Die Kulturszene und Corona – Im Gespräch mit Philip Schwarz

© by Claudia Engl

Seit er im Juni 2010 kurzfristig die Titelrolle in dem Stück „Halbblut“ bei den Karl May Spielen in Bad Segeberg übernahm, ist er dort ein immer wieder gern gesehener Darsteller. 10 Jahre ist das nun her und Philip war seitdem dreimal Ensemblemitglied in Bad Segeberg. Seitdem konnte man ihn auf verschiedenen Bühnen sehen, er wechselt stetig auch zwischen TV und Synchronstudio hin und her. Auch er blieb von Absagen seiner Engagements nicht verschont. In unserem Interview könnt Ihr nun lesen, wie es Philip in dieser Zeit der Pandemie bisher erging und wie seine Zukunft aussieht.

Anfang März 2020 wurden aufgrund von Corona alle Veranstaltungen abgesagt. Wie hast du diesen Moment erlebt und wo warst du gerade – du bist doch beruflich immer viel unterwegs?

Zu diesem Zeitpunkt habe ich zwei Stücke in Ingolstadt gespielt und war gerade auf Familienbesuch in Ulm. Für Mitte März war ein längerer Aufenthalt in New York geplant und ich konnte gerade noch meine Flüge stornieren, nachdem die dort anstehenden Projekte auf unbestimmte Zeit verschoben wurden.

Du besitzt eine Green Card und bist deswegen regelmäßig in den USA. Wie empfindest du die Situation dort?

Die Situation in Amerika habe ich in den Medien mitverfolgt und bin in engem Kontakt mit Freunden die in New York leben. Die Situation ist sehr angespannt und das Leben dort hat sich sehr verändert. Viele Kollegen haben die Stadt verlassen, weil sie durch die derzeitigen Umstände momentan und in absehbarer Zeit keine berufliche Perspektive mehr sehen.

Du hast in Deutschland zuletzt in Ingolstadt für das Zweipersonen-Stück „Die Tür nebenan“ auf der Bühne gestanden und im April hätte es weitere Termine gegeben, die nun verschoben wurden.  Es sind nur zwei Figuren, aber die kommen sich im Stück näher……erzähl doch ein wenig über das Stück.

Ich spiele zwei Stücke in Ingolstadt. Zum einen das Erfolgsstück vom Broadway „Die Tanzstunde“ über den autistischen Universitätsprofessor Ever Montgomery der für eine Preisverleihung das Tanzen lernen muss, aber jeglichen Körperkontakt verabscheut und sich in seine Nachbarin, eine verletzte Tänzerin, verliebt. Und zum anderen „Die Tür nebenan“, welche die Geschichte zweier Nachbarn erzählt.  Er Joghurtverkäufer, sie Psychologin, beide Single und auf der Suche nach der großen Liebe. Beide wohnen auf demselben Stockwerk. Jede Begegnung artet in eine beherzte Diskussion voller Anschuldigungen und Unterstellungen aus. Und wie viele Singles machen beide sich im Internet auf die Suche nach der großen Liebe. „Die Tür nebenan“ ist eine flotte französische Gesellschafts-Komödie voll tiefgründigem Wortwitz.

Leider könne wir beide Stücke momentan nicht spielen. Aufgrund der Corona bedingten nur sehr begrenzt zulässigen Zuschauerzahl und der körperlichen Nähe der Schauspieler. Eine Änderung der Inszenierung ist nach Auffassung der Regisseurin momentan nicht umzusetzen.

Wie hat sich diese Corona Situation auf dein Familienleben ausgewirkt?

An meinem Familienleben hat sich nicht viel geändert. Nur dass der reale Kontakt zu meinen Eltern sich in den ersten Wochen aufgrund der Situation auf den virtuellen Kontakt beschränkt hat. Der Kontakt zu meinen Freunden ist aufgrund meiner räumlichen Abwesenheit bereits vor Corona vorwiegend virtuell, weil auch einigen beruflich eine Mobilität abverlangt wird.

Wie hat es sich angefühlt, monatelang zuhause sein zu müssen und nicht arbeiten zu können? Womit hast du dich in den letzten Monaten beschäftigt?

Viele häusliche Vorhaben sind in den letzten Monaten während meiner berufsbedingten Reiserei liegen geblieben. Ich konnte mich längst vergessenen Hobbies und Interessen widmen, habe das Gitarre spielen wieder angefangen, 2 Sprachen vertieft und neben der Aufzucht von Gemüse und Obst auf meiner Dachterrasse auch meine Technik mit E-Castings verbessert. Ach ja, ich habe meine erste Golfstunde genommen und braune Kühe in den Allgäuer Bergen gestreichelt.

Hat diese Zwangspause auch etwas Gutes gebracht?

Auf jeden Fall. Ich sehe immer das Positive im vermeintlich Negativen. Die Welt ist im Wandel. Und das sehe ich nach wie vor als große Chance für eine Veränderung in jedweder Richtung. Berufliche Veränderung spielt in meinem Leben eine große Rolle.

Konntest du schon wieder im Synchronbereich arbeiten – und wie sind die Maßnahmen dort aufgebaut?

Kurz nach dem Lock down hatte ich eine Aufnahme für meine Synchron-Rolle in Feuerwehrmann Sam. Die Arbeit im Studio ist mit den Hygienemaßnahmen weiterhin möglich, da ich meist alleine im Studio stehe. Kopfhörer habe ich meine eigenen und der Sprecherbereich wird nach jeder Aufnahme gründlich desinfiziert. Und es gibt eine Glasscheibe zwischen Sprecher, Regisseur und Techniker.

Wie beurteilst du die finanzielle Unterstützung durch die Regierung? Wurden die freischaffenden Künstler vergessen?

Dazu kann ich nur wenig sagen, da ich das Glück hatte weiterhin eingeschränkt zu arbeiten. Meines Wissens wird das von den Bundesländern sehr unterschiedlich gehandhabt. Von den Hamburger Kollegen weiß ich, dass es in Hamburg für selbstständige Künstler entsprechende Hilfen gab. Allerdings ist das gemessen an der Situation nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und man müsste diese Hilfe bundesweit vereinheitlichen und weiter aufstocken.

Viele Künstler veranstalten seit Beginn der Theaterschließungen Wohnzimmer- und virtuelle Streamingkonzerte – du hast selbst aus Karl May für ein Portal vorgelesen, wie stehst du zu dieser Möglichkeit der Unterhaltung und welche neuen Möglichkeiten bieten sich eventuell dadurch?

Ich finde diese Möglichkeit der virtuellen Auftritte und Konzerte aus dem Wohnzimmer eine gute Möglichkeit auch weiterhin sichtbar zu bleiben. Natürlich ersetzt dies nicht die Atmosphäre des Theaters. Aber es ist eine Möglichkeit kreative Unterhaltung zu gestalten und vielleicht auch neue Wege zu gehen, die man vorher nicht für möglich gehalten hätte. Ich glaube da gibt es noch viel Potential. Natürlich muss man auch die Arbeit sehen die dahinter steckt. Und Arbeit muss entsprechend entlohnt werden. Sonst kann ich mit meiner Arbeit als Künstler, wie in anderen Berufen auch, nicht überleben.

Wo wir gerade bei Karl May sind – diesen Sommer ist es zehn Jahre her, dass du zum ersten Mal zum Ensemble gehört hast. Wie fühlt sich das an?  Auch deine letzte Spielzeit liegt mittlerweile schon wieder 4 Jahre zurück. Welche Erinnerungen hast du an Bad Segeberg? Du bist uns jedenfalls noch immer in guter Erinnerung und viele Zuschauer möchten dich gerne einmal wiedersehen.

Das freut mich natürlich. Die Jahre nach meinem Einstand vor 10 Jahren in Bad Segeberg vergingen wie im Flug. Ich habe danach viel Theater gespielt. Meine Erinnerung an Bad Segeberg ist sehr präsent. Ich kann mich noch sehr genau an die verschiedenen Etappen, Inszenierungen, das Reittraining und die lieben Kollegen erinnern. Und ich freue mich über die Zuschauer und Fans die mir in Bad Segeberg und bis heute auch an anderen Bühnen die Treue gehalten haben. Die Zeit am Kalkberg war eine ganz besondere Zeit für mich.

Wie findest du die Idee der Bühnenführungen als Ersatz für die ausgefallene Spielzeit?

Die Idee der Bühnenführungen finde ich gut. In der der viralen Zeit sicherlich auch ein kreatives, hoffnungsvolles Zeichen fürs Weitermachen. Diese Idee wäre sicherlich auch vor Corona interessant gewesen.

Es gibt immer ein Licht am Ende des Tunnels! Wie sieht dein Licht aus? Welche Projekte stehen an?

Mein Lichtblick wird sein, wieder auf der Bühne zu stehen. Das fehlt mir schon sehr und wird natürlich vom weiteren Verlauf der Pandemie abhängen. Mein nächstes größeres Theater- Projekt ist erst mal für Sommer 2021 geplant.

An dieser Stelle sagen wir Philip herzlichen Dank, dass er sich die Zeit für uns genommen hat und wünschen Ihm weiterhin alles Gute für die Zukunft.

 

Interview: Nathalie