Jazz-und Bluessängerin mit diesem Song nur den 17. Platz erreichte, zeugt wohl davon, dass sie mit ihrem Können der damaligen Musikszene weit voraus war. Noch heute gilt dieser Beitrag bei vielen als die deutsche Grand Prix- Hymne.
Zur Bundesgartenschau wurde zu Ehren an die Ausnahmekünstlerin Joy Fleming, die in Mannheim ihre Karriere startete, ein Musical uraufgeführt. Dieses feierte auf der großen Bühne des Spinelli-Geländes seine Premiere. Etwas umstritten hierbei war der zweite Teil des Musicals. Während im ersten Akt das Leben von Erna Raad (Joy Flemings bürgerlicher Name) zur Besatzungszeit der Amerikaner in Mannheim spielte, wurden im zweiten Akt die Themen der Buga23 wie z. B. Nachhaltigkeit oder Klima aufgegriffen sowie versucht, den Bogen zur Zukunft zu schaffen. Man muss gestehen, dass der zweite Akt in der damaligen Version etwas gewöhnungsbedürftig war und so auch berechtigte Kritiken erhalten hat, was aber nicht an den Darstellenden lag, sondern an dem kompletten und extremen Bruch zum ersten Teil. Noch hinzu kam, dass der Titel „Joy Fleming Musical“ natürlich die Erwartungen weckte, dass sich das gesamte Stück um das Leben der Sängerin dreht.
Nun wurde mit großer Spannung die komplett überarbeitet Version von „Ein Lied kann eine Brücke sein“ , welche auf der Seebühne beim Seebühnensommer im Luisenpark aufgeführt wird, erwartet. Ein komplett neuer zweiter Akt verspricht einen ganz neuen Blick auf dieses Stück und die Geschichte. Ich war wirklich gespannt, wie sich der neue Teil einfügen wird und was alles im Vergleich zur BUGA-23-Version verändert wurde. Auch ich war letztes Jahr vom zweiten Akt nicht ganz überzeugt, auch wenn ich nachvollziehen konnte, dass der Bezug zur Buga23 geschaffen werden sollte. Was auch damals unumstritten grandios war, waren die Darstellenden, die mit Leidenschaft, Können und fantastischen Stimmen beim Publikum überzeugten und bei dem ein oder anderen über manch skurrile Szene hinwegsehen ließ.
Bei herrlichem Wetter stieg beim Betreten des schönen Luisenparks, der immer einen Besuch wert ist, die Vorfreude auf dieses Stück. Die Seebühne welche direkt am Wasser gelegen ist, erzeugt so eine wunderschöne Atmosphäre.
Das Bühnenbild wurde, auch auf Grund der kleineren Bühne, verändert, was dem Stück gut tat. Zwei bewegliche Holzelemente, welche in verschiedenen Formationen zusammengeschoben werden konnten, machten das Bühnenbild variabel und wurden passend zur jeweiligen Szene gut eingesetzt. Eine Litfaßsäule mit passender Plakatierung, welche immer entsprechend der jeweiligen Zeit in der die Szene spielt, gedreht werden kann, stand im Hintergrund und bereicherte das Bühnenbild.
Die Kostüme sind ebenfalls den jeweiligen Zeiten der gespielten Szenen angepasst und es ist sofort ersichtlich in welchem Jahrzehnt man sich gerade befindet. Auch das umstrittene Outfit von Joy Flemings Grand Prix Auftritt 1975 in Stockholm ist perfekt nachempfunden.
Einige Darsteller:innen sind von der letztjährigen Produktion erhalten geblieben und einige neue hinzugestoßen. Fantastische Darbietung von allen Beteiligten über das gesamte Stück.
Die Handlung:
In Mannheim sind in der Nachkriegszeit viele Amerikaner stationiert und bringen den amerikanischen Flair in den Alltag der Menschen. Erna Raad trifft in einer Bar auf die amerikanischen GIs und schnell wird den Soldaten klar, dass diese junge Frau ein großes Gesangstalent besitzt. Sie beginnt gegen den Willen ihrer Mutter in einer amerikanischen Band zu singen und verdient so ein bisschen was zur Familienkasse dazu.
Die Amerikaner erklären ihr, dass sie mit ihrer Stimme den Menschen „joy“ bringt. Ohne wirklich zu verstehen, was dieses Wort bedeutet, beschließt Erna, dass joy nach etwas gutem klingt und nennt sich fortan in der Band „Joy“. Doch mit ihrem Talent und den immer öfter stattfindenden Auftritten, wird auch der etwas windige Katzen–Theo auf Erna aufmerksam.
Theo sieht den großen Erfolg und somit auch das große Geld in Erna. Er möchte sie überzeugen , mit ihm nach Paris zu reisen um dort eine internationale Karriere zu starten. Gegen alle Bedenken von Ernas Freundin Lise und ihrer Mutter, willigt sie ein und verlässt mit Katzen- Theo, welcher ihr den Künstlername Joy Fleming verpasst, Mannheim um in Paris den großen Erfolg zu finden.
Nach einigen Jahren muss Erna mittel- sowie erfolglos nach Mannheim zurückkehren. Alleine, von Katzen – Theo im Stich gelassen, wird sie am Bahnhof von ihrer treuen Freundin Lise voller Freude in Empfang genommen. Auch in Mannheim hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert und so muss sich Erna überlegen, wie sie nun ihr Geld verdienen möchte.
Mit ihren alten Freunden gründet sie die Band „Hit kids“ und kann weiterhin ihrer Leidenschaft dem Singen, nachgehen. Eines Tages taucht unerwartet ein Produzent auf, der Joy in einer Fernsehsendung einen Auftritt anbietet. Etwas verwundert, aber voller Freude nehmen Joy und die Band das Angebot an.
Als ohne Vorwarnung Katzen- Theo wieder vor Joys Tür steht, wird ihr klar, wem sie den TV-Auftritt zu verdanken hat. Widerwillig lässt sie Theo wieder in ihr Leben. Der Tag des Auftrittes ist gekommen und Joy überzeugt auf ganzer Linie. Die „Hit kids“ und sie erhalten die Möglichkeit dauerhaft im TV aufzutreten.
Produzent Dieter Pröttel erkennt Joys Talent sofort und meldet sie ohne ihr Wissen zum Vorentscheid des Grand Prixs für ein Lied für Stockholm an. Gegen große Namen wie z.B Marianne Rosenberg, Peggy March, Katja Ebstein oder auch Mary Roos, die alle im Schlagerbereich erfolgreich sind, soll sich Jazzsängerin Joy Fleming behaupten.
Das Wunder ist vollbracht und Joy gewinnt unerwartet den Vorentscheid und fährt 1975 mit „Ein Lied kann eine Brücke sein“ für Westdeutschland nach Stockholm. Katzen- Theo und Pröttel sehen in Joy schon die Siegerin und managen sie gemeinsam, nicht immer zu ihrem Vorteil. Joy muss in einem grünen Kleid, welches ihr absolut missfällt auftreten und soll sich stimmlich zurücknehmen. Doch sie lässt sich zumindest bei der gesanglichen Darbietung nicht reinreden und sing mit voller Leidenschaft.
Alle Hoffnung den Grand Prix zu gewinnen zerschlagen sich in wenigen Minuten. Joy erreicht leider nur den 17. Platz , was für alle sehr überraschend und enttäuschend ist. Der Schock sitzt tief doch Joy kann sich in all dem Schmerz über diese Niederlage auf den Zusammenhalt ihrer Freunde und ihrer Mutter verlassen.

Erna Raad alias Joy Fleming wurde wie im letzten Jahr von der großartigen Jeanette Friedrich verkörpert. Mit ihrer kraftvollen Stimme berührte sie die Zuschauer und sorgte beim wichtigsten Song „Ein Lied kann eine Brücke sein“ für Gänsehaut und großen Applaus. Auch ihre schauspielerische Darbietung machte Freude beim zusehen. Die Leichtigkeit, aber auch Stärke und den Mut den sie ihrer Rolle verlieh waren sehr authentisch.
Die Mannheimer Persönlichkeit Katzen- Theo, welcher sich immer durchs Leben schlägt und das nicht immer auf legale Art und Weise, wurde von Andrea Mathias Pagani gespielt. Mit seinem grandiosen Mannheimer Dialekt sorgte er durchweg für Lacher im Publikum. Sein schauspielerisches Können zeigte er in Perfektion. Es machte einfach sehr viel Spaß Pagani auf der Bühne als Katzen- Theo zuzusehen. Auch gesanglich überzeugte er durch facettenreiche Darbietungen.
Ernas resoluter Mutter hauchte Anja Beck Hardt auf fantastische Art und Weise Leben ein. Eine Mutter die in diesen schweren Nachkriegszeiten den Alltag der Familie am laufen halten muss und sich wenn auch oftmals etwas ruppig, Sorgen um die Zukunft ihrer Tochter macht. Doch aller Bedenken steht sie hinter ihrer Tochter auch in der Niederlage. Dies brachte sie alles hervorragend auf die Bühne. Mit einer großartigen, kraftvollen Stimme sang sie sich in die Herzen des Publikums und bekam großen Applaus für ihre Darbietungen.
Ernas Freunde Lise und Karl wurden von Birgit Widmann und Jan Niklas Mavigöck gespielt. Beide spielten harmonisch zusammen und verliehen ihren Rollen die passenden Charaktereigenschaften. Was Freundschaft bedeutet und was Zusammenhalt bewirken kann zeigten sie im Zusammenspiel mit den anderen Darstellenden.
Thomas Simon und Susanne Back sorgen als Produzent Dieter Pröttel sowie seiner Assistentin Manuela für gute Stimmung. Als Duo spielten sie sehr gut zusammen und brachten das Publikum desöfteren zum lachen. Vor allem Susanne Back sorgt mit ihrer Darstellung der naiven, modebewussten Manuela für einige witzige Momente. Des weiteren übernahm sie im erste Teil noch die Rolle der Gräfin.
Überzeugend zeigte Thomas Simon was einen Produzenten ausmacht. Erfolgsorientiert, auf sich bezogen, protzend alles was man sich unter einem Produzenten vorstellt wurde von ihm auf die Bühne gebracht. Im ersten Akt ist er noch als Soldat 1 zu sehen.
Fazit
Die vollkommen überarbeitete Version von „Ein Lied kann eine Brücke sein“ überzeugt auf ganzer Linie. Es ist ein sehr unterhaltsames, kurzweiliges, stimmgewaltiges Musical. Der zweite Teil, welcher komplett neu arrangiert wurde, tut diesem Bühnenstück im Vergleich zur ersten Version auf der BUGA 23, sehr gut. So stellt man sich ein Joy Fleming Musical vor und es bringt große Freude beim zusehen.
Mich hat die neue Version absolut überzeugt und gefällt mir persönlich viel besser, da es das gesamte Stück nun komplett und harmonisch wirken lässt. Die Darstellenden haben durchweg großartige Leistungen auf der Bühne gezeigt und wurden von einer tollen Band live begleitet.
Zu den heimlichen Publikumslieblingen entwickelten sich die Rollen des Katzen–Theos, sowie Manuela, der Assistentin des Produzenten Pröttel.
Ein schöner Abend mit einem wunderbaren Stück, dass Joy Fleming ein würdiges Andenken schenkt. Sehr authentisch durch den Mannheimer Dialekt der in das Stück durch Katzen- Theo eingebracht wird und mit Songs von Joy Fleming sowie einigen neuen Liedern, auch Mannheim repräsentiert.
Cast & Crew
- Jeannette Friedrich: Erna Raad
- Andrea Mathias Pagani: Theo
- Birgit Widmann: Lise
- Susanne Back: Gräfin, Manuela
- Jan Niklas Mavigöck: Karl
- Thomas Simon: Soldat 1/ Dieter Pröttel
- Denis Bode: Soldat 2/ Rainer Pietsch
- Anja Beck Hardt: Mutter
- Denis Bode: Soldat 2/Rainer Pietsch
- Oliver Häfele: Soldat , Band
- Gernot Bier: Soldat, Band
- Oliver Knapp: Der rote Robert, Publikum, Nachbar, Techniker
- Evelyn Nagel/Sandra Waindok: Trümmerfrau/ GI Clubbesucherin, Passantin, Publikum, Nachbarin, Backgroundsängerin
- Lorena Steeb: Trümmerfrau/GI Clubbesucherin, Passantin, Publikum, Nachbarin, Backgroundsängerin
- Susanne Stein: Trümmerfrau/ GI Clubbesucherin, Passantin, Publikum, Nachbarin, Backgroundsängerin
- Petra Ehmann/Leonie Lancia: Trümmerfrau/ GI Clubbesucherin, Passantin, Publikum, Nachbarin
- Buch und Regie: Georg Veit
- Komposition: Ilja Krut, Laura Diedrich, Johannes Pinter
- Popakademie Mannheim unter der Leitung von Michael Herberger
- Arrangements: Thilo Zirr
- Chorarragements, Chorleitung : Dieter Scheithe
- Musikalische Leitung: Mark Hernadi
- Ausstattung : Marette Oppenberg
- Maske: Daniela Winter
- Veranstalter: Stadtpark Mannheim gemeinnützige GmbH
- Eigenproduktion Capitol Mannheim
Weitere und vorerst letzte Spieltermine sind der 04.08.24, 14.09.24, 15.09.24. Tickets gibt es direkt online unter www.luisenpark.de.
Ich bedanke mich für die Einladung zum Seebühnensommer im Luisenpark
Artikel von Rebecca