Der Glöckner von Notre Dame – Wien 2022/2023

Premiere: 08. Oktober 2022 / besuchte Vorstellung: 17. Dezember 2022, 19:30

© VBW, Deen van Meer

Disneys DER GKLÖCKNER VON NOTRE DAME, in der Neuinszenierung von Scott Schwartz, läuft seit Anfang Oktober 2022 wieder im deutschsprachigen Raum. Die Musik von Alan Menken und die Texte von Stephen Schwartz, in der Übersetzung von Michael Kunze, werden im Wiener Ronacher wieder zum Leben erweckt. 

Das Musical handelt von Erzdiakon Claude Frollo (Andreas Lichtenberger) und seinem Bruder Jehan (Jan-Eike Majert), der ganz und gar nicht christlich leben möchte und deswegen zusammen mit dem hübschen Zigeunermädchen Florika (Hannah Leser) flieht. Nach Jahren trifft Claude seinen Bruder wieder. Jehan liegt im Sterben und bittet Claude sich seines Babys anzunehmen und für den Jungen zu sorgen. Claude ist entsetzt, denn der Junge ist körperlich schwer entstellt, nimmt sich aber dennoch seiner an und tauft ihn auf den Namen Quasimodo (Charles Kreische). Damit keiner die entstellte Kreatur sehen kann, versteckt Frollo Quasimodo im Glockenturm von Notre Dame und redet ihm ein, dass die Welt draußen grausam und schlecht ist und er nicht dort hinuntergehen sollte.

So sind die einzigen „Freunde“ Quasimodos die Steinfiguren und Wasserspeier auf dem Turm und er sehnt sich so sehr danach mal die richtige Welt dort draußen, außerhalb des Turmes zu erleben. Am 06. Januar, dem Tag des Narrenfestes in Paris nimmt er allen Mut zusammen und schleicht sich hinaus. Auf dem Narrenfest zieht die hübsche Zigeunerin Esmeralda (Sophie Mefan) bei ihrem Tanz alle Aufmerksamkeit der anwesenden Männer auf sich, auch die von Frollo, Quasimodo und dem neu in der Stadt eingetroffenen, attraktiven Hauptmann Phoebus (Roy Goldmann). Esmeralda entdeckt später auch Quasimodo und ermutigt ihn an einem Grimassenwettbewerb teilzunehmen, was sich als böser Fehler herausstellt, denn die anderen Menschen am Platz verachten ihn, beschimpfen ihn wüst und gehen sogar körperlich auf ihn los. Frollo geht nicht dazwischen, weil er Quasimodo eine Lehre erteilen will und so kehrt Quasimodo zutiefst gedemütigt, verletzt und kleinlaut zurück in sein Versteck im Turm.

Abla Alaoui als Esmeralda, © VBW, Deen van Meer

Esmeralda hat ein schlechtes Gewissen, da sie Quasimodo dazu überredet hat am Wettbewerb teilzunehmen und folgt ihm in die Kathedrale, um ihn zu suchen. Dort trifft sie erstmals auf Frollo, der sie aufhält und keinen Hehl aus seiner Abneigung gegenüber Zigeunern macht. So findet Esmeralda Quasimodo im Turm und lässt sich von ihm „seine Welt“ zeigen und die beiden entwickeln Sympathien füreinander.

Frollo erwischt sie bei Quasimodo, macht ihr ein unmoralisches Angebot, dass sie doch bei ihm in der Kirche bleiben könnte, unter dem Vorwand sie im Glauben zu unterrichten. Esmeralda durchschaut aber seine wahren Absichten und weigert sich, daraufhin lässt Frollo sie von Phoebus aus der Kathedrale werfen. Sie geht aber sowohl Frollo, als auch Phoebus nicht mehr aus dem Kopf und so suchen beide sie Nacht für Nacht im verruchtesten Viertel der Stadt, bis sie sie in einer Gaststätte auffinden.

Frollo hält sich im Hintergrund versteckt, muss aber mit ansehen, wie sich Phoebus und Esmeralda näher kommen und am Ende sogar küssen. Rasend vor Eifersucht will Frollo sich rächen und ordnet an, Esmeralda in der ganzen Stadt zu jagen und zu verhaften. Als Phoebus ihm den Befehl verweigert, wird dieser von Frollo schwer verletzt. Esmeralda und Phoebus schaffen es aber  zu fliehen und Esmeralda bittet Quasimodo Phoebus bei sich im Turm zu verstecken, bis dieser wieder gesund ist. Phoebus bittet Quasimodo ihn zum Versteck der Zigeuner zu bringen, sobald er wieder bei Kräften ist.

Dominik Hees als Phoebus, © VBW, Deen van Meer

Als Frollo aber Quasimodo erzählt, dass seine Soldaten das Versteck der Zigeuner gefunden hätten und sie es am nächsten Morgen stürmen wollen, machen sich Quasimodo und Phoebus auf den Weg, um die Zigeuner zu warnen. Sie können aber den Überfall nicht verhindern und so werden Esmeralda und Phoebus verhaftet. Quasimodo wird im Turm von Frollo angekettet, damit er den Glockenturm nicht mehr verlassen kann. Nachdem Esmeralda Frollo im Kerker nochmals abweist, will dieser sie auf dem Scheiterhaufen hinrichten. Quasimodo bekommt dies mit und beschließt all seinen Mut und seine Kraft zusammen zu nehmen um Esmeralda zu retten, so kommt es zum großen und emotionalen Showdown…

Charles Kreische spielt die Rolle des Quasimodo sehr überzeugend und nachvollziehbar, man fühlt als Zuschauer sehr mit der Figur mit. Vom Stimmumfang ist er ein wenig tiefer, als sein Kollege David Jakobs. Umso spannender waren Kreisches emotionale Interpretationen.

Sophie Mefan glänzte als Esmeralda sowohl tänzerisch, als auch stimmlich. Bei „Hilf den Verstoßenen“ und „Einmal“ sorgte sie für emotionale Gänsehaut. Auch schauspielerisch kaufte man ihr die Rolle der mutigen und eigensinnigen Zigeunerin voll und ganz ab.

Andreas Lichtenberger als Erzdiakon Claude Frollo war sowohl sehr beeindruckend als auch ein wenig furchteinflösend. Sein „Feuer der Hölle“ war fantastisch und wurde zurecht mit langen Jubelstürmen vom Publikum bedacht.

Roy Goldmann als attraktiver Hauptmann Phoebus de Martin spielte die Rolle überzeugend und nachvollziehbar, man kaufte ihm den traumatisierten Soldaten, der Ruhe vom Kriegsgeschehen sucht und auch seinen Sinneswandel in Sachen blinde Befehlstreue voll ab. Auch stimmlich wusste er zu überzeugen und harmonierte bei „Einmal“ wundervoll mit Sophie Mefan.

Mathias Schlung brachte als Clopin Trouillefou viel Schwung auf die Bühne und spielte den durchtriebenen Zigeunerkönig mit viel Schalk und Elan.

© VBW, Deen van Meer

Das Ensemble war ebenfalls großartig. In all den kleinen Rollen verzauberten einen die Darsteller*innen und rundete die Show perfekt ab. Ergänzt wurde das Ensemble mit Mitgliedern des Chorverbandes Österreich.

Das Bühnenbild wurde zu den Aufführungen in Deutschland nicht verändert, es ist weiterhin sehr minimalistisch schlicht gehalten. Mit einem Boden in Schachbrettmuster, dem Turmgerüst aus Holz und einzelnen verschieblichen Holzelementen, die mal als Balustrade, mal als Kirchenbänke oder mal als Treppe unterschiedlich eingesetzt werden. Im hinteren Teil des Holzgerüstes ist der Chor in zwei Etagen angeordnet. Zusätzlich gibt es noch die sieben Glocken von Notre Dame die nach Bedarf von der Decke runter und wieder hoch gefahren werden können.

Das Stück hat insgesamt eine schöne, angenehme Lichtstimmung, die sehr realistisch wirkt und auch die Kostüme sind eher schlicht gehalten und der Zeit, in der das Stück spielt, angepasst, natürlich sind einige Kostüme auch vom Design an den Disneyfilm angelehnt.

Die Musik von Alan Menken wirkt insgesamt sehr imposant durch die immer wieder eingebauten Chorelemente. Aber auch die wunderschönen Balladen sorgen, wie man es von ihm kennt, für Gänsehaut beim Publikum. Insgesamt ist die Musik eine sehr gute Mischung aus den imposanten Nummern mit viel Energie („Feuer der Hölle“, Finale 1.Akt) und ruhigen Gänsehautmomenten („Licht des Himmels“, „Einmal“). Die musikalische Leitung oblag an diesem Abend Michael Römer, welcher das Orchester der Vereinigten Bühnen Wien wunderbar dirigierte.

Die Choreographien des Stückes sind teils sehr schwungvoll und mitreißend, aber auch sehr bildhaft geprägt, weil auch über die Choreographien Manches bildlich dargestellt wird.

Der Glöckner von Notre Dame ist für mich ein besonderes Stück, weil auf viel Tamtam und Special Effekts beim Bühnenbild verzichtet wurde. Der Fokus liegt so auf der Handlung, den Darsteller*innen und der Musik. Die eigene Fantasie wird so immer wieder angeregt und so wirkt DER GLÖCKNER VON NOTRE DAME durchaus emotional. Es ist nicht der bekannte Disney-Kitsch, sondern ein Musical mit ernsten Hintergrund.

Das Musical ist in Wien noch bis Juni 2023 zu erleben. Tickets gibt es direkt bei den Vereinigten Bühnen Wien!

Es spielten:

  • Quasimodo: Charles Kreische
  • Esmeralda: Sophie Mefan
  • Frollo: Andreas Lichtenberger
  • Phoebus: Roy Goldmann
  • Clopin: Mathias Schlung
  • Pater Dupin: Martin Berger
  • Florika: Hannah Leser
  • Madame: Anne Hoth
  • Jehan Frollo: Jan-Eike Majert
  • St. Aphrodisius: David Rodriguez-Yanez
  • Leutnant Frederic Charlus: Thijs Snoek
  • König Louis XI.: Gerben Grimmius
  • weiteres Ensemble: Andrea Luca Cotti, Christopher Dederichs, David Eisinger, Sina Pirouzi, Lucina Scarpolini
  • Swings: Bianca Basler, Salvo Maione, Jo Lucy Rackham
  • Chorverband Österreich

Artikel von Claudia

*Wir weisen darauf hin, dass der Begriff „Zigeuner“, nicht zuletzt aufgrund seiner Verwendung im Nationalsozialismus, rassistische und stigmatisierende Konnotationen aufweist und daher im heutigen Sprachgebrauch nicht mehr ohne Einordnung oder Kommentar erscheinen sollte. (VBW, Castzettel)