Doktor Schiwago in Pforzheim 2018/2019

Premiere & rezensierte Vorstellung: 28. September 2018

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Das Buch „Dr. Schiwago“ von Boris Pasternak, genauso wie die gleichnamige Verfilmung mit Omar Sharif in der Hauptrolle, gehören zu den ganz großen Klassikern. Alleine 5 Oscars konnte der Film abräumen. Ebenso erfolgreich ist die Titelmelodie „Weißt du wohin“ (Lara’s Theme), gesungen von Karel Gott. Somit liegt die Latte hoch für das Musical. Nach dem Theater Leipzig wagte man sich nun auch in Pforzheim daran, dass Stück auf die Bühne zu bringen. Dabei war sicher eine der Schwierigkeiten, die Handlung vom vierstündigen Film auf eine wesentlich kürzere Musicalfassung zu reduzieren.

HANDLUNG

Die Handlung, die sich über mehrere Jahrzehnte der russischen Geschichte erstreckt, wurde in Pforzheim geschickt zusammengefasst. Der Schwerpunkt liegt auf der Liebesgeschichte zwischen Dr. Jurij Schiwago, seiner Frau Tonja und der von ihm heiß begehrten Lara.

Die Geschichte beginnt mit einer großen Szene, der Beerdigung von Jurijs Vater, bei dem neben dem beeindruckend großen Ensemble auch die drei Kinder (Jurij, Tonja, Lara) auf der Bühne stehen.

Jurij, der nun Waise ist, wächst bei Tonjas Familie, den wohlhabenden Gromekos, auf. Auch die kleine Lara hat ihren Vater verloren und wird von dem reichen Viktor Komarovskij in die Obhut genommen.

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Während Jurij und Tonja in behüteten Verhältnissen aufwachsen, er studiert Arzt und schreibt Gedichte, geht es Lara nicht ganz so gut. Komarovskij hat an der schönen jungen Frau, zu der sie herangewachsen ist, ein ganz persönliches Interesse.

Um Komarovskij zu entkommen, heiratet Lara ihren Freund Pascha, während auch Tonja und Jurij heiraten. Als Lara ihrem Ehemann Pascha gesteht, dass er nicht ihr erster Mann ist, sondern Komarovskij es war, verlässt dieser sie enttäuscht.

Auf einer Feier, auf der auch Jurij zu Gast ist, versucht Lara Komarovskij zu erschießen, trifft jedoch nicht. Jurij ist fasziniert von dieser mutigen, fremden Frau.

Nach Ausbruch des 1. Weltkriegs wird Jurij an die Front geschickt. Im Lazarett treffen sich Lara, die auf der Suche nach ihrem Mann Pascha ist, und Jurij wieder. Jurij berichtet Tonja in seinen Briefen, wie sehr ihn Lara fasziniert. Doch Laras und Juris Wege trennen sich wieder, nachdem der Krieg gegen die Deutschen vorbei ist. Er fährt zurück nach Moskau zu Tonja, während sie als Lehrerin auf dem Land bleibt.

Doch kaum ist der Krieg gegen Deutschland zu Ende, bricht in Russland der Bürgerkrieg aus, in dem die „Weißen“, dem Zar treu Ergebenen, gegen die „Roten“ (Kommunisten) kämpfen. Zuhause angekommen, muss Jurij feststellen, dass das Haus der Familie von den Kommunisten besetzt ist. Tonja und sein Sohn Sascha, den er das erste Mal sieht, sowie die ganze Familie müssen auf dem Dachboden wohnen.

Jurij wird wegen seiner Gedichte vor Gericht gestellt, doch Komarovskij hilft ihm und so entgeht er einer Verurteilung, während sein Freund gehängt wird. Jurij flieht mit seiner Familie aufs Land in die Krüger-Villa, ganz in die Nähe der Stadt, in der Lara lebt. Doch auch die Partisanen sind in der Nähe und entführen Jurij, dessen Dienste als Arzt sie brauchen. Dabei stellt sich heraus, dass der gefürchtete Strelnikow kein anderer als Laras Mann Pascha ist.

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Tonja und ihr Sohn treffen in der Bibliothek des kleinen Dorfes auf Lara. Beide erkennen sich wieder und, obwohl eigentlich Rivalinnen, können sie sich in ihrer Liebe zu Jurij nicht böse sein. Ohne ihren Mann Jurij kehrt Tonja mit ihrem Sohn zurück nach Moskau.

Nachdem Jurij im Lager der Partisanen eine Frau erschießen muss, flüchtet er und kehrt nach langer Flucht in die Krüger-Villa zurück, wo Lara ihn findet. Sie pflegt ihn gesund. Doch die Beiden werden von Komarovskij gefunden, der anbietet, ihnen zur Flucht zu verhelfen, da Laras Mann inzwischen zum Tode verurteilt wurde. Jurij schickt Komarovskij mit Lara voraus und behauptet, nachzukommen, doch er bleibt in der alten Krüger-Villa.

Inzwischen ist Dr. Jurij Schiwago wegen seiner Gedichte im ganzen Land berühmt. Er selbst bleibt jedoch einsam in der Villa zurück, wo eines Tages der totgeglaubte Ehemann Pascha/Strelnikov von Lara auftaucht. Sie betrinken sich gemeinsam und Strelnikov, noch immer in Lara verliebt, erschießt sich.

Mit der Beerdigung von Jurij Andreitsch Schiwago endet die Geschichte, die zwischen 1903 und 1930 spielt.

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BÜHNENBILD

Natürlich ist es auf einer Musicalbühne nicht möglich, die farbenfrohen Bilder eines Films zu zaubern. Aber bei den technischen Möglichkeiten, die es heute gibt, wäre mehr als ein Bühnenbild schon schön. In Pforzheim behilft man sich mit einem einzigen Gestell, das sich drehen und teilen lässt und so immer neue Szenen darstellt. Allerdings ist alles eher dunkel und trist. Ein schöner Effekt ist allerdings der Schnee, der in den letzten 20 Minuten auf die Bühne fällt.

MUSIK

Im Gegensatz zum Bühnenbild ist die Musik der amerikanischen Komponistin Lucy Simon, die auch die Musik für „Der geheime Garten“ schrieb, sehr abwechslungsreich. Da gibt es neben schönen Balladen, russischen, folkloristisch angehauchten Melodien, Walzertönen und Marschmusik natürlich auch die bekannte Titelmelodie „Lara’s Theme“ – gesungen und auf der Ziehharmonika gespielt.

Unter der musikalischen Leitung von Philipp Haag und der Chorleitung von Alexandros Diamantis finden sich das Orchester der Badischen Philharmonie Pforzheim, Chor und Extrachor sowie die Solisten harmonisch zusammen.

CAST

Neben dem großen Ensemble des Theater Pforzheim und vielen Komparsen stehen auch drei „Gastarbeiter“ auf der Bühne, nämlich als Dr. Schiwago Kurosch Abbasi, als Lara Femke Soetenga und als Strelnikow/Antipov Julian Culemann.

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Kurosch Abbasi, der als „Luigi Lucheni“ im Musical „Elisabeth“ bekannt wurde, ist zum ersten Mal in Pforzheim dabei, während sowohl Femke Soetenga als auch Julian Culemann dem Publikum schon aus verschiedenen Produktionen bekannt sind. Femke Soetenga spielte an der Seite von Chris Murray in Pforzheim in dem Musical Dracula und gehört zu den absoluten Publikumslieblingen. Auch im Musical „Sweeney Todd“ und aktuell in Frank Nimsgerns „Classics“ war und ist sie in Pforzheim zu sehen. Julian Culemann spielte schon oft in Pforzheim, u.a. in der „West Side Story“, „Hamlet“, „Blume von Hawaii“ u.v.m.

Zum Ensemble des Theaters gehören in den weiteren Hauptrollen Lilien Huynen als „Anna Gromeko“, Klaus Geber als ihr Mann „Alexander Gromeko“ und Spencer Mason als „Viktor I. Komarovskij“. Auch die anderen Mitglieder des Theater Ensembles sind sowohl stimmlich als auch schauspielerisch sehr gut, besonders wenn man dabei berücksichtigt, dass das Theater ein Drei-Sparten-Haus ist und die Angestellten fast täglich in anderen Produktionen zu sehen sind.

FAZIT

Mit „Dr. Schiwago“ hat man sich am Theater Pforzheim einer großen Herausforderung gestellt und diese auch sehr gut gemeistert. Beeindruckend sind die gesangliche und tänzerische Leistung des Ensembles, die musikalische Qualität des großen Orchesters und vor allem auch die große Anzahl der Mitwirkenden.

Für alle Zuschauer, die sich von der herzzerreißend tragischen Geschichte mitreißen lassen, empfiehlt es sich dringend, ein paar Taschentücher einzupacken.


Artikel von Ingrid