Novecento – Die Legende vom Ozeanpianisten
Inszenierung der Hamburger Kammerspiele
Premiere: 07.05.2008
Besuchte Vorstellung: 20.02.2016 im Stadttheater Minden
Bericht von Anna-Virginia
„Novecento – Die Legende des Ozeanpianisten“ ist ein Monolog des italienischen Schriftstellers Alessandro Baricco, welcher 1994 erschienen ist und seitdem auch auf den Theaterbühnen dieser Welt gerne gespielt wird.
In „Novecento“ erzählt Tim Tooney die Geschichte von der fiktiven Hauptperson Danny Boodman T.D. Lemon Novecento, welcher am 01.01.1900 herrenlos auf dem Passagierschiff Virginian gefunden wurde. Der Maschinist Danny Boodman findet den Säugling auf einem Klavier im Ballsaal und zieht den Jungen groß. Doch eines Tages stirbt Danny Boodman. Novecento ist von da an wie vom Erdboden verschluckt und taucht eines Tages als jugendliches Klaviertalent wieder auf. Ab da unterhält er das Publikum der verschiedenen Klassen an Bord mit Jazz und Volksmusik.
Da Novecento festen Boden unter den Füßen nicht kennt, weigert er sich immer wieder, das Schiff zu verlassen. Durch seine vielen Reisen wird er schließlich weltberühmt und betitelt sich selbst als der „Erfinder des Jazz“. Schließlich fordert der amerikanische Pianist Jelly Roll Morton ihn zum Klavier-Duell heraus. Gewinner wird nach einer zähen Partie Novecento und erlangt so weiteren Ruhm. Doch auch dieser veranlasst ihn nicht dazu, das Schiff zu verlassen. In den 1930er Jahren verlässt Tim Tooney das Schiff und verliert Novecento aus den Augen. Nach Ende des Krieges erhält Tonney einen Brief von der Besatzung der Virginian. Darin steht geschrieben, dass das Schiff, nachdem es als Lazarett diente, auf hoher See verschrottet werden solle. Alle seien von Bord gegangen, nur Nocevento nicht. Dieser wolle auf dem Schiff sterben. Tooney versucht ein letztes Mal Novecento davon zu überzeugen, mit ihm an Land zu gehen. Doch leider ohne Erfolg…
In der Inszenierung der Hamburger Kammerspiele spielt Thomas Borchert, beliebter deutscher Musical-Darsteller, die Rolle des Tim Tooney bereits seit 2008. Immer wieder gibt es von „Novecento – Die Legende des Ozeanpianisten“ Gastspiele in verschiedenen Theatern der Republik. Trotz gerade abgeschlossenem „Mozart!“-Engagement und laufenden Proben zu „Evita“ in Wien, ließ Thomas Borchert es sich nicht nehmen, in Minden mit diesem Ein-Mann-Stück aufzutreten.
Ein-Mann-Stücke sind für jeden Schauspieler Höchstleistungen. Keine Pausen, kein Wieder-zu-Atem kommen und die Gefahr, dass das Publikum sich schlecht unterhalten fühlt oder der Geschichte nicht mehr folgen kann. Doch dieses Problem hat Thomas Borchert gewiss nicht. Sein Spiel zwischen den einzelnen Charakteren, die in der Geschichte mitspielen, zu wechseln, ist grandios. Innerhalb weniger Minuten hat er das gesamte Publikum mit auf eine Reise auf den großen weiten Ozean genommen und jeder lauscht der Geschichte Novecentos.
Hier sei auch das Improvisations-Talent Borcherts hervorzuheben. Wir haben Februar und alle Welt hüstelt. Borchert ließ es sich nicht nehmen in einem längeren Monolog aus seiner Rolle auszusteigen und nach Hustenbonbons zu fragen: „Hat jemand Hustenbonbons? Sollen helfen! Vielleicht hat das Theater welche. So wo war ich gerade stehen geblieben? Ach ja…“
Und er beginnt das Kapitel von vorne. Dafür gibt es einen Daumen hoch.
Ebenfalls einen Daumen hoch gibt es für Borcherts Darbietungen am Klavier. Er hätte auch den ganzen Abend einfach nur Klavier spielen können. Herrlich!
„Novecento – Die Legende des Ozeanpianisten“ ist für Theaterfreunde ein sehenswertes Stück. Die Version der Hamburger Kammerspiele gastiert immer mal wieder in verschiedenen Städten – vielleicht auch in Ihrer Nähe!