Tanz der Vampire: Jubiläum in Wien 2017
Vor der Premiere
„Ewigkeit ist Langeweile auf Dauer!“, singen die Vampire, nachdem sie für den großen Ball aus ihren Gräbern gekrochen sind. „Ein trostloser Kreislauf, kein Anfang, kein Schluss, denn stets wiederholt sich dasselbe von vorne!“, heißt es weiter im Libretto von Michael Kunze. Dieser gab zusammen mit der Musik von Jim Steinman den Figuren aus Roman Polanskis Kultfilm aus dem Jahr 1967 eine neue Aufgabe. Unter eben der Regie ihres Erfinders, Polanski selbst, singen und tanzen sich die skurrilen Figuren aus dem Kultfilm nun schon seit 20 Jahren über die Bühnen dieser Welt.
Die Welturaufführung fand am 04. Oktober 1997 statt, die Premiere zum Jubiläum wurde vier Tage vorher, am 30. September 2017 angesetzt. Bereits Ende Januar begann der Vorverkauf und die Karten verkaufen sich wie von alleine. Selbst die parallel laufende Tournee des Stückes durch Deutschland ist keine Konkurrenz für den Andrang auf die Tickets für die Aufführungen im Ronacher. Also findet die Ewigkeit in diesem Fall immer wieder einen Anfang und später einen Schluss. Damit der „Unstillbaren Gier“, die Graf von Krolock besingt, einmal eine Pause gegönnt und das Stück nicht vielleicht doch ein trostloser Kreislauf wird, ist letzterer immer absehbar. Doch nun geht der Kult in eine neue Runde.
Im Februar 2017 brachte das Theater St. Gallen mit einer Neuinszenierung einen anderen Wind in das Stück. Die Handlung wurde in ein Sanatorium verlegt und die Kostüme und so manches mehr in unsere Zeit versetzt (Bericht: Tanz der Vampire in St. Gallen). Die Vereinigten Bühnen Wien wollen jedoch dem alten Look treu bleiben. Das Bühnenbild und die Kostüme stammen vom ungarischen Maler, Designer und Sänger Kentaur. Dieser zeigte bei der Castpräsentation im Juni (Bericht: Castpräsentation 2017) einige Entwürfe und später während den Proben einige auf seiner Facebookseite. Dort war deutlich eine Veränderung in vielen Details zu erkennen.
Diese Castpräsentation, die als Live-Stream im Internet gezeigt wurde, lüftete das große Geheimnis um die Besetzung. Viele neue Gesichter waren darunter, wohingegen die lästige Grafenfrage mit Darstellern eine Antwort fand, die schon mehrfach in der Rolle zu sehen waren. Ab Ende August wurde gute sechs Wochen lang geprobt. Vier Tage vor der Premiere hatten Pressevertreter Zutritt ins Theater um das Stück im neuen, alten Glanz in Ausschnitten erstrahlen zu sehen.
Gezeigt wurden die Szenen „Draußen ist Freiheit/Rote Stiefel“, „Totale Finsternis“ und „Ewigkeit“ (Bericht: Foto- und Medienprobe 2017) . Erwähnen muss man, dass viele der 24 Musiker, die die Musik von Jim Steinman zum Leben erwecken, das Stück aus der Taufe gehoben und schon bei der Uraufführung am 04.10.1997 gespielt haben. Dieses Orchester hat es dann wirklich in sich. Schon in der Pressevorstellung kann es wieder überzeugen. Das VBW-Orchester ist und bleibt unvergleichlich und ist allein schon einen Besuch des Theaters wert. Was bei der Pressekonferenz noch nicht gesagt wurde, war, dass die Premiere die letzte Vorstellung sein würde, die Koen Schoots für die VBW dirigieren würde. Auf der Premierenfeier wurde er offiziell groß verabschiedet.
Wiederaufnahme am 30.09.2017
Auf dem roten Teppich herrschte drei Stunden zuvor jedoch rege Aufregung. Die Logowand wurde von vielen der wartenden Fans genutzt, um sich selbst davor zu fotografieren, bevor dann die Prominenten Einzug hielten. Zwei der „Vampire“, die im ersten Akt in der Szene „Vorm Schloss“ dabei sind, waren gekommen, um die Gäste zu begrüßen und um ein wenig Angst und Schrecken unter den Wartenden zu verbreiten. Sie waren beliebte Fotomotive.
Im Foyer drängelte sich das Publikum bis kurz vor Beginn. Ein schrilles Klingeln rief dreimal dazu auf, nun endlich die Plätze einzunehmen. Dann, ohne einen weiteren Hinweis, ertönte die Stimme von Graf von Krolock aus den Lautsprechern: „Vampire mögen keine Fotos und auch keine Tonaufnahmen“ (was während der Premiere auch berücksichtigt wurde – einen Tag zuvor in der Vorpremiere wurde nicht nur der Graf mit einem hellen Blitz geblendet) und schon ertönte die Ouvertüre. Diese wurde vom begeisterten Jubelrufen und Applaus bei den ersten Takten begleitet. Hier zeigte sich die erste, große Freude, dass das Stück zurückgekehrt ist.
Alfred war nun nicht mehr hinter der Gaze-Wand versteckt. Cornelius Baltus hatte während der Fotoprobe erwähnt, dass Roman Polanski die Gaze wie eine Klappe beim Film verwendet hatte und im ersten Akt der Urversion von 1997 war diese genau 13 mal eingesetzt worden. Dies hatte er bereits für die Stuttgartpremiere im Jahr 2000 etwas reduziert und nun wurde auch Alfred am Anfang davon befreit. Baltus wurde 1999 ins Team geholt, um Roman Polanski bei den Vorbereitungen auf die Deutschlandpremiere unter die Arme zu greifen und um die gelungene Wiener Inszenierung noch besser zu machen. Der Regisseur ist mittlerweile die rechte Hand vom Altmeister und hat seit der Stuttgartpremiere in allen folgenden die Regie übernommen.
Das Ensemble besteht aus einem Mix von Darstellern, die schon das ein oder andere Musical gespielt haben, sowie jungen Darstellern, die am Anfang ihrer Karriere stehen. So auch bei den Solisten. Altbewährte Darsteller geben sich mit frisch ausgebildeten die Klinke in die Hand. Diana Schnierer hat sogar ihr Studium noch nicht beendet, steht aber schon in der Rolle der „Sarah“ fest mit auf der Bühne. Diese Mischung kommt an. Hier ist es auch wieder gegeben, dass jeder seine Lieblinge hat und andere wiederum nicht mag. Wie überall. Der eine mag jenen Chagall, der nächste die Rebecca und so weiter.
Natürlich wurde die Premiere von den Solisten bestritten, die als Erstbesetzung im Programmheft stehen. In diesem Fall Sebastian Brandmeir als „Professor Abronsius“, Raphael Gross als „Alfred“, Diana Schnierer als „Sarah“, Nicolas Tenerani als „Chagal“, Dawn Bullock als „Rebecca“, Marle Martens als „Magda“, Charles Kreische als „Herbert“ und Florian Resetarits als „Koukol“.
Die Rolle des Graf von Krolock ist eine der meist umstrittensten, die es gibt – wenn nicht sogar die am meisten umstrittenste. Zuschauer der Uraufführung schwören auf Steve Barton, der als erster der Rolle Leben einhauchte. Die Besucher der Stuttgarter Premiere und der ersten Spielzeit dort schwärmen von Kevin Tarte. Wieder andere sind von Mathias Edenborn und Jan Ammann eingenommen. Jeder oder besser „Jede“, denn die weiblichen Fans sind hier in der Federführung am dominierensten, plädieren für „ihren“ jeweiligen Grafen, was zu wahren Wortgefechten und großen Beleidigungen in den diversen Fan-Foren führte und immer noch führt.
Für die Jubiläumsspielzeit fiel die Wahl beim Besetzungskarussell auf Drew Sarich, Mark Seibert und Thomas Borchert. Alle spielten die Rolle bereits in Wien, Berlin und Hamburg und sind immer gern gesehene Publikumslieblinge in Wien. Seibert und Borchert sind ebenfalls zurzeit immer mal wieder in der laufenden Tourneeproduktion zu sehen. Sarich fiel es daher wohl nun zu, die Premiere in Wien zu spielen. Sitzt man im Theater richtig, kann man ihn beobachten, wie er kurz vor seinem Auftritt mehrere Male von links nach rechts im Off hin und her marschiert, bevor er sich für „Sei bereit (Gott ist tot)“ durch das Publikum auf die Bühne schleicht. Ganz so wie der Panther der auf den Angriff wartet, den er aus seiner Sicht neben einem Teil Adler und Elvis in der Figur des Krolock sieht. Auf der Bühne arbeitet er wie immer viel mit Mimik und Gestik und ist so sehr präsent. Stimmlich gehört er mit zu denen, für die „Tanz der Vampire“ nicht geschrieben wurde, macht aber das Beste daraus. Skeptiker können sich von ihm bis Anfang November 2017 und dann wieder ab Mai 2018 überzeugen lassen. In der Zwischenzeit, von Anfang November bis Januar, sowie März und April ist es an Mark Seibert, die Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Thomas Borchert übernimmt im Januar und Februar 2018. Ob Drew nun einer der besten oder der schlechteste Krolock ist, oder einer der anderen, ist für mich persönlich egal, was einfach zu erklären ist.
Als Kind habe ich den Film von Roman Polanski geliebt. Die Musik von der ersten Musical-CD hatte ich rauf- und runtergehört und 2003 dann zum ersten Mal das Stück einmal in Hamburg gesehen; danach dann 10 Jahre lang nicht. Als es 2013 hieß, dass „Tanz der Vampire“ Deutschland verlässt und so schnell nicht wieder gespielt wird, habe ich mich noch einmal an eine Vorstellung herangewagt. Doch das Stück konnte mich immer noch nicht als Ganzes überzeugen. Einzelne Elemente wie „Carpe Noctem“ und „Ewigkeit“ und das Finale sind für mich hingegen Highlights. Generell wartet der zweite Akt mit den interessanteren Szenen auf.
Jedoch, „Tanz der Vampire“ ist nun seit 20 Jahren ein Hit in der Musicalwelt und wird es auch bleiben. Besonders wird das Stück von den Zuschauern in Wien geliebt, wie der Kartenverkauf zeigt. Schon vor der Premiere gab es für viele Abende nur noch Restkarten. Einen Tag danach wurde man, sobald die Homepage angewählt war, darauf hingewiesen, dass es besser sei, wegen des großen Andrangs Karten für Dezember zu ordern, da dort die Platzwahl größer sei. Auch am Merchandisestand zeichnete sich bereits bei den Previews ab, wie beliebt das Stück ist und wie begehrt die diversen Artikel sind. Neben zwei verschiedenen Magneten, Schlüsselanhänger, Kugelschreiber, Quietscheentchen und Tasse gibt es diverse Oberteile, einen Sportbeutel und einen Regenschirm. Die Schlange nahm kein Ende und die Fans kauften gleich im doppelter Ausführung.
Wir wünschen dem Stück noch viele weitere Erfolge für die nächsten 20 Jahre und mehr.
Artikel und Fotos in der Galerie von Nathalie
Andere Fotos: Nadja Heimerl und VBW – Deen Van Meer