“In jeder meiner Rollen steckte bisher ein Stück von Nina.”

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© Ingolf Bode, 2016

Nina Janke ist in Münster geboren. Sie Studierte an der Bayerischen Theaterakademie August Everding und schloß 2007 mit Diplom ab. Nach ihrem Studium war sie unter anderem in Tanz der Vampire, Ich will Spaß, Zarah 47, Ich war noch niemals in New York und Mamma Mia zu sehen.

Wie bist du zum Berufswunsch Darsteller gekommen?

Ich hatte schon als Kind eine große Leidenschaft für die Bühne, war aber keine geborene mRampensau (auch wenn man das heute denken könnte). Im Kinderchor wurde ich mit 7 Jahren für ein Solo vorgeschlagen. Als ich dann den anderen Kindern und der Chorleiterin alleine vorsingen sollte, habe ich keinen Ton rausbekommen. Der Wunsch kam eigentlich eher peu à peu. Als ich 10 Jahre alt war, bin ich mit meiner Mama, meinem Bruder und meinem Papa nach Wien gefahren. Dort haben wir meinen Cousin Jens in der Rolle des (großen) Rudolfs in Elisabeth gesehen. Mein Papa war unheimlich stolz (wie wir alle) und es hat uns alle total beeindruckt. Den Tag werde ich nie vergessen. Danach hab ich die Kassette (ja das gab es damals noch) auf Dauerschleife gehört. Es war ein Komplettmitschnitt der Show und ich konnte ALLES auswendig. Später hab ich dann Les Misérables in Duisburg gesehen und habe Jens als Marius bewundert. Ich weiß nicht genau, was passiert wäre, wenn Jens Stücke gespielt hätte, die ich nicht so toll finde (vielleicht hätte ich egal was toll gefunden), aber diese zwei gehören seit jeher zu meinen Liebsten! Zum Leidwesen meines Bruders lief dann Musical von morgens bis abends. Trotzdem hab ich bis zum Abi nur in Chören gesungen, nie Gesangsunterricht gehabt oder getanzt, es war ein TRAUM vom Musical, keine realistische Zukunft, wenn man mich gefragt hat.

Während des Abis wurde dann endlich eine Theater-AG gegründet. Wir haben „Groß und Klein“ von Botho Strauß aufgeführt und ich hab die Hauptrolle spielen dürfen. Ich erinnere mich, wie ich meine Mama anrief und halb hysterisch sagte: ICH HAB DIE ROLLE!! (Das wollte ich immer schon mal sagen!). Spätestens am Abend der Premiere wusste ich: Ich muss es zumindest versuchen mit der Bühne. Gott sei Dank empfand meine Mama das genauso und hat mich in dem Wunsch sehr unterstützt. Ich hab dann ein paar Gesangsstunden genommen und nach 3 Stunden fragte meine Lehrerin, ob ich nicht bei Jugend musiziert mitmachen wolle. Plötzlich ging alles ganz schnell. Ich hab ein Programm zusammengestellt und es bis ins Finale geschafft (Es war eine enorme Erfahrung. Ostern 2003 bin ich dann das erste Mal in meinem Leben geflogen. (Ja, ich war 20…auch das kaum vorstellbar). Es ging nach München zum Orientierungsworkshop der Theaterakademie. Dort hab ich mich dann in die Schule verliebt! 2 Monate später waren die Aufnahmeprüfungen. Nach grandiosem Scheitern in Berlin wollte ich eigentlich schon absagen, aber ich hatte sowohl Zugticket, als auch Hotel schon, also bin ich gefahren…Und war 8 Tage später aufgenommen. Zurück zu Hause hat meine Familie eine Überraschungsparty organisiert und es war total aufregend und toll und ein langer Abend mit vielen lieben Menschen! Als ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, hab ich dann Rotz und Wasser geheult. Alles, was ich denken konnte, war: „Oh Gott!! Ich werde Künstler!!“ (lacht). Manchmal geht mir das heute noch so, aber ich liebe es, Darstellerin zu sein. Und ich höre auch wieder ab und an Punk!

Was macht für dich den besonderen Reiz des Musicaldarstellers aus?

Als Musicaldarsteller verbindest du Elemente zu einer Geschichte, die den ganzen Körper betreffen und den direkten Weg zur Seele finden. Du erzählst deine Emotionen nicht nur mittels der Sprache, sondern auch durch Musik, durch Tanz. Für mich ist es am Schönsten, wenn ich das Gefühl habe, der Darsteller ist so in seinen Gefühlen, seinen Emotionen, seiner Geschichte, dass Worte allein nicht mehr ausreichen um sich zu erklären. Er muss singen und /oder tanzen, um sich zu öffnen, sich auszudrücken, sonst platzt er. Dann ist es authentisch, dann ist es ehrlich und dann ist es die Musik, die die Geschichte unterstützt, untermalt. Bestenfalls merke ich gar nicht, dass der Darsteller gerade singt und nicht spricht. Hauptsache, er erzählt mir eine Geschichte und ich bin in seiner Geschichte gefangen.

Welche Rolle war dir bisher die Liebste und warum?

Das ist schwer zu beantworten. Ich denke, Zarah im Einpersonenstück „Zarah 47“ war auf jeden Fall etwas ganz Besonderes für mich. Das war eine sehr intensive Zeit und alleine so ein 2,5-Stunden-Programm zu stemmen, war definitiv eine Herausforderung. Es war auch mal eine ganz andere Art zu spielen, so nah am Publikum, wortwörtlich zum Greifen nah und auch eher „zwischen“ dem Publikum zu spielen und trotzdem manchmal alles um sich herum zu vergessen. Das war besonders und ich hoffe sehr, es bald mal wieder spielen zu können. Mindestens genau so geliebt habe ich aber auch Lisa Wartberg in IWNNINY. Das war meine erste wirkliche Hauptrolle in einem großen Musicalhaus und ich hatte verdammt viel Respekt davor. Lisa ist so toll, weil es eine Rolle ist, die du auch drei oder wahrscheinlich auch fünf Jahre spielen kannst und du entdeckst immer wieder neue Nuancen, neue Momente, neue Farben. Sie hat eine wundervolle Entwicklung. Als Schauspielerin ist es toll, Rollen zu spielen, die einen „Bogen“ haben, die sich entwickeln. Noch heute habe ich immer einen Kloß im Hals, wenn ich „Was wichtig ist“ singe. Wäre es damals in Oberhausen geblieben, wäre ich wohl immer noch dabei. Dann hätte ich allerdings Donna und Tanja verpasst, die mir ebenfalls sehr am Herzen liegen. Donna ist mir als Nina vielleicht von allen Rollen am ähnlichsten und daher habe ich mich ihr sehr schnell „verbunden“ gefühlt. Und da ich es liebe, Menschen zum Lachen zu bringen, ist auch Tanja einfach eine unfassbar tolle und dankbare Rolle! Ihr seht: Ich kann mich einfach nicht festlegen!

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© Ingolf Bode, 2016

Gibt es ein Lied aus einem Musical, welches du als absoluten Favoriten für dich bezeichnen würdest?

Nein! Die Auswahl ist einfach zu groß und dann muss noch unterschieden werden zwischen Songs, die ich nur gern höre oder auch Songs, die ich gern singe. Was ich sagen kann ist, dass ich es mega schade finde, „Ghost“ nicht gesehen zu haben, denn da fange ich schon an zu weinen, wenn ich nur die Musik höre ohne die Bilder zu kennen.

Musical heißt manchmal, auch mehrmals pro Woche auf der Bühne zu stehen. Wie anstrengend ist es, immer 100% geben zu wollen?

Sehr anstrengend. Also gerade bei 8 Shows muss ich sagen, schlaucht es schon ungemein. Und so sehr ich es auch liebe, Cover zu sein, bist du natürlich immer auf Habachtstellung. Es kann immer sein, dass Du plötzlich übernehmen musst. In der ersten Zeit mit 7 oder 8 Shows habe ich mich nie getraut, nebenbei noch Sport zu machen, weil ich Angst hatte, mich zu verausgaben oder mich zu verletzen. Irgendwann hab ich gemerkt, dass ich den Sport als Ausgleich absolut brauche! Allein schon, um runter zufahren /mal den Kopf frei zu bekommen. Wenn du dein eigenes Instrument bist, musst du einfach anders auf dich achten. Und das kann manchmal echt stressen oder einen auch zur Spaßbremse werden lassen. Dann ist es wichtig, Leute um sich zu haben, die das verstehen.

Wie sieht für dich ein perfekter freier Tag aus? (z.B. der Montag)

Ausschlafen, auf irgendeine Weise fleißig sein (ob Sport oder was Anderes von der To-Do-Liste abhaken), an die frische Luft, guter Krimi, guter Kaffee, gerne Sauna, abends lecker kochen und schönes Glas Wein mit tollen Gesprächen mit Freund(en) und/oder Familie.

Was bringst du von dir selbst in die Rolle mit?

Das kommt ganz auf die Rolle an. Ich halte persönlich nicht so viel davon, seinen eigenen Schmerz/das eigene Erlebte BEWUSST mit auf die Bühne zu nehmen. Ich glaube, instinktiv bedient sich der Körper/die Erinnerung ohnehin an den Erfahrungen und dem Leben. Ich glaube, in jeder meiner Rollen steckte bisher ein Stück von Nina. Aber ob das die lustige, die traurige, die emotionale, die zickige oder die dramatische Nina war, lässt sich vermutlich schwer sagen. Vielleicht steckt auch in jeder Rolle von allem ein bisschen. Was ich sagen kann, ist: Ich mag es, mich zu öffnen auf der Bühne und auch Emotionen zu zeigen, mich ganz auf den Moment einzulassen. Es klingt vielleicht ein bisschen exhibitionistisch und es mag mir auch nicht immer gelingen, aber das ist es, was ich anstrebe: Was ich von mir mitbringe? Mein Gefühl!

Du spieltest bei Mamma Mia unter anderem die Rolle der Donna. Wie ist es, eine Mutter mit einer erwachsenen Tochter darzustellen?

Da ich schon mit 25 (bei der Audition noch 24!) die Rolle einer Anfang 40-Jährigen samt 19-jähriger Tochter gespielt habe, gewöhne ich mich dran. Um ehrlich zu sein: Ich weiß, dass es oftmals heißt, ich sei zu jung für gewisse Rollen (gewesen). Das mag sicher stimmen. Aber als Mama war das, glaub ich, kein Problem. Meine eigene Mama ist genau wie die Mütter, die ich gespielt habe: Die beste Freundin der Tochter, stark, Powerfrau und mit Humor. Also hatte ich quasi das Beste Vorbild immer an meiner Seite – das macht es einfacher! Und im Gegensatz zu „Ich will Spaß“ war ich als Privatperson jetzt wenigstens älter als meine (Privatpersonen-) Töchter. Wenn auch mitunter nur 2 Jahre.

Du warst bei Mamma Mia schon in Stuttgart und Berlin dabei nun geht es ins Ruhrgebiet. Was unterscheidet die drei Standorte?

Der größte Unterschied für mich persönlich ist: In Stuttgart hatte ich meine erste große Cover Hauptrolle, in Berlin hatte ich meinen ersten Job nach dem Studium und in Oberhausen sind alle meine Freunde. Es ist quasi mein „Zuhause“ und zwar nicht nur die Region, sondern auch das Haus. Viele der Menschen, die dort arbeiten (ob Techniker, Maske, Büros), kenne ich noch aus Zeiten meines Praktikums im Betriebsbüro im Colosseum Theater 2002.Ich liebe dieses Haus und die Menschen dort! Und natürlich bin ich in Essen zu Hause und es ist ein Geschenk, zu Hause sein zu dürfen!

Du hast in den letzten Monaten an einem Workshop teilgenommen um was ging es da?

Um genau zu sein, war das kein Workshop, sondern eine Weiterbildung von der iSFF (dem Institut für Schauspiel, Film- und Fernsehberufe an der VHS Berlin). Auf der Internetseite steht dazu Folgendes: „Der Lehrgang ist eine gezielte Weiterbildung für Schauspielerinnen und Schauspieler, die erfolgreich für Film und Fernsehen arbeiten wollen. Die Teilnehmer setzen sich umfassend mit der Arbeit vor und hinter der Kamera auseinander und erhöhen damit ihre Chance, in Film- und Fernsehproduktionen besetzt zu werden. […] “ Wir waren 22 Teilnehmer – eine tolle Truppe, die gut zusammen gearbeitet hat und aus der Freundschaften hervor gegangen sind. Ab dem ersten Tag haben wir vor der Kamera gestanden. Natürlich nicht jeden Tag, dafür sind 22 Teilnehmer dann doch zu viel, aber doch regelmäßig. Wir haben mit „Übungs-Monologen“ angefangen, die uns der Kursleiter rausgesucht hat, dann haben wir irgendwann die ersten „Übungs-Szenen“ gedreht mit Markierungen treffen (kenne ich ja Gott sei Dank vom Musical ;)), Kameraachse beachten,…und in den letzten zwei Woche haben wir dann die Szenen gedreht, die ihr jetzt auf YouTube sehen könnt. Außerdem waren regelmäßig Gastdozenten da, die uns etwas über ihre Arbeit oder generell die Arbeit vor und hinter der Kamera erklärt haben (Produzenten, Dramaturgen, Caster, Agenturen, Maskenbildner) und wir hatten auch Sprech-, Stunt- und Meisner Training (auf Grundlage der Sanford Meisner-Technik, vermittelt grundlegenden Elemente der Technik und Meisners Philosophie des „wahrhaftigen Lebens unter imaginären Umständen“. Die Schauspieler werden dahingehend trainiert, ihren Impulsen gehör zu verleihen und sich für diese zu sensibilisieren. (Anmerkung der Redaktion)) Vor allem aber haben wir bei den Monologen, Szenen und Kurzfilmen, die wir gedreht haben immer auch das Team gebildet. Sprich: Wer nicht gerade vor der Kamera stand, hat die Klappe und das Skript gemacht, den Ton geangelt, gemischt, die Maske, die Requisite oder die Aufnahmeleitung übernommen, Continuity (sagte mir bis dahin gar nix) oder andere Positionen gemacht. Das war sehr interessant und für jemanden wie mich, der keine große Erfahrung an einem professionellen Set hatte, sehr lehrreich. Ich hab viel gelernt, vor allem eben auch über die Abläufe HINTER der Kamera, und sollte ich mal das Glück haben VOR der Kamera zu stehen, wird mir das sicher helfen.

Was reizt dich am Fernsehen?

Es ist einfach noch einmal eine ganz andere Art zu arbeiten als auf der Bühne. Oft drehst du eine Szene mehrfach, manchmal nur das Ende einer Szene, manchmal erst das Ende, dann den Anfang,…Manchmal drehst du ganz intime Momente und rechts neben dir steht gefühlt keine 15cm entfernt der Kameramann und der Assistent kniet irgendwo zu deinen Füßen. Und es gilt wie so oft: Weniger ist mehr. Wenn man von der Bühne kommt, wo man teilweise 1.800 Leute im Publikum hat, dann muss man da erst einmal umdenken. Ich finde die Arbeit total spannend und wenn meine Großeltern, die fast 94 sind und langsam nicht mehr herumreisen und ihre Enkelin auf der Bühne sehen können, mich trotzdem noch spielen sehen können nur eben bei sich im Wohnzimmer, ist das noch mal eine weitere, große Motivation!

Willst du ganz vor der Kamera stehen oder wird man dich auch weiterhin im Theater bewundern dürfen?

Ich werde auf keinen Fall sagen entweder oder! Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen und das wird sich sicher auch nicht ändern (Es wurde doch noch eine Rampensau aus mir). Die letzten Jahre waren toll, aber ich habe jetzt mit IWNNINY und Mamma Mia über fünf Jahre Longrun gemacht und da bleibt nicht viel Zeit, daneben andere Projekte zu starten. Ich wollte es aber schon ewig zumindest mal versuchen, ob ich überhaupt eine Chance habe im TV. Danach Mamma Mia nichts Neues anstand und sie mich beim Casting genommen haben, wollte ich diese Chance für die Weiterbildung jetzt zumindest nutzen. Es wäre toll, wenn eine Mischung aus Bühne und Drehen realisierbar wäre. Allerdings weiß ich auch, wie verdammt schwer es ist, beim TV einen Fuß in die Tür zu bekommen. Für den Anfang wäre ich schon glücklich über einen Zeh. Aber auf jeden Fall werde ich der Bühne treu bleiben! 🙂

Was werden wir so in nächster Zeit von Dir sehen?

Zumindest ein paar Videos, eine Homepage, neue Bilder usw. Es sind ein paar Projekte in Planung, aber noch nichts davon ist spruchreif. Wenn ich auf der Bühne oder im TV zu sehen bin, gebe ich das in jedem Fall auf meiner Facebook-Fan Page bekannt! Versprochen!

 

Wir danken Nina Janke für das ausführliche Interview und wünschen ihr alles Gute für die Zukunft!

Autor: Michaela