Ghost das Musical feiert Premiere in Hamburg 2018

Als ich den Film zum ersten Mal gesehen habe, war ich fast drauf und dran ihn auszumachen – denn der Anfang war doch sehr langweilig. Aber da es Patrick Swayze war, wurde der Streifen weiter angesehen, was eine gute Entscheidung war. Ab dem Moment, in dem Sam erschossen wird, kommt der Film nämlich so richtig in Fahrt. Besonders der Auftritt von Whoopie Goldberg als Oda Mae Brown war überzeugend. Naja, sie hatte nicht umsonst dafür 1991 einen Oscar für die beste Nebenrolle erhalten.

Seit März 2011 gibt es den Stoff nun als Musical. Welturaufführung feierte es in Manchester, zog danach nach London um und war bis Oktober 2012 am West End zu sehen. Fast zeitgleich lief es vom April bis August 2012 am Broadway. Im März 2017 fand am Landestheater in Linz (Österreich) die deutschsprachige Erstaufführung statt. Dort avancierte es zu einem gern gesehenen Stück.

Vom 07. Dezember 2017 bis 07. Oktober 2018 war das Stück in Berlin am Theater des Westens in einer neuen deutschen Fassung zu sehen (wir berichteten — hier). Am 28. Oktober 2018 feierte GHOST – das Musical nun Premiere am Hamburger Operettenhaus. Gute 14 Tage vorher wurde das komplette Ensemble offiziell bekannt gegeben, obwohl schon viel früher durchsickerte, dass Alexander Klaws und Willemijn Verkaik nicht mit nach Hamburg wechseln. Stattdessen würde das Hamburger Publikum in den Genuss kommen, Roberta Valentini und Riccardo Greco als Molly und Sam auf der Bühne erleben zu dürfen.

Das Kreativteam blieb jedoch das gleiche wie in Berlin, nur die Personen, die den Stoff und die Vorgaben vor Ort umsetzen, ist das Team des Operettenhauses. Die Bearbeitung des Filmskriptes zur Musicalversion nahm der Autor Bruce Joel Rubin, 1991 bekam er für sein Drehbuch einen Oscar, selbst vor. Die Musik, die im Musical gespielt wird, stammt von Dave Stewart (Eurythmics) und Glen Ballard (Autor von Michael Jackson’s „Man In The Mirror“).  Natürlich darf „Unchained Melody“ nicht fehlen. Im Film kommt die Version der Righteous Brothers vor, der Song wurde jedoch von Hy Zaret (Text) und Alex North (Musik) geschrieben und komponiert. Im Stück wird der Song von Sam mit der Gitarre performt und fügt so den unzähligen Versionen, die in den letzten gut 65 Jahren (seit 1955) entstanden sind, eine weitere hinzu.

Soviel wusste ich nun bis zu jenem Sonntagabend im Oktober, als es hieß, sich auf den Weg nach Hamburg zu machen, um das Stück selbst zu sehen. Also war es nun eine komplette, neue Premiere für mich, ähnlich wie es bei Kinky Boots 2017 war, dem Vorläuferstück im Operettenhaus. Ich ging ohne jegliches, tieferes Wissen ins Theater und war hellauf begeistert (ein paar meiner Berichte rund um das Stück findet ihr ab hier). Auf jeden Fall hat mich seit sehr langer Zeit kein anderes Stück in so gute Laune versetzt wie Kinky Boots. Bei der Derniere liess Benjamin Eberling, der dort als Don auf der Bühne stand, es sich nicht nehmen, dem Theaterleiter nachzurufen: „Ey du! Musst du nicht zum Töpferkurs bei den Ghostbusters? Oder Ghost oder wie das heißt?!“ und leitete somit das Ende der Schuhfabrik und den Übergang in die Geisterwelt ein.

Sonntag, 28. Oktober 2018, 16.50 Uhr, Einlass ins Theater

Es ist kurz vor fünf, wir saßen noch unter einer der Heizlampen auf dem Winterdeck, welches alljährlich auf einer der verschiebbaren Bühnen des Spielbudenplatzes aufgebaut ist. Die ersten Personen in Abendkleidung waren zu sehen, die Reeperbahn heraufkommend und Richtung Theater strebend. Wir tranken unseren Glühwein und die Schokolade aus und machten uns ebenfalls auf den Weg.

Sonntag, 28. Oktober 2018, 16.55 Uhr, Operettenhaus

Die ersten Gäste strebten schon ins Haus, ein paar standen trotz der Kälte und etwas Niesel aus den Wolken noch vor den Türen und genossen ihre Zigaretten. Die Türen wurden an diesem Tag von drei Herren im roten Anzug geöffnet, nicht wie sonst nur von einem, die einem einen schönen Abend wünschten.

An der zweiten Türe standen ebenfalls „Lakaien“ und man wurde gefragt, wie man denn hieße  und es wurde einem mitgeteilt, wo man hingehen soll, in meinem Fall nach links. Genau daneben, dort, wo der Merchandisestand ist, konnten die VIPs ihre Tickets abholen und direkt auf den roten Teppich starten. Für alle anderen Gäste ging es rechts in den normalen Eingang.

002-Nathalie Brandt 2018 Ghost Premiere Hamburg

Wie sich nun schon erahnen ließ, war die Fotowand für die Journalisten und die VIPs im Foyer aufgebaut. Dort herrschte auch schon reges Treiben. Ich „parkte“ meine Begleitung ein wenig weiter an einem der Bartische und stellte mich an einen freien Platz neben dem abgesperrten Areal. Dieses war nur für Fotografen und Berichterstatter reserviert, die ihr Geld mit Fotos von solchen Events verdienen und natürlich für die TV-Sender, Radiostationen und großen Tageszeitungen. Der Platz ist wie gesagt begrenzt und schon schlugen die Fotografen sich um die besten Bilder. Mir war die erste Dame, die da nun stand, unbekannt, aber es sollten noch einige mir bekannte Gesichter folgen.

17.14 Uhr, Foyer, roter Teppich

So posiert zum Beispiel Nik Breidenbach (erster „Herbert“ aus „Tanz der Vampire“, „Cavequeen“, eigentlich Dauergast auf der Bühne im Schmidt Theater ein Stückchen weiter die Reeperbahn herunter) zusammen mit Michaela Schaffrat  für die „Hierher schauen“-rufende Fotografenmeute. Hierfür wurde auch der Töpfertisch aufgefahren, wie er in Berlin schon zu sehen war und dort im Foyer im Theater des Westens als Fotopoint lockte. Als nächstes kam Eddie Kante (ehemaliger Bodyguard von Udo Lindenberg) am roten Teppich an und posierte mit seiner Begleitung ebenfalls  am Töpfertisch. So kamen die verschiedensten Damen und Herren an der Fotowand vorbei. Einige blieben nach dieser „Arbeit“ bei der filmenden und schreibenden Presse stehen und antworteten auf die dort gestellten Fragen.

Nun sollte man denken, dass sie ihren Weg zur Bar und zu den anderen Gästen ganz einfach fortsetzen konnten, aber dem war nicht so, was ich sehr gut fand. Auch die VIPs kamen nicht herum um die Tatsache, dass es ohne gültiges Platzticket keinen weiteren Einlass gab. Einige schauten ziemlich irritiert und waren darauf nicht vorbereitet. Zum Glück hatten die männlichen „Berühmtheiten“ ihre Frauen dabei, die die Tickets vorzeigten. Zwei Damen, die eben noch für die Fotografen posiert hatten, schauten sich sehr verdutzt an, drehen sich um und holten erst einmal ihre Taschen, die sie beim Saalpersonal hatten liegen lassen.

001-Nathalie Brandt 2018 Ghost Premiere Hamburg

Kurz darauf verließ ich jedoch den Platz am Teppich. Immer mehr Gäste strömten ins Theater, immer mehr wollten sehen, wer denn da nun VIP war und immer mehr wurde man hin- und hergeschubst. Es sollte nun noch 45 Minuten dauern, bis die Vorstellung beginnen würde.

18 Uhr, Theatersaal

Die Türen zum Saal waren geöffnet, aber es herrschte noch gähnende Leere. Das Publikum drängte sich weiterhin im Foyer an den Bars und dachte gar nicht daran, in den Saal zu gehen. Erst als der erste Gong zu hören war, füllte sich der Saal. Natürlich war es wie immer: die Leute mit den Randplätzen waren zuerst da, die Gäste mit Platzkarten in der Mitte der Reihe kamen erst auf die allerletzte Sekunde. Die Spannung war groß, was einen nun erwarten würde.

mde

18.30 Uhr, die Vorstellung beginnt (wer weder den Film, noch das Stück kennt, sollte diesen Teil des Berichtes auslassen, weil er sonst gespoilert wird)

Die Bühne ist nicht von einem Vorhang zugehängt, nein, wir sind, wie auch in der Verfilmung, in der neuen Wohnung von Sam und Molly, die sie selbst herrichten. So beginnt das Stück zwischen mehreren Plastikplanen, die von der Bühnendecke hängen. Wie Andrea auf unserer Homepage schon die Inszenierung in Berlin beschrieben hat (http://buehnenlichter.de/ghost-das-musical/ghost-das-musical-in-berlin-2017-2018/ auch mit Inhalt), ist das Bühnenbild wandelbar und gigantisch, daher gehe ich hier nicht weiter darauf ein. Mir persönlich hat die Kulisse beim ersten Aufeinandertreffen von Sam und dem U-Bahn-Geist am besten gefallen, obwohl ich wegen der Lichteffekte teilweise nur erahnen konnte, was im Zug passiert. Dieser wird jedoch geschickt so gedreht, dass erst die Außenwand quer zu sehen ist, dann hat man von vorne Einblick in den Waggon und zum Ende der Szene ist er der Länge nach offen zu sehen, damit die Effekte besser zur Geltung kommen, wenn der Geist den Passagieren die Zeitung oder auch die Tasche aus der Hand schlägt.

Auf die Stroboskopeffekte in diesen Szenen wurde auf den Eintrittskarten sowie auch draußen am Saal hingewiesen. Hier im Theater waren sie doch noch etwas heftiger als man sie zum Beispiel vom Jahrmarkt oder aus der Disco in Erinnerung hat, selbst für Reihe 11 im Rang. Meine Begleitung hat zum Beispiel bei „Nur weg von hier“ die Augen schließen müssen.

Manche Übergangseffekte, besonders wenn Sam, Willie und zum Ende auch Carl zu Geistern werden, wirken noch etwas holprig. Natürlich weiß man, dass da am Boden immer ein Double mit dem Gesicht vom Publikum weggewand liegt, weil es nun einmal nicht anders möglich ist, jedoch muss sich hier einfach die Routine noch einstellen. Am schönsten war der Lichteffekt gleich nach Sams Tod, wenn die guten Geister ihn abholen wollen und er es verweigert mit ihnen zu kommen. Der ganze Saal erstrahlte wie von tausend Sternen. Die Lichtkegel kann man ähnlich die einer angestrahlten Discokugel beschreiben, nur etwas größer. Dies ist ein Effekt, den man nur voll genießen kann, wenn man weiter hinten seine Plätze hat.

(c) SE/Morris MacMatzen
(c) SE/Morris MacMatzen

Die dominanten Pfeiler bleiben das ganze Stück über auf der Bühne und bilden einmal die Umrandung der Wohnung, die Straßen von Brooklyn und auch die Büroräume. Auf einen von ihnen, der oben auf der Bühne schräg verläuft, sind später die Antworten von Sam auf dem Computer projiziert, die er Carl gibt, nachdem das Konto von Rita Miller aufgelöst wurde. In dieser Szene ist Sam jedoch nicht als Geist zu sehen, man hört ihn nur. So wechselt es hin und her, mal ist er zu sehen, mal nur zu hören und die anderen spielen mit sich alleine und müssen ihn nicht ignorieren. Dies scheint mit am schwierigsten zu sein, sein Gegenüber, das genau vor einem oder neben einem steht, zu ignorieren, doch die Darsteller meistern dies alles gut.

Da der Autor des Drehbuches der gleiche ist, der auch das Buch für das Bühnenstück geschrieben hat, sind die prägnantesten Dialoge eins zu eins umgesetzt; sei es die Szene im Fahrstuhl in der Carl und Sam über den Ausschlag reden und die anderen Fahrgäste in Angst versetzen oder auch die Dialoge in den Szenen mit Oda Mae. Dort wird man sehr an den Film erinnert. Manche Dialoge sind auch ergänzend dazugekommen.

(c) SE/Morris MacMatzen
(c) SE/Morris MacMatzen

Bei den Spielorten sieht dies schon anders aus. Die Wohnung von Oda Mae und ihren Schwestern gibt es nicht, Willie bricht in ihren Laden ein und Carl stirbt am Ende in der Wohnung von Molly und nicht eine Etage höher. Man kann es eben halt nicht alles haargenau umsetzen, was aber auch nicht unbedingt sein muss.

Neue Innovationen gibt es aber bei den Tricks nicht wirklich. Dinge, die Sam (noch) nicht greifen kann, fasst der Darsteller, bis er im Stück seine Lehrstunde beim U-Bahn-Geist hatte, herum. Wenn ihm nicht gerade die Tür geöffnet wird, dann wird auf eine Illusion aus der Welt der Zauberer zurückgegriffen. Wie genau diese nun funktioniert, darf aber nicht verraten werden, sonst gibt es Ärger vom magischen Zirkel und man möchte sich ja auch verzaubern lassen.

Ca. 21.30 Uhr, Schlussapplaus

Während der Show war der Applaus ziemlich durchwachsen. Zum Schluss gab es jedoch von Anfang an Standing Ovations, besonders für Marion Campbell als Oda Mae Brown und den U-Bahn-Geist Marius Bingel. Ihre beiden Rollen sind diejenigen, die dem Stück ein wenig Schwung bereiten, genau wie auch im Film.

Oda Maes Sprüche und der Song „Nur weg von hier“ werden von Campbell mit ihrer großartigen Mimik, Gestik und Stimme perfekt umgesetzt. Laut vieler Aussagen war sie schon in Berlin ein Highlight in der Rolle – kein Wunder also, dass sie der Inszenierung treu geblieben ist.

Marius Bingel, der erst im Mai seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat (mehr zu ihm in seinem Künstlerprofil auf Bühnenlichter.de: http://buehnenlichter.de/marius-bingel/), zeigt als U-Bahn-Geist eine mitreißende Leistung. Durch seine Frisur und die Kleidung ist er peppiger gestaltet als im Film und das wirkt sich auch auf seine Darstellung aus. Die Verwirrtheit des Geistes, der durch seinen Zustand verrückt geworden ist, setzt er sehr gut um. Die Stroboskopeffekte kommen in den Szenen mit dem U-Bahngeist am stärksten zum Einsatz. Kombiniert mit der durchdringenden Musik in dem Moment steht man quasi in seinem Sitz.

Roberta Valentini und Riccardo Greco spielen überzeugend aneinander vorbei, denn Sam kann ja nur von Oda Mae gehört werden, sehen kann ihn keiner. Bis zum Ende heißt es: ignoriere ihn. So spielen beide zwischen Liebe, Hoffnung und Trauer. Bei Riccardo kommt dann noch der unendliche Hass auf Carl dazu, der ebenfalls überzeugend von John Vooijs verkörpert wird. Dachte die Figur des Sam doch, dass dieser sein bester Freund sei. Dabei ist er der Grund, weswegen Willie Lopez (wirklich richtig schleimig: Mischa Kiek) ihn erschossen hat.

Keinem kam merklich ein falscher Ton über die Lippen und der Abend verging wie im Flug. Ein oder zwei Lieder bleiben einem im Ohr und wer sehr mit der Story mitgeht, verdrückt am Ende ein oder zwei Tränen oder braucht sogar ein ganzes Paket Taschentücher. Noch bis zum 13. Januar 2019 kann man das Stück im Operettenhaus erleben, ein weiterer Spielort ist bisher noch nicht bekannt gegeben worden. Am besten ist es immer, wenn man sich selber ein Bild vom Stück macht und es mindestens einmal angesehen hat. Jeder hat eine andere Meinung und jedem gefällt etwas anderes besser oder nicht. Für uns war es ein netter Abend und wir bedanken uns noch einmal herzlich für die Einladung.

Bericht: Nathalie

Die Premierenbesetzung im ganzen:

  • ROBERTA VALENTINI als Molly Jensen
  • RICCARDO GRECO als Sam Wheat
  • MARION CAMPBELL als Oda Mae Brown
  • JOHN VOOIJS als Carl Brunner
  • ENNY DE ALBA als Clara
  • TAMARA WÖRNER als Louise
  • ROB PELZER als  Krankenhaus-Geist
  • MARIUS BINGEL als U-Bahn Geist
  • MISHA KIEK als Willie Lopez

Das Ensemble:

Rachel Colley (Ensemble, Orticia, Cover Clara, Cover Louise) | Lanie Sumalinog (Ensemble, Mrs Santiago, Cover Clara, Cover Louise) | Anja Backus (Ensemble, Cover Molly) | Rosalie Simone van Wengerden | Piek van der Kaaden | Kayleigh Stephenson (Swing) | Philipp Nowicki (Ensemble, Cover Carl) | Alex Bellinkx (Ensemble, Cover Krankenhaus Geist) | Giuliano Mercoli (Ensemble, Cover Krankenhaus Geist) | Philip Anderson (Ensemble)| Andre Naujoks (Ensemble, Cover U-Bahn Geist)

Tickets gibt es an allen bekannten VVK-Stellen. Weitere Informationen zum Musical unter www.musicals.de


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Ghost – Das Musical (Inhalt)

Berlin 2017/2018

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Ghost feiert Hamburg-Premiere