Kurz nachgefragt bei: DREW SARICH (“Che” in EVITA, Ronacher Wien 2016))

img_6145nb2909-evita-wien-2016-medienprobeEvita in Wien – ab dem 15. September 2016 stehen mit Marjan Shaki, Bettina Mönch (jede spielt „Eva Peròn“ für ungefähr einen Monat), Felix Martin als  „Juan Peròn“  und  Sasha Di Capri als „Magaldi“  neue Darsteller in den Hauptrollen des Andrew Lloyd Webber Musicals auf der Bühne. Neben Taryn Nelson, die „Die Geliebte“ in der Erstbesetzung spielt, kehrt Drew Sarich in der Wiederaufnahme bis zum 31.12.16 als „Che“ zurück.

Wir bekamen die Möglichkeit, kurz mit Sarich über seine Rolle zu sprechen und wie aktuell der Inhalt von „EVITA“ gerade in diesen Tagen ist:

Wie siehst Du Deine Rolle?

Drew: Ich bin die Störung. Ich bin die Stimme und das Gesicht der frustrierten Jugend. Ich bin hoffentlich das Gewissen des Publikums und ich bin auch, so wie Eva, Populist. Ich brauche die Aufmerksamkeit des Publikums, ich brauche, dass mir jemand zuhört. Was ich an dem Stück sehr gut finde, ist, dass es schon am Ende anfängt und Che sagt dann: „Wer bin ich überhaupt und was will ich? Ich weiß nur, dass ich das nicht will“. In dieser Produktion haben wir es hingekriegt, dass ich selbst am Ende anders bin als am Anfang. Das ist schwierig bei Che, weil Che eigentlich nur Erzähler ist, er hat eigentlich keinen großen Bogen. Aber am Ende weiß Che, wo er hin will und man sieht diesen jungen Mann auf der Kippe, der sagt: „Ich will was ändern.“ und am Ende des Stückes sagt er: „Passt mal auf, bald komm ich!“.

Also wirklich ganz anders als im Film?

Drew: Mit dem Film hab ich mich, ehrlich gesagt, überhaupt nicht beschäftigt. Ich bin Theatermensch und ich kenne die ursprüngliche Originalaufnahme von 1979 – mein Vater hat das geliebt und war immer von Südamerika fasziniert. Er wollte sogar Botschafter werden für ein südamerikanisches Land, bis er dann irgendwann festgestellt hat: „Du kannst studieren wie du willst, das wirst du nie, außer du bist wahnsinnig reich und investierst in eine große Wahlkampagne.“ Aber das Thema Eva Peron und Argentinien hat ihn sehr interessiert und wir haben es jeden Tag gehört. Meist beim Abwasch nach dem Abendessen.

Was mir an dieser Version, die ich aus der Kindheit kannte, gefiel war, dass es fast staubtrocken war. Es war wie Abendnachrichten und du hörst unterschiedliche Meinungen und du kriegst eine Geschichte, eine packende Geschichte, die aber alles andere als sentimental ist. Vom Film hab ich noch in Erinnerung, dass es dort etwas sentimentaler wurde. Ich sehe es als meine Pflicht, vielleicht auch in dieser Produktion, von dieser Sentimentalität wegzukommen. Dass es tatsächlich so ist: Was will man? Was hindert einen daran, das zu bekommen was man will? Was muss man für eine Taktik spielen, um das zu bekommen? Bei Che ist das unglaublich aktiv. Er muss immer wieder für Aufmerksamkeit und ein offenes Ohr kämpfen.

img_6549nathalie_brandt_2016_drew_sarich_evitaEvita ist eigentlich auch sehr aktuell….

Drew: Es ist wahnsinnig aktuell  – ich wurde in einem anderen Interview gefragt,  warum ich bei „Wein nicht um mich Argentinien“, so traurig, beziehungsweise wehleidig schaue. Es ist, weil Che der einzige Wissenschaftler ist, der den Tsunami kommen sieht und keiner glaubt ihm.  Er hat einige solcher Momente im Stück, wo er sagt: „Seht ihr das nicht?“ Wir sehen das heutzutage mit Trump und mit Strache und allem, was da gerade in der Welt passiert.

Warum sehen das die Wenigsten?

Die Spezies Mensch hat wahnsinnig viel Angst. Angst, ihre Position, Geld oder den Job zu verlieren. Und wenn man Angst hat um Geld und die eigene Existenz, neigt man immer dazu, zu sagen: „Das kommt von außen! Alles, was von außerhalb kommt, will mir mein Geld wegnehmen, oder in Amerika meine Waffe wegnehmen!“ anstatt nach innen zu schauen und zu sagen:
„Okay, wie können wir unser System ändern, dass jeder bekommt und behält, was man will und was man hat!“.

Eine kleine Fraktion von Menschen ist aber da, die aufstehen und sagen, wir bräuchten keinen großen Schritt nach rechts – es würde uns später nur kaputt machen. Gerade da ist so jemand wie Bernie Sanders wahnsinnig wichtig. Ich sehe ihn auch als den einzigen Wissenschaftler, der den Tsunami kommen sieht, obwohl jeder gesagt hat: „Och, der Bernie, der hat wilde Haare und eine laute Stimme und ist komisch.“.

Ehrliche Worte.

Drew: Ich mag es, Teil des Undergrounds zu sein, insofern passt die Rolle des Che für mich. Ich mag es, ich darf mit Humor spielen und darf quasi als Journalist vorkommen, ich darf meine Wut ausleben und die Musik ist auch nicht schlecht.
Auch mag ich es, immer wieder etwas ganz Anderes zu tun, als das, was ich vorher gemacht hab. Bei Rocky war es auch ein Wahnsinn, eine große Reise und körperlich und schauspielerisch war es riesig. Es war aber ein Alles-Verlangsamen und eine andere Spielart. Bei Che darf ich wieder wach sein, ich muss es sogar immer. Und ich muss ständig aktiv kämpfen und das finde ich cool, allein diesen Temperaturwechsel find ich gut und nicht auf die Fresse zu bekommen ist auch ganz nett manchmal.

Danke für das kurze Gespräch und viel Erfolg für die Wiederaufnahme am kommenden Donnerstag (15.09.16)!