Der Medicus – München 2018

Der Medicus in München mit Live-Orchester!

Premiere & rezensierte Vorstellung: 09.11.2018 

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Am 09.11.2018 feierte das Deutsche Theater die Münchner Premiere von „Der Medicus“. Inspiriert von der Romanvorlage von Noah Gordon wurde das Stück als Musical inszeniert und bereits 2016 als Welturaufführung in Fulda gezeigt. In München wurde es unter der Regie von Holger Hauer umgesetzt.

© Susanne Brill
© Susanne Brill

Im England des 12. Jahrhunderts verliert Rob Cole (Patrick Stanke) in frühen Jahren Vater und Mutter (Caroline Zins). Kurz vor dem Tod seiner Mutter merkt er das erste Mal seine Gabe, dass er durch Berührung der Hände erkennen kann, ob sein Gegenüber bald sterben wird oder noch ein langes Leben vor sich hat. Nach dem Tod seiner Mutter wird er bei einem Bader (Sebastian Lohse) als Gehilfe aufgenommen. Schon bald bemerkt er, dass sein Lehrmeister bei vielen Erkrankungen überfragt ist. Dadurch wächst in Rob der unaufhörliche Wunsch mehr über die Möglichkeiten der Medizin zu lernen. Der Bader berichtet ihm von der fernen Stadt Isfahan in Persien, wo der bekannteste Medicus seiner Zeit, Ibn Sina (Reinhard Brussmann), praktiziert und junge Ärzte ausbildet. In der Folge bricht Rob zu einer zweijährigen Reise auf, bei der er unterwegs auf Mary (Barbara Obermeier), die Tochter eines schottischen Schafzüchters trifft. Sie verlieben sich ineinander, jedoch trennen sich ihre Wege nach einigen Wochen wieder.

© Susanne Brill
© Spotlight Musicals

In Isfahan angekommen muss er sich unter dem Decknamen Jesse Ben Benjamin als Jude ausgeben, um in der Schule des Medicus aufgenommen zu werden, da Christen die Zulassung verwehrt wird. In eben jener Schule gewinnt er schnell zwei Vertraute, den Juden Mirdin (Kristian Lucas) und Karim (Christian Schöne), den zukünftigen Schah Persiens. Einige Zeit später wird Isfahan von der Pest heimgesucht. Doch Rob ist es, der die Stadt letztendlich vor ihr rettet, indem er die Krankheit an einer aufgeschnittenen Ratte analysiert. Dadurch inspiriert möchte er auch zu Studienzwecken den menschlichen Körper von Verstorbenen sezieren, was jedoch die Religion zur damaligen Zeit streng verbietet. Trotz allem widersetzt sich Rob den Verboten und fertigt die ersten Zeichnungen des menschlichen Körpers an. Sein Obduzieren wird jedoch schnell aufgedeckt. Dennoch kommt Rob mit dem Leben davon, da sich der Medicus für ihn opfert und vorgibt den Verstoß begangen zu haben. Als der Krieg in Isfahan einfällt, flüchtet Rob mit Mary, die er während seiner Ausbildungszeit in Isfahan zufällig wieder getroffen hat, nach Schottland in die Heimat von Mary.

Der Einstieg in das Stück ist gut gelungen. Es beginnt mit dem erwachsenem Rob, der anhand einer Rückblende seinem Sohn seine Lebensgeschichte erzählt. Die Rolle des Rob ist dabei prominent von Patrick Stanke besetzt, der bereits in bekannten Stücken wie „Jesus Christ Superstar“, „Tarzan“ oder „Les Misérables“ mitgespielt hat. Er verkörpert die Rolle sehr sympathisch und glänzt mit seiner stimmlichen und schauspielerischen Leistung. Überhaupt vermögen auch die anderen Darsteller mit gutem Gesang zu überzeugen.

© Susanne Brill
© Spotlight Musicals

In Summe ist die Inszenierung musikalisch einwandfrei und harmonisch, jedoch fehlen den einzelnen Stücken oft Wiedererkennungswert, Popfähigkeit und die für Musicals typischen Ohrwürmer, wodurch die Szenen zwischenzeitlich etwas matt wirken. Dennoch tut dies dem Wohlgefallen beim Publikum keinen Abbruch. So sind die ruhigen und emotionalen Szenen sehr gefühlvoll, abwechselnd mit energiegeladenen Phasen und schnellen Tanzeinlagen, bilden sie eine runde Szenenabfolge. Herausstechend ist die Kombination aus modernen Moves mit klassischem Bauchtanz. Besonders ins Auge fallen dabei die bunt schillernden Kostüme der Bachtänzerinnen, die im Gegensatz zu den schlicht gehaltenen Roben der Juden stehen.

Die beschriebene Vielfältigkeit spiegelt sich auch im Bühnenbild wieder. Ein besonderer Moment ist dabei auch die Visualisierung von Robs Reise durch die Wüste und die kaukasischen Alpen. Dazu wird ein halbtransparenter Vorhang herabgelassen, welcher semipermeabel verschiedene Landschaften darstellt und so den Eindruck verschafft, dass Rob sich tatsächlich in jenen Gegenden bewegt. Auf ähnliche Weise wird auch der Sternenhimmel in das Bühnenbild projiziert, was auch das Publikum in romantische Stimmung versetzt. Hervorzuheben ist zudem die Projektion eines Schachbretts auf den Bühnenboden, auf dem die Schauspieler als lebendige Figuren agieren und unter der Führung von Rob und Schah Karim um einen Sieg ringen.

Im Gegensatz zu den Aufführungen in Fulda und Hameln kommt die Musik von Dennis Martin an diesem Abend nicht vom Band. Die Darsteller werden unter der Leitung von Inga Hilsberg von einem Live-Orchester unterstützt. Für ein großes Theater wie das Deutsche Theater in München ist dies nur standesgemäß und sorgt für ein besonderes Flair und Feierlichkeit.

Die Premiere in München wurde mit Standing Ovations bejubelt, was angesichts der gelungenen Umsetzung eines so umfassenden Stückes nur verdient ist. Kurzum, der Besuch des Medicus im Deutschen Theater München lohnt sich. Die Chance dazu besteht noch bis zum 25.11.2018.

Hörprobe


Bericht von Caroline & Sabine