Bonifatius – Open Air 2024

Zum Jubiläum nochmal vorm Fuldaer Dom

© Spotlight Musicals, Martin Engel

Premiere: 22.08.2019 – Wiederaufnahme: 22.08.2024 – rezensierte Vorstellung: 24. August 2024

In Fulda jagt dieses Jahr, zum 20 Jährigen Spotlight Musicals Jubiläum, ein Highlight das nächste. Erst die tolle Päpstin Neuinszenierung im Schlosstheater, dann die wunderschöne Jubiläumsgala und nun gibt es bis zum 31. August in 8 Shows nochmal das Spotlight Erstlingswerk BONIFATIUS von Dennis Martin (Musik/Liedtexte) und Zeno Diegelmann (Buch) Open Air vor der beeindruckenden Kulisse des Fuldaer Doms und mit namhafter Besetzung zu sehen. Stefan Huber zeichnet sich für diese Neuinszenierung verantwortlich und hat etwas wunderbares hinterlassen.

Im Stück beauftragt Bonifatius Nachfolger Bischof Lullus (Max Gertsch) den Mönch Willibald (Alexander von Hugo) damit eine verklärte Chronik über das Leben und Wirken Bonifatius’ zu verfassen, die er dazu nutzen will seine Position zu festigen. Willibald fungiert als eine Art Erzähler im Stück und so beginnt seine Chronik damit, dass Bonifatius (Thomas Borchert) und sein treuer Schüler Sturmius (Friedrich Rau) auf dem Weg von England nach Köln sind, da der fränkische Hausmeier Karl Martell (Max Gertsch) sie zu sich gerufen hat, um ihm zu helfen den Widerstand der Heiden zu verringern, indem sie diese zum christlichen Glauben missionieren. Martell überschreibt Bonifatius ein verlassenes Königsgut und stellt ihm seine Söhne Pippin (Tom Schimon) und Karlmann (Simon Staiger) zu seinem Schutz ab, um seine Missionarsarbeit zu unterstützen. Dem amtierenden Mainzer Bischof Gewilip (Frank Josef Winkels) missfällt das sehr, weil er in Bonifatius und seiner Arbeit eine starke Konkurrenz sieht. Beim Königsgut angekommen, treffen Bonifatius und Sturmius auf Alrun (Sabrina Weckerlin) und ihren Bruder Luidger (Karsten Kenzel), die das Gut bewirtschaften und Sturmius und Alrun fühlen sich direkt zueinander hingezogen. Bonifatius möchte von Luidger mehr über die Heiden in der Umgebung wissen und bekommt den Tipp, dass in den nächsten Tag ein heidnisches Fest stattfindet, bei dem sie ihren Gott Donar huldigen. Bonifatius bricht dorthin auf und als am Fuße der Donareiche eine Frau geopfert werden soll, greift er ein und erzürnt den heidnischen Anführer Radbod (Andreas Lichtenberger). In ihrem Streit nimmt Bonifatius eine Axt und schlägt sie in die Eiche, während gleichzeitig ein Blitz in sie einschlägt und sie fällt. Damit beeindruckt er die Heiden schwer und nutzt dies, um sie vom christlichen Gott zu überzeugen. Lullus lässt Wilibald das ganze in der Chronik sogar noch ausschmücken, als hätte Bonifatius an dem Tag ein Wunder vollbracht.

© Spotlight Musicals/ Michael Werthmüller

Das Ereignis ist schnell in aller Munde und hilft Bonifatius sehr bei seiner Missionarsarbeit. Auch seine Cousine Lioba (Anke Fiedler) hört davon und sucht Bonifatius auf, um ihn zu unterstützen. Als Bonifatius am nahegelegenen Fluss Fulda Heiden taufen will, taucht eine Mutter (Lina Kropf) mit Baby auf, die schwere Vorwürfe gegen Gewilip erhebt, er hätte ihren Mann getötet, weil dieser die Steuern nicht zahlen konnte. Bonifatius ist entsetzt und beginnt an der Missionierung zu zweifeln, deswegen beschließt er selbst nach Mainz zu reisen und sich ein Bild zu machen. Was er in Mainz vorfindet, schockiert in zutiefst und als er Gewilip damit droht ihn durch den Papst absetzen zu lassen, wirft dieser ihn aus seinem Palast und verhöhnt ihn. Daraufhin beauftragt Bonifatius, Sturmius damit zwei Gesuche zu Papst Gregor II.(Max Gertsch) zu bringen, zum einen die Absetzung Gewilips, zum anderen die Erlaubnis ein Kloster in Fulda errichten zu dürfen. Sturmius zögert erst und gesteht im Gespräch Bonifatius seine Liebe zu Alrun, zieht dann aber doch mit Pippin und Karlmann los nach Rom.

In Rom bekommen sie den Segen des Papstes für beide Anliegen und auf dem Rückweg ziehen Pippin und Karlmann Sturmius wegen seiner Gefühle zu Alrun auf. Gleichzeitig vertraut Alrun Lioba an, dass sie die Gefühle von Sturmius erwidert und in einer traumhaften Begegnung beschreiben Sturmius und Alrun ihre gegenseitige Sehnsucht. Sturmius, Pippin und Karlmann machen auch noch in Mainz bei Gewilip Halt, um ihn von seiner Absetzung durch den Papst zu unterrichten, woraufhin Gewilip Rache schwört. Als die drei Gefährten zu Bonifatius zurückkehren, unterrichten sie ihn, dass seine Gesuche vom Papst abgesegnet wurden und er als Nachfolger von Gewilip nach Mainz berufen wird. So beauftragt Bonifatius Sturmius mit dem Bau des Klosters und sie feiern dies mit der Kreuzsetzung des Klosters. Nach den Feierlichkeiten gestehen sich Alrun und Sturmius in einem ruhigen Moment ihre Liebe. Unterdessen verbündet sich Gewilip mit seinem Feind Radbod, um sich an Bonifatius zu rächen, sie wollen ihn in eine Falle locken und töten. Bonifatius verzweifelt unterdessen in Mainz immer mehr an den Zuständen dort und seiner Machtlosigkeit daran etwas zu ändern. Da kommt ihm ein Brief des Papstes, mit dem Auftrag im friesischen Dokkum Missionarsarbeit zu leisten, gerade recht und er bricht sofort auf, mit Luidger als Weggefährten. Als in Fulda kurze Zeit später ein Bote des Papstes auftaucht mit dem Auftrag sich von Bonifatius persönlich die Zustände in Mainz und den Klosterbau in Fulda erläutern zu lassen, wird allen Anwesenden sofort klar, dass Bonifatius wohl in eine Falke gelockt werden soll und Sturmius bricht mit Pippin und Karlmann auf, um Bonifatius zu suchen. Bonifatius und Luidger sind schon am Ziel angekommen und als Bonifatius einigen Frauen die Firmung spenden will, tauchen Radbod und seine Männer auf und töten erst Luidger, der Bonifatius schützen will, und dann streckt Radbod, auf Nachdruck von Gewilip hin, auch Bonifatius nieder. Dieser stirbt wenig später in den Armen von Sturmius, der zu spät am Ort des Geschehens eintrifft. Gewilip begeht Selbstmord, als sie ihn wegen Hochverrat verhaften wollen. Im Sterben bittet Bonifatius noch Sturmius sein Werk fortzuführen und als dieser nochmal kurz zweifelt, wegen seiner Liebe zu Alrun, ermutigt sie ihn, entgegen ihrer eigenen Gefühle, der Bitte Bonifatius nachzukommen, damit sein Tod und der ihres Bruders Luidger nicht umsonst gewesen sind.

© Spotlight Musicals, Christian Tech

Thomas Borchert tritt in der Rolle als Bonifatius in große Fußstapfen, verkörperte die Rolle zuletzt 2019 doch Reinhard Brussmann eindrucksvoll, der bei vielen Zuschauern in Fulda sehr beliebt war. Er meistert dies aber mit Bravour und überzeugt sowohl gesanglich, als auch schauspielerisch auf ganzer Linie. Sein Bonifatius wirkt sehr glaubwürdig, besonnen und sympathisch. Teils auch väterlich gegenüber Sturmius. Aber auch die Zweifel, die Bonifatius zwischendurch immer wieder plagen, stellt er authentisch dar. Stimmlich beeindruckt er bei den kraftvollen Nummern (“Gib mir Kraft”, “Ein Leben lang”) und harmoniert auch wundervoll mit Friedrich Rau (“Es kommt der Tag”).

Friedrich Rau bringt den jugendlichen, manchmal leicht naiven Charme des Sturmius so richtig glaubhaft auf die Bühne, aber auch dessen treue Entschlossenheit. Man leidet richtig mit ihm mit, wenn er hin- und hergerissen ist zwischen seinen Gefühlen für Alrun und seinem Pflichtbewusstsein gegenüber Gott. Stimmlich sorgt er bei “Abendrot” und im Duett mit Sabrina Weckerlin bei “Wenn das wirklich Liebe ist” für absolut gefühlvolle Gänsehautmomente im Stück. Thomas Borchert und er haben zudem eine tolle, spürbare Chemie zueinander auf der Bühne.

© Spotlight Musicals, Christian Tech

Sabrina Weckerlin ist Alrun, die verträumte, junge Frau, die sich nach Abwechslung und Freiheit sehnt und dann Gefühle für Sturmius entwickelt und ihn am Ende aber selbstlos freigibt. All das bringt sie sehr glaubhaft auf die Bühne. Bei “Wann trägt der Wind mich fort” kommt ihre außergewöhnliche kraft- und doch so gefühlvolle Stimme toll zur Geltung und auch bei den leisen Tönen im Duett mit Friedrich Rau hört man ihr so gerne zu.

Andreas Lichtenberger ist mit seiner imposanten, kraftvollen Stimme und Statur und seinem überzeugenden Schauspiel als Heiden-Anführer Radbod definitiv sehr eindrucksvoll und Repekt einflößend.

Frank Josef Winkels spielt den durchtriebenen, arroganten Bischof Gewilip sehr glaubwürdig. Man nimmt ihm seine “Scheinheiligkeit” voll ab und auch stimmlich zeigt er sich stark bei “Gewilips dekadentes Leben”.

Anke Fiedler spielt die Powerfrau Lioba großartig und hinterlässt auch mit ihrem rhythmischen, energiegeladenen Song “Starke Frauen” samt Auftritt bleibenden Eindruck beim Publikum.

Tom Schimon und Simon Staiger bringen als Pippin und Karlmann eine ordentliche Prise Humor in das Stück. Stimmlich harmonieren Beide auch schön mit Friedrich Rau und Thomas Borchert.

Alexander von Hugo und Max Gertsch führen als Willibald und Lullus quasi als Erzähler den Zuschauer durch das Stück. Alexander von Hugo hat eine sehr angenehme, sympathische Ausstrahlung auf der Bühne, man hört ihm gerne zu. Max Gertsch ist neben Lullus auch als Karl Martell, Papst und Gesandter auf der Bühne zu sehen und sorgt in seinen Rollen für so einiges Schmunzeln beim Publikum.

© Spotlight Musicals, Christian Tech

Karsten Kenzel spielt den Weg Luidgers, der Bonifatius und dem christlichen Glauben gegenüber erst sehr skeptisch ist und ihm dann aber doch hilft und im Angesicht des Todes sogar darum bittet in den Himmel des christlichen Gottes aufgenommen zu werden, sehr sympathisch und glaubhaft.

Unterstützt werden die Solisten von einem stimmstarken, energetischen Ensemble und einem 110 köpfigen Laienchor, unter der Leitung von Marcel Jahn. Die wunderschöne Musik des Stückes, die von kraftvollen Hymnen über schwungvolle Tanznummern bis hin zu sehr gefühlvollen Balladen von Allem ein bisschen mitbringt, wird Fulda untypisch, live von den Kölner Symphonikern dargeboten, unter der Leitung von Inga Hilsberg. All dies sorgt für ein rundum eindrucksvolles Klangerlebnis.

Die Choreografien von Danny Costello sind auffällig, energetisch und teils richtig mitreißend.

© Spotlight Musicals, Michael Werthmüller

Das Bühnenbild von Timo Dentler ist im Grunde recht schlicht gehalten, in der Mitte prangt eine etwas gekippte runde Scheibe, die den Stumpf der Donareiche symbolisieren soll, darüber erst eine Stoffröhre, die den Stamm der Eiche symbolisiert und nachdem diese gefällt wurde ist es eine weitere große Scheibe, die senkrecht und waagrecht gedreht werden kann und auch für Projektionen genutzt wird. Zwischendurch kommen auch noch Tische und Hocker zum Einsatz und bei der Klostergründung ein Kreuzelement, zusammengestellt aus den Tischen.

Beim Lichtdesign von Pia Virolainen sind das hervorstechende Highlight wohl definitiv die Projektionen auf der kompletten Domfront. Vor allem das Kirchenfensterdesign in knalligen Farben wirkt beeindruckend. Aber auch für andere Projektionen wird die Domfront immer wieder eingebunden während des Stückes. Ansonsten ist die Bühne meist hell beleuchtet oder in kräftigen Farben wie grün, blau und rot. In manchen Szenen wird aber auch bedrückende Stimmung erzeugt, z.B. durch gedämpftes Licht und etwas Nebel.

Die Kostüme des Stückes von Okarina Peter sind aufwendig gearbeitet. Bonifatius und Sturmius tragen Mantel bzw. Oberteil mit Schriften darauf, Alrun ein leuchtend gelbes Kleid, die Heiden sind immer in Felle und mit Hörnern auf dem Kopf gekleidet. Gewilip und sein Gefolge mit viel Glitzer, Prunk und leuchtenden Farben, Pippin und Karlmann in angedeuteten Rüstungen, Lioba in einem blau weißen Nonnengewand, Willibald und Lullus in edlem Schwarz. Zu Beginn des Stückes trägt die Cast komplett Jeans und Oberteile in gedeckten Farben, am Ende haben die Solisten in ihren Oberteilen Andeutungen auf ihre Kostüme im Rest des Stückes.

BONIFATIUS ist eine wirklich sehenswerte, gelungene Produktion, die großartig besetzt ist und durch die außergewöhnliche Kulisse perfekt abgerundet wird. Das sollte man sich nicht entgehen lassen, soll es doch das letzte Mal Open Air auf dem Domplatz dargeboten werden. Bis zum 31. August hat man noch die Chance, Restkarten gibt es noch an allen bekannten VVK-Stellen.

© Spotlight Musicals, Christian Tech

Cast & Crew

  • Bonifatius: Thomas Borchert
  • Sturmius: Friedrich Rau
  • Alrun: Sabrina Weckerlin
  • Radbod: Andreas Lichtenberger
  • Bischof Gewilip: Frank J. Winkels
  • Willibald: Alexander von Hugo
  • Lioba: Anke Fiedler
  • Lullus/ Karl Martell/ Papst/ Gesandter: Max Gertsch
  • Luidger: Karsten Kenzel
  • Karlmann: Simon Staiger
  • Pippin: Tom Schimon
  • Ensemble: Veronica Appeddu, Joyce Diedrich, Lina Kropf, Nadine Kühn, Raphaela Pekovsek, Lynsey Reid, Jenny Schlensker, Michelle Tönnies, Perry Beenen, Philipp Hägeli, Robert Johansson, Alexander Karger, Sascha Laue, Ömer Örgey, Martin Ruppel, Steven Seale

Artikel von Claudia