Das Phantom der Oper – Broadway Entertainment Group auf Tournee
Tourstop in Basel
Premiere: 06.11.2024 – rezensierte Vorstellung: 09.11.24 19.30 Uhr
Mit 160 Millionen Zuschauern in 186 Städten und über 70 Auszeichnungen und Rekord für die längste Broadway-Laufzeit, ist das PHANTOM DER OPER eines der beliebtesten Musicals aller Zeiten. Die Welturaufführung fand im Jahr 1986 in London statt. Das Musical von Andrew Lloyd Webber nach dem gleichnamigen Roman von Gaston Leroux entführt den Musicalbesucher in die Pariser Oper um das Jahr 1930.
In der Pariser Oper spukt das verkannte Genie «Das Phantom». Des Öfteren gab es bereits Vorfälle im Theater, die immer nur dann auftraten, wenn die Theaterleitung die Vorschläge und Hinweise des Phantoms missachtete. Die neue Leitung der Pariser Oper ist sich dieser Tatsache nicht bewusst. Während der Aufführung der vom Phantom geschriebenen Oper «Don Juan Triumphant» möchte Raoul das Phantom eliminieren. Doch das Phantom ist auch hier einen Schritt voraus.
Das Musical DAS PHANTOM DER OPER ist jenes Musical, das mich 1993 mit dem «Musicalvirus» infizierte. Ich sah es in Hamburg in der dafür erbauten Neuen Flora. Zwei weitere Besuche erfolgten 2001 und 2004. Die Musik dazu habe ich noch auf Schallplatte mit Anna Maria Kaufmann und Peter Hofmann in den Hauptrollen.
Zum 35-jährigen Jubiläum wurde 2021 in London eine neue Version des Musicals (Regie: Seth Sklar-Heyn, Choreo: Chrissie Cartwright, Bühne: Matt Kinley) uraufgeführt, welche dem Original noch am nächsten kommt. Aber mittlerweile gibt es mit der Musik Webbers nicht mehr nur noch eine Version. Bei den Vereinigten Bühnen Wien läuft aktuell eine Neuinszenierung von Cameron Mackintosh (Regie: Laurence Conner/Seth Sklar-Heyn, Choreo: Scott Ambler, Bühne: Paul Brown), welche in vielen Aspekten vollkommen anders ist und stellenweise sogar die Figuren neu denkt.
Die hier in Basel aufgeführte Version, ist die dritte Version mit der Musik von Webber und ebenfalls einem neuen Kreativteam. Regie führte für diese Version Stephen Barlow, die Choreografien stammen von Ewan Jones und das Bühnen- und Kostümbild von Andrew Riley. Diese dritte Version startete einst in Oslo, wurde in Griechenland weiterentwickelt und zuletzt im mittleren Osten präsentiert. Nun wird sie Lissabon, Prag, Antwerpen und Lausanne noch zu erleben sein.
Bei meiner Rezension ist also zu beachten, dass erstens die Messlatte bei mir für dieses Musical maximal hoch liegt und ich zweitens eine Verfechterin der Originalversion bin und diese immer wieder vergleiche.
Das Musical startet damit, dass bei einer Auktion Gegenstände der Pariser Oper versteigert werden. Der im Rollstuhl sitzende Protagonist Raoul erinnert sich an vergangene Tage in der Oper. Mit der Versteigerung des Kronleuchters beginnt die Rückblende in die Vergangenheit.
In der ursprünglichen Version des Musicals liegt der Kronleuchter bedeckt auf der Bühne. Aus dem Orchestergraben donnert das Intro des Instrumentals «Das Phantom der Oper». Der Kronleuchter flackert und wird zum Klang der Orgelmusik an die Decke gezogen. (Ich habe gelesen, dass dieser powervolle Vorgang gelegentlich den Musikern im Orchestergraben die Notenblätter weggeweht hat.) Der Bühnenvorhang öffnet sich und man sitzt im Publikum der Pariser Oper. In der Version, die ich in Basel gesehen habe, hängt der Kronleuchter bereits im Theatersaal. Das Intro wird gespielt und es passiert erstmal nichts. Wurde dies möglicherweise extra so angepasst, damit es für eine Aufführung in kleineren Theatern geeignet ist? Auf jeden Fall wird hier ein erster essentieller Gänsehautmoment verspielt.
Anfangs sehe ich auch keine unbedingt pompösen Bühnenbilder. Der Grund dafür ist, dass das Bühnenbild ja die Bühne von Paris darstellt. Allerdings gefällt mir die Umrandung der Bühne mit ihren Logenplätzen sehr gut.
Die Szene, als das Phantom Christine in den Untergrund der Oper mitnimmt, wurde sehr schön dargestellt. Auf der Bühne steht eine Art Turm, an dem eine Treppe nach unten führt.
In der Pariser Oper gibt es unterirdische Gewässer, die vom Phantom mit einem Boot befahren werden müssen. (Funfact: Diese Gewässer gibt es tatsächlich. Sie werden heutzutage regelmäßig abgepumpt). In der Version von Hamburg fuhr das Phantom mit Christine über die ganze Bühne. Aus dem Wasser wuchsen Kerzen. Auch dieser Gänsehautmoment fehlt in der neuen Version. Die Bootsfahrt war recht kurz und endete an der Orgel des Phantoms, die allerdings sehr mystisch aussah und mir gut gefiel. In dieser Szene nahm Christine dem Phantom bereits die Maske vom Gesicht und man sah die verbrannte Gesichtshälfte. Ich glaube, in der Hamburger Version wollte Christine dem Phantom die Maske abnehmen, doch dieser bedeckte sein Gesicht mit seiner Hand und auch der Zuschauer sah noch nicht den Grund für die Maske.
Trotz den vom Phantom herbeigeführten Unfällen in der Oper, wirkte es sehr menschlich und nicht wie in der Ursprungsversion wie ein mysteriöses Wesen. In Hamburg sah man das Phantom des Öfteren als Schatten oder auf dem Dach der Oper und auf dem Friedhof teils schemenhaft vorbeihuschen und beobachten. Dies war bei dieser Version nicht der Fall.
Der Fall des Kronleuchters am Ende des ersten Aktes war meines Erachtens gelungen. Das Licht flackerte, es sprühten Funken und der Kronleuchter fiel Richtung Publikum.
Zu Beginn des zweiten Aktes hätte ich das Phantom gerne etwas öfter gesehen. Die Szene «Maskenball» war im Vergleich zu Hamburg etwas spärlich. Es wurde zwar versucht, einen pompösen Spiegelsaal darzustellen doch aus Reihe 5 sah es für mich etwas billig aus. Es fehlte die große Treppe und die ca. 50 prachtvoll verkleideten Darsteller. Ich habe anhand meine Hamburger Programmheftes die Kostüme verglichen. Während in Hamburg vor allem die Masken und die Kopfbedeckungen sehr aufwändig gestaltet waren, trugen die Darsteller in Basel nur diese einfachen Masken über den Augen.
Die Szene der Don Juan Aufführung empfand ich auch als sehr vereinfacht dargestellt. Ein wenig erinnerte es mich an Schneewittchen, als sie den Apfel von der Hexe bekam.
Herausgestochen bei der Produktion in Basel ist Lara Martins als Carlotta, die klar zeigte, dass sie auch im Bereich des Operngesangs zu Hause ist. Gesanglich haben mir alle Darstellerinnen und Darsteller sehr gut gefallen. Dougie Carter (Raoul) mit seiner warmen Stimme und auch Georgie Wilkinson (Christine Daaé), die mit ihrer Opernausbildung auch die ganz höhen Töne mit Bravour meisterte. Die Szene als Raoul Christine auf dem Dach seine Liebe gestand, war sehr bewegend.
Was Georgie Wilkinson angeht, haben mir allerdings zwei Dinge nicht so gefallen. Zum einen wirkte speziell bei ihr die blonde Lockenperücke relativ billig. Schade, dass das Kostüm- und Maskenbild ebenfalls Einbußen in der Neuinszenierung erfahren musste. Zum anderen zeigte Wilkinson wenig Emotionen in ihrem mimischen Spiel. Ganz im Gegenteil zu Madame Giry (verkörpert durch Valerie Cutko), die sehr gut die Emotionen ihrer Rolle zeigen konnte.
Nadim Naaman verkörperte das Phantom und man merkt, dass er bereits große Erfahrungen in dieser Rolle hat. (London & Internationale Tour).
Das Orchester bestand gemäß Programmheft aus 15 Personen, was eine deutliche Reduzierung für den Hörgenuss bedeutet. Die Musik war dennoch gewohnt sehr schön und vermutlich an der ein oder anderen Stelle durch die Tontechnik im Hintergrund verstärkt.
Mein Fazit zum Musical: Hätte ich die Version von Hamburg nicht gesehen, wäre ich hellauf begeistert gewesen. Da ich aber die alte Version kenne, bin ich mit bestimmten Erwartungen ins Musical gekommen, die nicht alle erfüllt wurden. Gerade die Momente, die sich über die Jahre in mein Gedächtnis eingebrannt haben, wurden überarbeitet. Dies hat jedoch nichts mit den Darstellerinnen und Darstellern oder dem Orchester zu tun. Hier wurde höchste Qualität gezeigt. Ich würde mir das Musical auch jederzeit wieder anschauen.
DAS PHANTOM DER OPER (internationale Tournee) gastiert noch bis zum 22. Dezember im Musicaltheater Basel. Tickets gibt es an allen bekannten VVK-Stellen.
Cast & Crew:
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- The Phantom of the Opera: Nadim Naaman
- Christine Daaé: Georgie Wilkinson
- Raoul, Vicomte de Chagny: Dougie Carter
- Carlotta Giudicelli: Lara Martins
- Monsieur Fimin: Nicholas Garrett
- Madame Giry: Valerie Cutko
- Ulbaldo Piangi: Matthew McDonald
- Meg Giry: Anna Mullan
- Ensemble: Emma Breton, Ari Olafsson, Jack Campbell, Chrissie Perkins, Maria Coneely, Freya Perrins, Paul Erbs, Jenny Perry, Jessica Hackett, Connor Pratchett, Josh Hankey, Charlie Smart, Daniel Jagusz-Holley, Chloe Taylor, Brian McCann, Simon Whitaker, Sara Morley
- Ballett der «Opera Populaire»: Phoebe Armstrong, Francisca Mendo, Lizzie Brooks, Rachel Neale, Ebony Jayne Kitts, Serafina Sofia Barbieri
- Choreografische Leitung: Ewan Jones
- Regie: Stephen Barlow
- Musikalische Leitung: Ben Mark Turner
- Maskendesign: Lars Carlsson
- Lichtdesign: Howard Hudson
- Sounddesign: Adam Fisher
- Kostüm – u. Bühnenbilddesign: Andrew Riley
Phantom of the Opera | musical.ch
Wir bedanken uns bei FBM Entertainment für die Einladung!
Ein weiterer Dank geht an Michael Bergmann, der uns durchs Dickicht der Phantom-Versionen geführt hat!
Bericht von Susanne