Otello darf nicht platzen – Das Musical in Bielefeld

„Sei du selbst“

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Unter dem Motto „Die Zukunft ist Geschichte“ startete das Theater Bielefeld am 01. September 2019 mit dem Musical „Otello darf nicht platzen“ in eine neue Spielzeit. Mit William Ward Murta als Musikalischem Leiter, Thomas Winter als Regisseur, Ulv Jakobsen für das Bühnen- und Kostümbild, Dominik Büttner für die Choreografien und Jon Philipp von Linden konnte von der kreativen Seite nichts mehr schief gehen.

„Otello darf nicht platzen“ ist ein noch relativ neues Musical, welches Oper mit Musical verbindet, aber auch einen Einblick hinter die Kulissen einer jeden Produktion gibt. Was passiert im Theater, wenn ein Sänger nicht erscheint und kein Cover zur Stelle ist? Vorstellung absagen und dadurch sämtliche Leute verprellen? Keine gute Idee und wie man das Problem löst und welches Chaos dabei eventuell entstehen kann, das zeigt auf humoristische Art und Weise „Otello darf nicht platzen“.

© Bettina Stöss
© Bettina Stöss

Das Stück spielt 1934 in Cleveland. Das Opernhaus unter der Leitung von Henry Saunders (Dirk Audehm) fiebert der Galavorstellung von Verdis Otello mit dem Startenor Tito Merelli (Joshua Farrier) entgegen. Am meisten Henrys Tochter, Maggie (Jeannine Michele Wacker). Eigentlich liebt sie Max, aber sie möchte nicht länger ein braves Mädchen sein, sondern richtig leben.

Der große Tag ist da, doch Merelli erreicht Cleveland sehr spät. Im Hotel angekommen, kümmert sich Souffleur und Regieassistent Max (Jonas Hein) um den Gast. Doch Tito streitet sich mit seiner Frau (Roberta Valentini), welche ihn daraufhin verlässt. Merelli ist so am Boden zerstört, dass er sich am liebsten das Leben nehmen möchte. Dies weiß Max zu verhindern und gibt ihm eine kleine Portion Beruhigungstabletten. Tito und Max freunden sich schließlich an. Der Startenor gibt Max Tipps fürs Singen. Doch dann schlafen beide ein, aber nur einer wird kurz vor der Vorstellung von Diana Divane (Navina Heyne) im Hotel geweckt. Sie möchte wenigstens die Schlussszene mit Merelli proben, doch Max wimmelt Diana ab und muss dann panisch feststellen, dass Tito Merelli nicht mehr aufwacht. Ist er tot?

Das Drama ist perfekt. Henry Saunders kann die Vorstellung jetzt nicht mehr absagen. Er braucht eine Lösung. Da fällt ihm ein, dass Max sich bereits einmal für den Notfall angeboten hatte. Saunders bekniet Max, der schließlich einknickt und in der Rolle des Otello brilliert. Der Skandal ist abgewendet, das Publikum tobt. Doch niemand weiß, dass Tito Merelli mittlerweile wieder aufgewacht ist und versucht sich Zugang zum Theater zu verschaffen… Das Chaos nimmt seinen Lauf!

© Bettina Stöss
© Bettina Stöss

Das Kostümbild ist klassisch gehalten und entführt einen geschickt in die Zeit um 1930. Charleston-Kleider, Knickerbocker-Hosen, typische Hoteluniformen der Zeit u.v.m. findet sich hier auf der Bühne. Aber auch beim Bühnenbild zeigt das Bielefelder Theater wieder einmal mehr, was es alles kann. Auf der großen Drehbühne ist eine Hotelsuite auf der einen Seite und die Vorderansicht des Hotels auf der anderen Seite zu sehen. Die vielen Türen dürfen bei diesem Stück und dieser Inszenierung natürlich nicht fehlen.

Geschickt ist auch die erste Szene im zweiten Akt, wo der Zuschauer einmal die Perspektive wechseln darf und von hinten auf die letzte Szene von „Otello“ sowie den Schlussapplaus blicken darf. Apropos Schlussapplaus! Dieser wird in Bielefeld in diesem Jahr nicht nur klassisch gefeiert, sondern auch noch einmal mit der gesamten Bandbreite der Drehbühne.

Die Cast ist für „Otello darf nicht platzen“ auf den Punkt besetzt. Ob ein Jonas Hein als Max, Joshua Farrier als Tito Merelli, Jeannine Michele Wacker als Maggie oder Roberta Valentini als Maria Merelli. Sie alle zusammen machen dieses frische Musical zu etwas Bezauberndem.

© Bettina Stöss
© Bettina Stöss

Der Opernchor darf in diesem Musical einmal sich selbst spielen und so ist es doch im ersten Moment relativ verstörend, wenn nach der Ouvertüre eine Szene aus „Otello“ erklingt. Die Kraft des Bielefelder Opernchores ist gewaltig!

Jonas Hein kehrt mit seinem Max an das Stadttheater Bielefeld zurück und überzeugt auf ganzer Linie. Vom schüchternen Regieassistenten zum gefeierten Opernsänger erlebt Max eine Achterbahnfahrt der Gefühle, doch am Ende bleibt Max sich treu. Das Duett mit Joshua Farrier zu „Sei du selbst“ zaubert Gänsehaut und regt definitiv an diesem Abend zum Nachdenken an.

Auch Jeannine Michele Wacker überzeugt als Maggie Saunders, die ein bisschen naiv, selbstverliebt und verknallt ist. Sie darf vor allem neben ihrem Gesang auch ihr tänzerisches Talent unter Beweis stellen. Außerdem gehört ihr die Titelpartie „Sei mein Tenor“ (engl.: Lend me a Tenor) und sie überzeugt hier einmal mehr von sich.

© Bettina Stöss
© Bettina Stöss

Für Roberta Valentini ist die Rolle der Maria Merelli wie gemacht. Endlich darf sie ihr volles italienisches Temperament auf der Bühne rauslassen. Navina Heyne beweist gemeinsam mit Joshua Farrier, dass man Musical und Oper sehr gut miteinander verbinden kann und Dirk Audehm präsentiert dem Publikum auf eine charmant-witzige Seite, wie er sie bereits bei “My Fair Lady” unter Beweis stellen konnte.

Fazit: „Otello darf nicht platzen“ in Bielefeld ist definitiv einen Besuch wert. Es trainiert die Lachmuskeln, regt aber auch zum Nachdenken an.

© Bettina Stöss
© Bettina Stöss

Weitere Spieltermine und Tickets gibt es unter www.theater-bielefeld.deUnsere Empfehlung: “Otello darf nicht platzen” gibt es auch an Silvester!


Artikel von Anna-Virginia


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