Die Kulturszene & Corona – Im Gespräch mit Florian Hinxlage
Wir sahen Florian Hinxlage und seine Kollegen das letzte Mail live im Oktober 2019 und im Januar konnte er mit seinen Kollegen noch ein Benefizkonzert veranstalten. Da war die Welt in Ordnung und das Corona-Virus noch auf der anderen Seite der Erdkugel. Doch wenig später, der bundesweite Lockdown. Alles ist abgesagt oder lohnt sich mit den geltenden Vorschriften (noch) nicht.
Im Rahmen unseres Specials haben wir auch mit Schauspieler, Regisseur, Junior Agent und Sänger Florian Hinxlage über diese prekäre Lage gesprochen.
Anfang März musste der gesamte Kultursektor seine Arbeit einstellen. Wie hast Du diesen Moment erlebt?
Erstmal war es wie eine spontane Starre – ich musste abbremsen von 200 auf 0… Wahnsinn! Das kann man mit absolut nichts vergleichen.
Trotz letzter Bemühungen, virtuelle Proben durchzuführen, die Hoffnung zu haben „es ist dann ja in ein paar Wochen vorbei“ und den Gedanken an die kurze Grippe, die jeder mal eben hat, haben meine Motivation bis zuletzt am Leben gehalten. Ich wurde schließlich jäh eines Besseren belehrt.
Nun darfst Du bereits seit 5 Monaten nicht arbeiten. Keine Regie in Hallenberg, keine Musical Night und vieles mehr. Wie fühlt es sich an, irgendwie nicht systemrelevant zu sein?
Grauenvoll. Wie eine progressiv-ignorierte Gruppe von Menschen, mit denen niemand etwas zu tun haben will. Ein schreckliches Gefühl. Man bekommt keine Antwort auf Hilfefonds (Anmerkung d. Red.: Hinxlage lebt in Niedersachsen) und Soforthilfen, was man sich jahrelang aufgebaut hat ist von einem Tag auf den anderen komplett hinfällig, die Perspektive seiner Arbeit schwindet mehr und mehr. Ein ganz ganz unangenehmes Sammelsurium unangenehmer Gefühle.
Hat die Zwangspause Dir auch etwas Gutes gebracht?
Ich glaube ja, dass diese Zeit eine große Zeit der Chancen ist. Viele Kollegen und Freunde sind in dieser Zeit kreativ wie nie, es entstehen viele neue Stoffe, Songs, Musicals. Aber eben auch neue Konzepte und Shows. Klar, ein Live-Publikum ist des Künstlers Leidenschaft, aber viele Kollegen kreierten die verrücktesten Formate.
Ich bin und bleibe aber ein Live-Mensch. So tolle Angebote und Möglichkeiten ich gehabt hätte, finde ich, gehört zu meinem Beruf das Live-Publikum – ohne wenn und aber. Aber das soll jeder für sich entscheiden.
Womit beschäftigst Du dich aktuell?
Bekanntlich läuft gerade das „DINKLAGER MUSICAL FESTIVAL“, dass ich alleine veranstalte und umgesetzt habe. Ein 9 seitiges Hygienekonzept, alle Statuten sind mehr als erfüllt, ein klasse Einlasskonzept, eine geniale Location, fantastische Künstler und das ENDLICH WIEDER gestattete LIVE-Erlebnis!
Zum 1. Termin waren knapp 300 Personen vor Ort. 470 Plätze gibt es – demnach freue ich mich sehr, wenn viele Gäste den Weg nach Dinklage finden. Mark Seibert, Rob Fowler, Zodwa Selele, Katharine Mehrling, Maya Hakvoort, Mathias Schlung, Serkan Kaya, Alex Melcher, Kevin Tarte, Katja Berg….. ich könnte ewig so weitermachen, denn all diese tollen Künstler sind dabei und treten an einem der Samstage im August in Dinklage auf. Tickets gibt es via Reservix oder an der Abendkasse (wenn sie nicht ausverkauft sind!).
Es gibt bekanntlich immer ein Licht am Ende des Tunnels. Wie sieht dein Licht aus?
Letztlich statuiere ich mit dem Musical Festival bereits ein bundesweites Exempel. Niemand hat bisher eine solche Veranstaltung gemacht und es hat sich absolut bewährt. Nun gilt es, daraus Profit zu ziehen und die Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen: „Hey, es geht wieder!! Unterstützen wir das, indem wir Tickets kaufen!!“.
Das ist aktuell mein Tunnellicht. Wenngleich ich als Junior Agent der Agentur artinia auch einige Schäfchen in Produktionen untergebracht habe, die allesamt laufen werden. Also ist zumindest diesbezüglich klar, dass es „weitergeht“. Viel lieber stünde ich aber nun selbst auf der Bühne.
Grade noch hätte ich als „Ché“ in Evita auf der Bühne Premiere gefeiert, wären eine Europatournee und ein Kammermusical gefolgt. Aber jetzt gilt es, dass wir uns an alle Regeln halten und hoffen, dass bald eine „Neue Zeit MIT Corona“ anbricht und wir damit leben können ohne Angst zu haben – das muss niemand! Oder haben sie schon einmal gehört, dass etwas geschehen ist, wenn sich alle an die Regeln gehalten haben? Ich nicht.
Also liebe Leute: geht ins Theater! Besucht Konzerte! Lasst uns nicht hängen – wir Kultur- und Theaterschaffende brauchen euch mehr denn je!
Interview von Anna-Virginia